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Gustav Heller


Gustav Heller 1971, Stadtarchiv Karlsruhe 8/BA Schlesiger A22/134/3/15.

Gustav Wilhelm Heller

Metallschlosser, Fabrikdirektor, Politiker, * 18. März 1900 Karlsruhe, † 8. Juli 1977 Karlsruhe, ∞ 1926 Luise Schäufele, 1 Tochter.

Der in einem Arbeiterhaushalt, sein Vater war Maschinenformer, großgewordene Gustav Heller machte eine Lehre als Metallschlosser und trat bereits 1919 der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) und der Gewerkschaft bei. Seit 1923 engagierte er sich als Parteiredner mit Themen zur sozialen Gesetzgebung, zu Republik und Verfassung, zur Notwendigkeit der Völkerverständigung und zur Bedeutung kommunaler Betriebe für die Volkswirtschaft. 1926 folgte seine Wahl in die Stadtverordnetenversammlung, der er bis 1933 angehörte. Gleichzeitig begann er, sich als Gasthörer an der Technischen Hochschule Karlsruhe in Geschichte (bei Franz Schnabel), Recht und Nationalökonomie weiterzubilden. 1928 und 1930 erhielt er Stipendien des Kultusministeriums zum Besuch der Volkshochschule Gera-Tinz, arbeitete dann - unterbrochen durch ein Volontariat beim Arbeitsamt - in dem Rechtsauskunftsbüro der Gewerkschaften und war zudem Mitarbeiter der SPD-Zeitung "Der Volksfreund".

Er war 1928-1933 Geschäftsführer der Volkssingakademie Karlsruhe und Ende 1931 einer der Mitbegründer und der Leiter der Eisernen Front in Karlsruhe und trat in dieser Funktion öffentlich gegen die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) und die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) auf. Am 17. Oktober 1930 war er bei einer Saalschlacht im Schwanen in Rintheim von Nationalsozialisten bei einer NSDAP-Versammlung, bei der zahlreiche Reichsbannerleute und Kommunisten anwesend waren, schwer verletzt worden. Als sein Vater am 8. November 1930 Selbstmord beging, mutmaßte der Volksfreund, dass dies auch durch die Sorge um den schwer verletzten Sohn verursacht worden sei, und sprach von einem indirekten Opfer „des bis zum Exzess verschärften politischen Kampfes durch die Hakenkreuzler“ (Volksfreund vom 12.11.1930).

Seit 1932 gehörte Heller dem SPD-Parteivorstand in Karlsruhe an und wurde für die Landtagswahlen 1933 nominiert und im März 1933 als Stadtrat gewählt. Dieses Amt konnte er nicht mehr antreten, da ihn die Nazis bereits am 15. März in so genannte "Schutzhaft", vom 18. März bis 13. April in Untersuchungshaft wegen angeblichen Landfriedensbruchs im Februar 1932, danach wieder in Schutzhaft nahmen. Mit sechs anderen führenden Sozialdemokraten wurde er in der inszenierten Schaufahrt vom 16. Mai 1933 in das KZ Kislau überführt und von dort im November 1933 entlassen. Erst 1935 fand Heller wieder Arbeit bei der Firma Junker & Ruh zunächst als Hilfsarbeiter, dann als Schlosser. Durch Selbststudium eignete er sich technische Kenntnisse an, die ihm den Aufstieg in der Firma ermöglichten bis zum Betriebsleiter 1944. Als im April 1944 der Betrieb ins Elsass verlegt wurde, zog Heller mit seiner Familie nach Bischweiler, von dort im Dezember dann nach Neustadt/Thüringen. Hier erlebte er am 4. April den Einmarsch der Amerikaner, am 1. Juni den der Russen. Nach dem Kriegsende bestimmte ihn die amerikanische Besatzungsmacht zum kommissarischen Betriebsleiter, nach 1947 war er Prokurist und Direktor bis 1963.

Seine politische Aktivität setzte er ungeachtet seiner beruflichen Anforderungen beim Wiederaufbau der Produktion von Junker & Ruh bereits 1946 mit der Wahl zum Gemeinderat, dem er bis 1971 in führender Position angehörte, fort. Dort war er unter anderem 25 Jahre Mitglied des Ältestenrats und arbeitete in insgesamt 15 Ausschüssen mit, darunter dem Werksauschuss, dem Bau- und Vergabeausschuss, dem Wirtschaftsförderungssauschuss und dem Verwaltungssauschuss des Staatstheaters. Obwohl er als unbequemer Stadtrat galt, genoss er Ansehen über die Parteigrenzen hinweg. Von 1948-1950 und 1962-1967 war er zudem Vorsitzender der SPD-Karlsruhe und 1949-1950 vertrat er als Nachrücker die SPD im Landtag von Württemberg-Baden, 1952/53 gehörte er der Verfassunggebenden Versammlung Baden-Württemberg an. In beiden Gremien trat er allerdings nicht mit Redebeiträgen hervor.

Für seine politischen Verdienste erhielt Heller, dessen Schwerpunkt eindeutig in der Kommunalpolitik lag, 1965 das Bundesverdienstkreuz I. Klasse und die Stadt ehrte ihn 1970 mit der Verleihung der Ehrenbürgerschaft und 1978 mit der Benennung des Gustav-Heller-Platzes in der Weststadt.

Manfred Koch 2015/2023

Quellen

StadtAK 1/H-Reg 11828; 8/ZGS Persönlichkeiten; 8/StS 13/1119-1121.