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Waldenser


Die frühere Waldenser-gemeinde Palmbach mit der Waldenserkirche, 1935, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS XIIIa 249.

Waldenser

Der Ursprung der Waldenser geht auf die religiöse Laienbewegung des Wanderpredigers Petrus Valdes († vor 1218) aus Lyon im 12. Jahrhundert zurück, die den Klerus als verweltlicht kritisierte und religiöse Erneuerung durch ein Leben in selbst gewählter Armut nach dem Vorbild der Apostel Christi suchte. Kern der Waldenser war das von Laien praktizierte Predigerwesen in heimischer Sprache anstelle von Latein. Verbreitung fanden sie vor allem in Südfrankreich und Oberitalien. Als Ketzer von der katholischen Kirche und ihrer Inquisition verfolgt und verbannt, hatten sich nach dem Mittelalter bis zur Neuzeit nur wenige Glaubensgemeinschaften in kleineren französisch-italienischen Alpentälern (Savoyen-Piemont) gehalten. Die dortigen Waldenser schlossen sich im 16. Jahrhundert der Reformation an, 1532 überwiegend den calvinistischen Reformierten. Das Verbot der protestantischen Kirche durch den französischen König Ludwig XIV. 1685 löste eine Flüchtlingswelle aus, die neben den französischen Hugenotten auch Waldenser betraf, die 1685 und 1698 durch den zeitweise mit Frankreich verbündeten Herzog von Savoyen-Piemont vertrieben wurden. Die Glaubensflüchtlinge fanden nach Auszug über die Schweiz Aufnahme durch einige protestantische Fürsten, neben religiöser Solidarität auch mit dem Ziel, ihre durch den Dreißigjährigen Krieg und den Pfälzischen Erbfolgekrieg entvölkerten Gebiete wieder zu peublieren.

1699 kamen aus der Schweiz circa 3.000 waldensische Flüchtlinge in deutsche Territorien, insbesondere nach Hessen, Württemberg, Kurpfalz und Baden-Durlach. Der baden-durlachische Markgraf Friedrich Magnus hatte während des Pfälzischen Erbfolgekrieges versprochen, Flüchtlinge aufzunehmen. Eigentliche Waldenser siedelte der Markgraf allein in Kleinsteinbach an, sonst betrafen die baden-durlachischen Aufnahmen nur Hugenotten.

1701 wandten sich allerdings seit 1699 bereits im hessischen Mörfelden niedergelassene Waldenser wegen schlechter Bedingungen dort an den Herzog Eberhardt Ludwig von Württemberg. Der wies ihnen einige Flecken zu, unter anderem in seinen Exklaven Grünwettersbach und Untermutschelbach (erst 1806 von Württemberg zu Baden gekommen). Auf verwüsteter Gemarkung von Grünwettersbach gründeten 1701 28 Waldenserfamilien, die ursprünglich aus dem Piemont stammten, gegen den Widerspruch der von einst 80 noch verbliebenen 30 Grünwettersbacher Familien die nach ihrem Herkunftsort im Pragelatal benannte Siedlung La Balme. Daraus wurde Balmbach (Palmbach). Bis nach 1800 wurde im Ort noch französisch bzw. alpenokzitanisch gesprochen und erst 1808 deutsch als Schulunterrichtssprache eingeführt. Der Ursprung von Palmbach als Waldensergemeinde ist in der 1906 errichteten zweiten Kirche mit der Holztafel zur Erinnerung an die erste Kirche von 1725 sowie der Holztafel mit den Zehn Geboten in französischer Sprache dokumentiert. Seit dem 20. Jahrhundert und zuletzt mit der Ausweisung neuer Baugebiete wurden die ehemaligen waldensischen Palmbacher zur Minderheit.

Die Zusammenführung der protestantischen Kirchen zur Unierten Landeskirche in Baden seit 1820 hatte die waldensische Tradition bereits eingeebnet, als Folklore ist sie jedoch bis in die Gegenwart präsent. Weltweit zählt die Waldenserkirche heute circa 100.000 Mitglieder, überwiegend in Italien.

Jürgen Schuhladen-Krämer 2012

Quellen

GLA 229/30044 und 74025; HStA Stgt A 240.

Literatur

Theo Kiefer: Die Privilegien der nach Deutschland gekommenen Waldenser, 2 Teile, Stuttgart 1990; Palmbach. Streifzüge durch die Ortsgeschichte. 300 Jahre Palmbach, hrsg. vom Stadtarchiv Karlsruhe und der Ortsverwaltung Wettersbach durch Ernst Otto Bräunche, Karlsruhe 2001; Albert de Lange (Hrsg.): Dreihundert Jahre Waldenser in Deutschland 1699-1999. Herkunft und Geschichte. Mit einem Führer durch die deutschen Waldenserorte, Karlsruhe 1998.