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Nathanael Weil (der jüngere)


Nathanael Weil (der jüngere)

Rabbiner, * 5. Juli 1818 Sulzberg, † 1. Mai 1892 Karlsruhe, jüd., † 1860 Hannchen (Hefele) Weil (seine Cousine und Tochter des Privatgelehrten und Wirts zum Goldenen Schiff Jacob Weil in Karlsruhe), kinderlos.

Nathanael Weil war der viertgeborene Sohn des Unterlandrabbiners Hirsch Weil in Sulzburg und Enkel von Tia Weil sowie Urenkel von Nathanael Weil.

Talmudstudien betrieb er bei den Rabbinern Mendel Dreyfus in Sulzberg, Salomon Rothschild in Müllheim und danach bei Isack Löb im elsässischen Reichshofen. 1835 immatrikulierte er sich an der Universität Würzburg und vervollkommnete seine Talmudstudien bei dem bereits angesehenen und später berühmten Rabbiner Seligmann Bär Bamberger (1807-1878), der 1864 in Würzburg ein Lehrerseminar gründete, das auch viele Absolventen aus Karlsruhe besuchten. Bamberger war Traditionalist, vertrat eine Mittelposition zwischen den Richtungen der Reformer und der Orthodoxen. Nach kurzer Zeit als Privaterzieher in Würzburg ging Weil als Prediger und Religionslehrer nach Aurich in Ostfriesland, wo bis 1841 Samson Raphael Hirsch (1808-1888), der Begründer der neuen Orthodoxie wirkte. Hirsch war an seiner späteren Wirkungsstätte in Frankfurt a. M. 1851 für die Bildung der orthodoxen Austrittsgemeinde verantwortlich, die später zum Vorbild auch in Karlsruhe wurde.

1859 erhielt Weil als erster das nur gering dotierte Stiftsrabbinat der "Josef Lerich'schen Stiftung". Kaufmann Josef Lerich hatte nach seinem Ableben 1857 10.000 Gulden gestiftet für die Berufung eines streng orthodoxen Rabbiners als Gegengewicht zum reformerischen Benjamin Willstätter in Karlsruhe. In den damaligen Auseinandersetzungen in der jüdischen Gemeinde von Karlsruhe zwischen Reformern und Orthodoxen vertrat Weil den orthodoxen Standpunkt. Als sich 1869 die Orthodoxen in einer eigenen Austrittsgemeinde, der späteren Israelitischen Religionsgesellschaft, konstituierten, wirkte er mit Gumbel Thalmann ohne Entlohnung bis 1874 als ihr Rabbiner.

Seine Beerdigung geriet zu einer langen und von zahlreichen auswärtigen Gästen besuchten Trauerfeier. Er wurde auf dem jüdischen Friedhof an der Kriegsstraße beigesetzt.

Jürgen Schuhladen-Krämer 2013

Quellen

"Der Israelit" vom 12. und 19. Mai 1892; Sinai Schiffer: Gedenkrede auf Stiftsrabbiner Weil, Mainz 1892; GLA 233/17806-17807 [Lerichsche Stiftung].

Literatur

Leopold Löwenstein: Nathanael Weil, Oberlandrabbiner in Karlsruhe und seine Familie, Frankfurt a.M. 1898, hier S. 37 (= Beiträge zur Geschichte der Juden in Deutschland Bd. II). Tsevi Azaryah: Die Juden in Niedersachsen, von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart, Leer 1979, hier S. 239 f.; Carsten Wilke/Michael Brocke (Hrsg.): Biographisches Handbuch der Rabbiner, Teil 1. Die Rabbiner der Emanzipationszeit in den deutschen, böhmischen und großpolnischen Ländern 1781−1871, bearb. von Carsten Wilke, Bd. 2, München 2004.