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Franzsepp Würtenberger


Franzsepp Würtenberger, 2. Juli 1971, Stadtarchiv Karlsruhe 8/BA Schlesiger A21/181/7/31.

Franzsepp Würtenberger

Kunsthistoriker, * 9. September 1909 Zürich, † 15. Januar 1998 Karlsruhe, ∞ Marion Würtenberger.

Als Sohn des badischen Porträtmalers Ernst Würtenberger geboren, besuchte Franzsepp Würtenberger 1915-1921 die Primarschule in Zürich, bevor die Familie 1921 nach Karlsruhe übersiedelte. 1930 legte er am humanistischen Gymnasium das Abitur ab und beabsichtigte zunächst Maler zu werden, entschied sich dann aber für ein Studium der Kunstgeschichte, Philosophie, Geschichte und Archäologie, das er bis 1935 an den Universitäten Freiburg, Wien, München, Hamburg und der Technischen Hochschule (TH) Karlsruhe absolvierte.

Nach seiner Promotion war Würtenberger 1936/37 Volontär bei der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe und hatte gleichzeitig einen Lehrauftrag für Geschichte der Textilkunst an der Badischen Hochschule der Bildenden Künste inne. Für seine damals im Entstehen begriffene Habilitationsschrift erhielt er 1937/38 ein Stipendium der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zum Aufenthalt an der Bibliotheca Hertziana in Rom. Nach seiner Habilitation erhielt Würtenberger 1939 eine Anstellung als wissenschaftliche Hilfskraft am Kunsthistorischen Institut der Universität Graz. 1942 wurde er dort zum wissenschaftlichen Assistenten und im Jahr darauf zum Dozenten ernannt.

Von 1944-1949 hielt sich Würtenberger in Stockach am Bodensee auf und widmete sich dort seinen kunsthistorischen Studien. Daneben hielt er verschiedene Vorträge an Universitäten, an der Kunstakademie Stuttgart sowie an den Volkshochschulen Konstanz und Überlingen. Nachdem er 1949 trotz seiner von 1943-1944 bestehenden Mitgliedschaft in der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) von der Spruchkammer Freiburg als entlastet eingestuft worden war, nahm Würtenberger einen Lehrauftrag für Kunstgeschichte an der Staatlichen Akademie in Freiburg wahr, bevor er 1951 nach Karlsruhe zurückkehrte, um an der TH eine Assistentenstelle am Institut für Kunst- und Baugeschichte anzutreten. 1954 wurde er zum Diätendozenten, 1957 zum außerplanmäßigen Professor ernannt. Parallel dazu hielt er von 1955-1965 Vorlesungen für Kunstgeschichte und Kunsttheorie an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste ab. 1971 wurde Würtenberger emeritiert.

Auf dem Gebiet der klassischen Kunstgeschichte galt Würtenberger als profunder Kenner der niederländischen und italienischen Malerei der Frühen Neuzeit. Für ihn bestand die Aufgabe der Kunstgeschichte darin, die Malerei in eine Beziehung zur Umwelt zu setzen. Dafür sollten Kunstwerke aus dem Blickwinkel ihrer Entstehung und Zugehörigkeit zu einem inneren Weltbild als Kern betrachtet werden. In seinen späteren Arbeiten trat Würtenberger insbesondere als Kritiker der Technikgläubigkeit der Moderne und als Warner vor einer Übermacht der Technik innerhalb des Kunstbetriebs auf. So sah er in den meisten zeitgenössischen Kunstwerken keine eigenständige kulturelle Leistung und sprach sich in diesem Sinne auch offen gegen die Gründung des Zentrums für Kunst und Medientechnologie (ZKM) aus. Und im Hinblick auf die Eröffnung des Landesmuseums für Technik und Arbeit in Mannheim (TECHNOSEUM) forderte Würtenberger 1990 die Einrichtung eines "antitechnischen Museums". Des Weiteren beschäftigte er sich mit Naturthemen und formulierte aus diesen Studien heraus eine Kritik am Verhalten des Menschen im Umgang mit der Umwelt. Seine Forschungsansätze und Thesen galten den einen als originell, anderen als exzentrisch.

René Gilbert 2015

Quellen

GLA 465 h/29224, 630 Zug. 2012/45; KIT-Archiv 28002/524; Achim Winkel: Ein steter Mahner gegen die Vorherrschaft der Technik. Der Kunsthistoriker Franzsepp Würtenberger feiert heute seinen 80. Geburtstag, in: Badische Neueste Nachrichten (BNN) vom 9. September 1989, StadtAK 8/Ze 15.

Werk

Das holländische Gesellschaftsbild, Diss. Freiburg 1937; Das graphische Werk von Ernst Würtenberger, Karlsruhe 1938 (Schriften der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe Bd. 1); Die manieristische Deckenmalerei in Mittelitalien, Habil.-Schrift 1939; Das graphische Werk von August Babberger (Schriften der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe Bd. 5); Pieter Bruegel der Ältere und die deutsche Kunst, Wiesbaden 1957; Weltbild und Bilderwelt. Von der Spätantike bis zur Moderne, Wien 1958; Der Manierismus – der europäische Stil des sechzehnten Jahrhunderts, München 1962; Malerei und Musik – die Geschichte des Verhaltens zweier Künste zueinander, dargestellt nach den Quellen im Zeitraum von Leonardo da Vinci bis John Cage, Frankfurt a. M. 1979; Das Ich als Mittelpunkt der Welt – eine äonische Biographie, Karlsruhe 1986; Die Architektur der Lebewesen, Karlsruhe 1989.

Literatur

Richard Bellm: Professor Dr. Franzsepp Würtenberger 75 Jahre, in: Ekkhart 1985, S. 139-141; Hubert Morgenthaler: Ideenwelt oder konkrete Wirklichkeit? Persönlichkeit und Werk des Kunsthistorikers Professor Franzsepp Würtenberger, in: Badische Heimat 71 (1991), S. 665-677.