Menü
Suche

Hermann Erbacher


Hermann Erbacher, Foto: Jörg Winter, aus: Gerhard Schwinge (Hrsg.): Lebensbilder aus der evangelischen Kirche in Baden im 19. und 20. Jahrhundert Bd. V, Heidelberg/Ubstadt-Weiher 2007, S. 456.

Hermann Erbacher

Archivar, Kirchenhistoriker, * 16. März 1909 Schillingstadt/Gde. Ahorn/Main-Tauber-Kreis, † 4. September 1999 Karlsruhe, ev. ∞ 1939 Adelheid Wieber, 1 Sohn.

Hermann Erbacher, Sohn eines Pfarrers, legte 1930 am Humboldt-Gymnasium in Karlsruhe das Abitur ab und studierte anschließend bis 1936 evangelische Theologie in Bethel, Halle, Tübingen und Heidelberg. Wegen einer angeborenen Sprachbehinderung blieb Erbacher der Wunschberuf Pfarrer verwehrt, sodass er zunächst als Angestellter für den Evangelischen Oberkirchenrat Karlsruhe</lex> arbeitete. Nach einem Praktikum im Generallandesarchiv Karlsruhe absolvierte Erbacher 1939 den Lehrgang für kirchliche Archivare an der Archivschule Marburg und wurde 1940 Archivar beim Evangelischen Oberkirchenrat Karlsruhe. 1941-1945 leistete er Kriegsdienst als Sanitäter in Russland. Da er 1933-1935 Mitglied der SA und 1938-1944 Mitglied der Deutschen Arbeitsfront gewesen war, wurde Erbacher im September 1947 von der Spruchkammer Karlsruhe als Mitläufer eingestuft und zur Zahlung einer Geldsühne verpflichtet.

Zu derselben Zeit erhielt er die Leitung von Archiv und Bibliothek des Evangelischen Oberkirchenrats Karlsruhe. Da beide Einrichtungen bis zu diesem Zeitpunkt nur rudimentär die fachlichen Anforderungen erfüllten, kam es Erbacher zu (seit 1955 als Kirchenarchivrat, seit 1960 als Kirchenarchivoberrat und seit 1974 als Kirchenarchivdirektor), in den folgenden Jahrzehnten Archiv und Bibliothek in beispielhafter Weise aufzubauen, neu zu ordnen und fachgerecht zu magazinieren. Neben dem Aufbau von Archiv und Bibliothek übernahm er zeitweise auch die Aufsicht über die Registratur. Darüber hinaus wurde Erbacher von der Landeskirche mit dem Redigieren der Gesangbücher, Agenden und der Verhandlungen der Landessynode sowie der Vorbereitung für die Drucklegung des amtlichen Schrifttums wie dem landeskirchlichen Gesetz- und Verordnungsblatt betraut.

Neben seiner archivarisch-bibliothekarischen Tätigkeit leistete Erbacher auch Beiträge zur Erforschung der badischen Kirchengeschichte in Form von Artikeln in den Badischen Biographien und der Theologischen Realenzyklopädie. Zusätzlich zeichnete er für die ersten drei Bände der sechsbändigen Quellenedition Geschichte der Landeskirche im Dritten Reich als Mitherausgeber verantwortlich. Ehrenamtlich engagierte sich Erbacher 1952-1976 als Geschäftsführer des Vereins für Kirchengeschichte Badens. 1960 gehörte er zu den Mitbegründern der Arbeitsgemeinschaft für geschichtliche Landeskunde am Oberrhein. 1974 wurde er zum korrespondierenden Mitglied der Kommission für geschichtliche Landeskunde am Oberrhein gewählt.

Als Musikliebhaber und Hausorganist im Oberkirchenrat beschäftigte sich Erbacher außerdem mit Kirchenmusik, Liturgik, der Gesangbuchkunde und -geschichte der Landeskirche. 1948-1968 hatte er einen Lehrauftrag an der Musikhochschule Karlsruhe. Erbacher blieb auch nach seiner Pensionierung im März 1974 dem kirchlichen Dienst erhalten und brachte sich die folgenden 20 Jahre in die Tätigkeit des badischen Vereins für Kirchengeschichte ein.

Für seine Arbeit wurde er 1980 mit dem Bundesverdienstkreuz und 1989 mit der Unionsmedaille der Landeskirche in Silber und Kronenkreuz der badischen Diakone in Gold gewürdigt.

René Gilbert 2016

Quellen

GLA 465c/13845, 465c/19563, 465h/773; Landeskirchliches Archiv Karlsruhe PA 8465/66 (Personalakte).

Werk

Vereinigte Evangelische Landeskirche in Baden 1821-1971: Dokumente und Aufsätze, Karlsruhe 1971 (als Hrsg.); Evangelische Landeskirche in Baden, in: Das Land Baden-Württemberg: amtliche Beschreibung nach Kreisen und Gemeinden, hrsg. von der Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg, Stuttgart, 1974, S. 540-549; Die Evangelische Landeskirche in Baden in der Weimarer Zeit und im Dritten Reich 1919-1945: Geschichte und Dokumente, Karlsruhe 1983 (= Veröffentlichungen des Vereins für Kirchengeschichte in der Evangelischen Landeskirche in Baden Bd. 34); als Mitherausgeber: Die evangelische Landeskirche in Baden im Dritten Reich. Quellen zu ihrer Geschichte Bde. 1-3, 1991, 1992, 1995.

Literatur

Udo Wennemuth: Hommage an Hermann Erbacher, in: Die Union – Korrespondenzblatt des Vereins für Kirchengeschichte in der Evangelischen Landeskirche in Baden 5/1999, S. II und IV; Gerhard Schwinge: Erbacher, Hermann, in: Baden-Württembergische Biographien Bd. 5, hrsg. von Fred L. Sepaintner, Stuttgart 2013, S. 94-96; Gerhard Schwinge: Hermann Erbacher (1909-1999), Kirchenarchivar und Erforscher der badischen Kirchengeschichte, in: Gerhard Schwinge (Hrsg.): Lebensbilder aus der evangelischen Kirche in Baden im 19. und 20. Jahrhundert Bd. V: Kultur und Bildung, Heidelberg/Ubstadt-Weiher 2007, S. 456-471.