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Siegfried Kühn


Siegfried Kühn, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS oIII 1320.

Siegfried Kühn

Jurist, Stadtrat, * 23. Dezember 1895 Untergrombach/Lkr. Karlsruhe, † 26. Juni 1972 Karlsruhe, kath., ∞ 1925 Maria Herrmann, 2 Kinder.

Den Schulbesuch beendete der Sohn eines Hauptlehrers 1914 mit dem Abitur in Mannheim, wo er seit 1911 auch Leiter einer Wandervogelgruppe war. 1914-1918 nahm er am Ersten Weltkrieg teil. Danach studierte Kühn bis 1921 in Heidelberg und Freiburg Jura, wurde 1922 promoviert und legte 1924 das zweite Staatsexamen ab. Danach trat er in Mannheim in den badischen Justizdienst bei der Staatsanwaltschaft und dem Amtsgericht, wechselte 1925 nach Karlsruhe und wurde 1930 Oberfinanzrat. Da Kühn sich nach 1933 weigerte, NS-Organisationen beizutreten, wurde er zum Amtsgerichtsrat zurückgestuft und übernahm nun mehrere kirchliche Ehrenämter. Nach seiner Einberufung zum Militärdienst 1939 ließ er sich trotz seiner patriotischen Einstellung bei erster Gelegenheit freistellen. Da er sich weigerte, in den besetzten Ostgebieten als Jurist zu arbeiten, kam er gegen Kriegsende zum Arbeitseinsatz in eine Fabrik.

Der dem rechten Flügel der Zentrumspartei zugeneigte Kühn versuchte schon 1933 allerdings vergeblich, den Karlsruher Kyffhäuserbund ehemaliger Kriegsteilnehmer zu einer Widerstandszelle umzubilden. Er traf sich zudem häufig mit Männern verschiedener Parteirichtungen zu Gesprächen über Deutschlands Zukunft. Schließlich gehörte er zum inneren Kreis der Widerstandsgruppe um Reinhold Frank. Kühn war als möglicher Justizminister Badens vorgesehen, was der Gestapo nach dem Attentat auf Hitler 1944 verborgen blieb.

Nach Kriegsende wurde Kühn zunächst Direktor des Landgerichts, 1947 dann Präsident der Landesversicherungsanstalt Ba­den und 1953-1965 Präsident des badischen Sparkassen- und Giroverbandes. In zahlreichen Ehrenämtern, so als Geschäftsführender Vorstand des St. Vincentiusvereins nach seiner Pensionierung, setzte er sich auf der Grundlage christlicher Werte für die Lösung sozialer Probleme ein. Als ehemaliges Mitglied der Zentrumspartei gehörte er 1945 zu den Mitbegründern der Christlich Demokratischen Union (CDU) und war, 1945 zunächst von der Besatzungsmacht eingesetzt und seit 1946 gewählt, Stadtrat. 14 Jahre lang war Kühn Fraktionsvorsitzender seiner Partei und hatte Anteil an der Planung des Wiederaufbaus und der Stärkung des wirtschaftlichen und kulturellen Lebens in der Stadt. 1946/47 gehörte er dem Landtag von Württemberg-Baden an. Kühn vertrat nach 1945 die Überzeugung, dass das christliche Sittenge­setz das im "Dritten Reich" entstan­dene Wertevakuum füllen und im politischen und ge­sellschaftlichen Leben zur Geltung gebracht werden müsse. Er war auch davon überzeugt, dass das Leugnen der deutschen Schuld diese nur verdopple.

Zahlreich waren die Ehrungen für Sieg­fried Kühn, darunter die Ehrenbür­ger­schaften Untergrombachs und Karlsruhes (1965) sowie das Bundesverdienstkreuz mit Stern, an der Technischen Hochschule (TH) Karlsruhe wurde er 1955 Honorarprofessor für Arbeitsrecht. 1972 benannte die Stadt die Siegfried-Kühn-Straße nach ihrem Ehrenbürger. Seine Grabstätte befindet sich auf dem Hauptfriedhof Karlsruhe.

Manfred Koch 2015

Quellen

GLA 462-1 Nr. 2286 Personalakte; StadtAK 8/ZGS Persönlichkeiten.

Literatur

Michael Kißener: Für das Recht. Die Karlsruher Widerstandsgruppe um Reinhold Frank, in: 20. Juli 1944 in Baden-Württemberg. Portraits des Widerstands, Konstanz 1994, S. 41 ff., 153 f.; ders.: Zwischen Diktatur und Demokratie. Badische Richter 1919-1952, Konstanz 2003, S. 236, 239, 312 f.