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Johann Christian Lotsch


Johann Christian Lotsch

Bildhauer, Zeichner, * 29. Juni 1790 Karlsruhe, † 9. Juni 1873 Rom, ev., ∞ 1854 Francesca Guglielma Ranucci, 4 Kinder.

Christian Lotsch, Sohn eines Knechts und Fuhrmanns, absolvierte zunächst eine Ausbildung beim badischen Hofmaler Feodor Iwanowitsch, genannt Kalmück, und wirkte anschließend als dessen Gehilfe von 1816-1821 an der Ausmalung der Evangelischen Stadtkirche mit. Gegen Ende dieser Tätigkeit entschied er sich allerdings für die Bildhauerei und ging 1822 mittelst eines Staatsstipendiums zur weiteren Ausbildung nach Rom. Wie der 1821 aus Italien zurückgekehrte Bildhauer Alois Raufer arbeitete auch Lotsch zunächst als Schüler und Gehilfe in der Bildhauerwerkstatt des führenden Klassizisten Bertel Thorvaldsen. Lotsch stand in Rom sowohl in Kontakt mit den etwas älteren Kollegen der klassizistischen Richtung als auch mit dem etwa gleichaltrigen Künstlerkreis der Nazarener. Beide Stilrichtungen wurden für sein bildhauerisches Schaffen prägend: Die allegorischen und mythologischen Darstellungen sowie Büsten folgen dem griechischen und römischen Formenkanon, die religiösen Themen aus dem Neuen Testament dagegen dem nazarenischen. Bis zu seinem Tod lebte und arbeitete Lotsch, meist unter großen finanziellen Schwierigkeiten, in Rom. Lediglich in den Jahren 1837, 1845 und 1861 hielt er sich nochmals für kurze Zeit in Karlsruhe auf.

Im Auftrag des badischen Fürstenhauses entstanden unter anderen folgende Arbeiten: Entwurf und Modell für das Giebelrelief der Trinkhalle Baden-Baden mit der allegorischen Darstellung der Heilquelle (1839/40; veränderte Ausführung in Sandstein durch Franz Xaver Reich); die Marmorbüsten von Raffael und Albrecht Dürer (1838-1840) als Personifikationen der italienischen und deutschen Malerei für das Treppenhaus der neuen Gemäldegalerie Karlsruhe sowie Entwurf und Modell der beiden allegorischen Marmorstatuen "Malerei" (Ausführung Lotsch) und "Bildhauerei" (Ausführung Franz Xaver Reich) für die Südfassade der Gemäldegalerie (1840-1844); die Marmorstatue der "Hebe" (1855-1857; heute Privatbesitz) für die Orangerie des Neuen Schlosses in Baden-Baden, der Lotsch seine Ernennung zum badischen Hofbildhauer am 8. April 1858 zu verdanken hatte; die allegorischen Marmorstatuen der vier Jahreszeiten (1862-1865) für den Garten auf der Insel Mainau.

Als Beispiele für neutestamentarische Darstellungen, bei denen sich der Bildhauer vor allem an der Kunst der "Lukasbrüder" orientierte, sind das Marmorrelief "Maria mit Christus und dem Johannesknaben" (1824, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe) sowie die beiden, ehemals in St. Stephan in Karlsruhe befindlichen Marmorreliefs "Ruhe auf der Flucht" (1827, gestiftet von Iwanowitsch Kalmück, zerstört) und "Die heiligen drei Könige" (1880 entfernt; verschollen) zu nennen. Auch als Zeichner und Karikaturist vor allem des deutsch-römischen Künstlerlebens genoss er zu Lebzeiten große Anerkennung.

Katja Förster 2016

Literatur

Arthur von Schneider: Johann Christian Lotsch (1790-1873). Ein badischer Bildhauer und Zeichner des Klassizismus, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, NF 70, 1961, S. 323-340; Norbert Suhr: Eine Hebe des badischen Bildhauers Christian Lotsch, in: Jahrbuch der Staatlichen Kunstsammlungen in Baden-Württemberg, Jg. 16, 1979, S. 107-116; Ders.: Lotsch, Christian, in: Neue Deutsche Biographie (NDB) 15 (1987), S. 242 f.