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Gabor Gedalja Goitein


Stadtarchiv Karlsruhe 11/Dig B 122.

Gabor Gedalja Goitein

Rabbiner, * 3. Oktober 1848 Hőgyész/Ungarn, † 25. April 1883 Posen, jüd., ∞ 1874 Ida-Jeta Löwenfeld, 6 Kinder.

Goitein stammte aus einer böhmisch-ungarischen Rabbinerdynastie. Mit zehn Jahren begann seine Ausbildung an verschiedenen Talmudschulen in Pressburg (Bratislava), Tab, Pak und Eisenstadt (Burgenland), wo er bei dem Begründer der Neo-Orthodoxie und Schüler von Jakob Ettlinger, Esriel Hildsheimer (1820-1899), lernte. Diesem folgte er 1869 nach Berlin, wo er die Universität besuchte und damit gemäß der Forderung der neuen Orthodoxie das Thorastudium mit einer akademischen Ausbildung verband. In dem von Hildesheimer 1873 etablierten orthodoxen Rabbinerseminar war er der erste Absolvent 1873/74, die Promotion erfolgte jedoch in Tübingen. Auf Vermittlung Hildesheimers übernahm er zum Jahresanfang 1874 die Rabbinerstelle in Aurich, Ostfriesland. Zuvor hatte der im deutschen Kulturkreis Großgewordene eine deutsch-jüdische Bürgerstochter und Volksschullehrerin aus Posen geheiratet, deren Vater ein Knabenpensionat leitete.

Nach dem Weggang des Karlsruher Rabbiners Herz Ehrmann, den Goitein wohl vom Berliner Seminar her kannte, wurde er 1876 auf dessen Stelle bei der orthodoxen Israelitischen Religionsgesellschaft in Karlsruhe berufen. 1880 gründete Goitein einen Talmudverein. Auf einer Erholungsreise zur Familie seiner Frau nach Posen verstarb er 1883 völlig unerwartet.

Die Witwe finanzierte den Lebensunterhalt für sich und ihre noch vier Kinder durch Untervermietung überwiegend an osteuropäische Studierende an der Technischen Hochschule (TH) Karlsruhe und Unterricht gemäß ihrer Qualifikation als Volksschullehrerin. Die älteste Tochter Gittel heiratete den Mannheimer Rabbiner Isaak, Emma, verheiratete Dessau, wurde eine bekannte Malerin, Rahel, verheiratete Straus, wurde Frauenärztin.

Der Leichnam von Goitein wurde von Posen nach Karlsruhe überführt und auf dem orthodoxen jüdischen Friedhof an der Haid-und-Neu-Straße bestattet.

Jürgen Schuhladen-Krämer 2013

Quellen

Universitätsarchiv Tübingen 131/22a u. 131/22b, 24; Unterlagen im Centrum Judaicum Berlin; Gedächtnis-Rede bei Aufstellung des Grab-Denksteines für Herrn Dr. Gedalja Goitein, Rabbiner der Israelitischen Religions-Gesellschaft zu Karlsruhe, gesprochen von Rabbiner Dr. Sinai Schiffer, Karlsruhe 1884; Rahel Straus: Wir lebten in Deutschland, Stuttgart 1961.

Werk

Leben und Wirken des Hillel Hasaken, Diss. Tübingen 1873, Berlin 1874. [erschienen in: Magazin für die Wissenschaft des Judenthums 11 (1884), S. 1-16 u. 49-87.]

Literatur

Michael Brocke und Julius Carlebach (Hrsg.): Biographisches Handbuch der Rabbiner, Teil 2, Die Rabbiner im Deutschen Reich 1871 - 1945, bearb. von Katrin Nele Jansen unter Mitwirkung von Jörg H. Fehrs und Valentina Wiedner, Bd. 1, München 2009.