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Leopold Neumann


Leopold Neumann, Foto aus der Kennkarte von 1938, Stadtarchiv Karlsruhe 1/AEST 1238/520f.

Leopold Neumann

Kaufmann, Politiker, Verfolgter des Nationalsozialismus, * 24. Dezember 1869 Konstanz, † 3. August 1959 Karlsruhe, jüd., ∞ 1. 1901 Klara Kahn (1874-1940), 2. 1946 Martha Stern, 1 Tochter und 1 Sohn aus erster Ehe.

Leopold Neumann besuchte in seiner Heimatstadt 1876-1879 die Volksschule und danach das Gymnasium, bevor er 1884 nach Karlsruhe kam und dort nach der 9. Klasse (Obertertia) 1886-1888 eine Lehre zum Kaufmann absolvierte. Nach Ableistung seines einjährigen Militärdiensts beim 1. Badischen Feldartillerie-Regiment 14 bildete sich Neumann 1890-1892 an der Handelshochschule Berlin weiter und studierte anschließend bis 1893 am Gresham College in London. Als Neffe des Karlsruher Unternehmers Leopold Ettlinger wurde Neumann 1897 selbstständiger Kaufmann und Teilhaber der Eisengroßhandlung L. J. Ettlinger. In der Folgezeit engagierte er sich in verschiedenen Fachverbänden des Eisenhandels und amtierte als Vorstandsmitglied des Reichsverbands des deutschen Groß- und Überseehandels sowie als Vorsitzender der Ortsgruppe Karlsruhe und als stellvertretendes Vorstandsmitglied der Reichsversicherungsanstalt für Angestellte. Zur Weitergabe seines kaufmännischen Wissens organisierte Neumann außerdem 1906-1933 Handelshochschulkurse an der Technischen Hochschule Karlsruhe.

1914-1922 war Neumann Stadtverordneter (ab 1919 Vorstand des Bürgerausschusses) der Stadt Karlsruhe, konnte dieses Amt während des Ersten Weltkriegs aber kaum ausüben, da er 1914-1918 als Soldat in Elsass-Lothringen, Flandern und in der Champagne diente, zuletzt als Leutnant der Landwehr. Für seinen Militärdienst wurde er mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse und dem Ritterkreuz II. Klasse des Ordens vom Zähringer Löwen ausgezeichnet.

Als Abgeordneter der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) und Nachfolger des früheren Kultusministers Otto Leers wurde Neumann im April 1932 Abgeordneter des Badischen Landtags. In der kurzen Zeit bis zur Gleichschaltung des Parlaments vermochte er freilich keine besonderen Akzente zu setzen.

Am 22. Oktober 1940 wurde das Ehepaar Neumann – beide Kinder waren bereits nach England bzw. Australien emigriert – in das südfranzösische Internierungslager Gurs deportiert, wo Klara Neumann an den Haftbedingungen wenig später starb. Neumann wurde im Dezember 1942 aus Altersgründen entlassen. Er fand Unterschlupf in einem Flüchtlingsheim in Castera-Verduzan, circa 60 Kilometer von Gurs entfernt, und lernte dort seine zweite Frau kennen, mit der er sich 1946 in Lothringen niederließ. 1948 kehrte Neumann nach Karlsruhe zurück, wo er seinen Lebensabend verbrachte.

René Gilbert 2016

Quellen

GLA 231/10957 fol. 57, 330/917, 505/1346, 456 E 8565.

Literatur

Gerhard Kaller: Jüdische Abgeordnete im badischen Landtag 1861-1933, in: Juden in Karlsruhe – Beiträge zu ihrer Geschichte bis zur nationalsozialistischen Machtergreifung, hrsg. von Ernst Otto Bräunche/Manfred Koch/Heinz Schmitt, Karlsruhe 1988, 2. Aufl. 1990, S. 413-438, hier S. 434 f. (= Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs Bd. 8), Buch zum Download (PDF); Eintrag Klara Neumanns im Gedenkbuch für die Karlsruher Juden: https://gedenkbuch.karlsruhe.de/namen/3135 (Zugriff jeweils am 30. September 2022).