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Johanna Lange-Scherzer


Johanna Lange-Scherzer, um 1856, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS III 883.

Johanna Lange-Scherzer

Schauspielerin, Sängerin, * 5. April 1833 München, † 16. Juni 1884 Karlsruhe, ∞ 1859 Rudolf Lange, 1 Sohn.

Johanna Lange-Scherzer wurde als Tochter der Solotänzerin Fanny Scherzer 1833 in München geboren. Ihre Mutter legte großen Wert auf eine gute Erziehung, sodass Lange-Scherzer, während sie selbst ein Engagement am Kärntnertor-Theater in Wien wahrnahm, in der Erziehungsanstalt der Englischen Fräulein in Nymphenburg bei München aufwuchs. Von der Schauspielerin Marie Dahn-Hausmann wurde sie in dieser Zeit für die Bühne ausgebildet. 1845 folgte Lange-Scherzer als Zwölfjährige ihrer Mutter nach Paris, wo diese ein Engagement an der Pariser Oper antreten sollte. Als die Vertragsverhandlungen jedoch scheiterten und die kleine Familie in Geldsorgen geriet, zogen beide nach Pest (heute Budapest), wo die Mutter eine Stelle am örtlichen Theater erhielt. Lange-Scherzer besuchte eine ungarische Schule, lernte die Landessprache und das Klavierspiel. Schon wenig später zwang die Revolution von 1848 Mutter und Tochter zur Rückkehr nach München.

Als eine langwierige Fußverletzung das unerwartete Ende von Fanny Scherzers Bühnenkarriere bedeutete, bekam die Familie erneut finanzielle Probleme. Lange-Scherzer pflegte in der Folgezeit ihre Mutter und verdiente als Putzfrau das Geld für den Lebensunterhalt. Um langfristig ein besseres Auskommen zu haben, entschloss sie sich schließlich doch noch zu einer Schauspielausbildung. Bereits mit ihren ersten Rollen an der Augsburger Bühne war Lange-Scherzer so erfolgreich, dass sie direkt vom Münchner Hoftheater engagiert wurde. Dort erhielt sie die nachhaltige Förderung der Schauspielerin Constanze Dahn. 1850 wechselte Lange-Scherzer an das Hoftheater in Hannover, um ihre Schauspielkunst vollständig auszubilden. Durch ein Gastspiel am Königlichen Schauspielhaus in Berlin erlangte sie deutschlandweite Bekanntheit. Nach drei Jahren in Hannover wechselte Lange-Scherzer 1853-1856 an das Hoftheater in Darmstadt, wo sie für das Fach der ersten Liebhaberinnen engagiert wurde und an der steten Weiterentwicklung ihrer Bühnenpräsenz arbeitete.

Während eines Gastspiels in Karlsruhe im Mai 1855 erkannte Theaterleiter Eduard Devrient Lange-Scherzers große schauspielerische Fähigkeit und holte sie im September 1856 als Ensemblemitglied an das Badische Hoftheater. In der Verkörperung von Anstandsdamen, tragischen Heldinnen und jugendlichen Charakteren feierte sie – unterstützt von ihrem Mann, dem Schauspieler Rudolf Lange – große Erfolge. Gastspiele in Mannheim 1857/58, Leipzig 1863 und am Wiener Burgtheater 1866 mehrten ihren Ruhm. In ihren letzten Lebensjahren war Lange-Scherzer von Krankheit gezeichnet, wodurch ihr die Arbeit auf der Bühne unmöglich wurde.

Als Anerkennung ihrer Schauspielkunst verlieh ihr Großherzog Friedrich I. die große Medaille für Kunst und Wissenschaft und machte sie 1883 zum Ehrenmitglied der Großherzoglichen Hofbühne.

René Gilbert 2015

Quellen

GLA 56/341, 57/234, F-S Beil. Nr. 440.

Literatur

August Prasch: Almanach der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger, hrsg. von Ernst Gettke, Bd. 13, Leipzig 1885, S. 96-98; Friedrich von Weech: Lange-Scherzer, Johanna, in: Badische Biographien Bd. IV, hrsg. von Friedrich von Weech, Karlsruhe 1891, S. 242-245 https://digital.blb-karlsruhe.de/blbihd/periodical/titleinfo/246264 (Zugriff am 23. Dezember 2020); Wilhelm Kosch (Begr.): Artikel Lange, Johanna, in: Deutsches Theater-Lexikon Bd. 2, Klagenfurt 1960, S. 1160.