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Rotes Durlach


Arbeiterfußballverein Durlach im Steinbruch - Kampagne für Volksentscheid zur Fürstenenteignung, 1926, Pfinzgaumuseum Durlach U II 261/1.

Rotes Durlach

Viele Durlacher Arbeiter waren schon vor dem Ersten Weltkrieg gewerkschaftlich organisiert und wählten die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD). Am 23. August 1910 sprach Rosa Luxemburg vor 800 Menschen in der Festhalle zum Thema "Sozialdemokratie und Monarchie". Als Kritikerin der badischen Sozialdemokraten verteidigte sie ihre Ansichten auf diversen kleineren Versammlungen. Die Durlacher gehörten eher zum linken Parteiflügel, so dass sie hier Zustimmung fand. Der Grundstein für den Ruf der Stadt als das "rote Durlach" war damit gelegt.

Bei den ersten Wahlen nach der in Durlach friedlich verlaufenden Revolution 1918/19 erhielten die beiden Linksparteien SPD und Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD) zusammen 58 % aller abgegebenen Stimmen. Die wachsende Arbeitslosigkeit in den 1920er-Jahren brachte dennoch Unruhe, insbesondere da ab 1924 der seit 1919 arbeitsfreie 1. Mai als Feiertag entfallen sollte, um die Produktivität in den Betrieben zu erhöhen. Auch in Durlach löste die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) die USPD bald als zweite linke Partei ab. Die KPD versuchte insbesondere die Arbeitslosen anzusprechen und hatte damit in den Krisenzeiten der Weimarer Republik zwar einigen Erfolg, konnte aber letztlich nie die Stellung der SPD als führende linke Kraft in Durlach gefährden.

Nach dem Kapp-Putsch in Berlin riefen die freien und christlichen Gewerkschaften sowie die freien Angestelltenverbände in Baden am 16. März 1920 zu einem Generalstreik auf. Die Morde an Rosa Luxemburg, Paul Liebknecht, Matthias Erzberger und Walther Rathenau in den Jahren 1919-1922 führten zu Demonstrationen in ganz Deutschland. Bei der Trauerkundgebung für Matthias Erzberger von Zentrum, SPD und der linksliberalen Deutschen Demokratischen Partei (DDP) am 27. Juni 1922 in der Durlacher Festhalle verwies der Hauptredner unter anderem auf den Stellenwert des Umgangs mit Symbolen, Bildern und Fahnen, die Zeichen der Monarchie waren und deshalb im öffentlichen Raum abgeschafft werden sollten.

Bereits knapp ein Jahr zuvor hatten die Durlacher Demokraten die Entfernung der Fürstenbildnisse im Rathaus gefordert, woraufhin untersucht worden war, in welchen städtischen Gebäuden Durlachs noch derartige Gemälde hingen. Deren hohe Zahl überraschte drei Jahre nach dem Ende der Monarchie, was vielleicht auch ausschlaggebend für die folgenden Demonstrationen am 4. Juli 1922 war, die zu Ausschreitungen führten. Der Kommunist Otto Weinbrecht erinnerte in seiner Rede daran, dass die Bilder im Durlacher Amtsgericht und Rathaus noch hingen, woraufhin 10.000 Menschen vor das Durlacher Rathaus zogen und eine fünfköpfige Abordnung das Gebäude betrat, um die Bilder abzunehmen. Zusätzlich stürmte allerdings eine aufgebrachte Gruppe junger Männer das Gebäude und warf die Bilder aus den Fenstern des Rathauses auf den Vorplatz, wo sie zerstört wurden. Einige Fragmente dieser Bilder sind noch heute im Pfinzgaumuseum zu sehen. Dieser Durlacher Bildersturm erregte über Durlach hinaus Aufmerksamkeit, die beteiligten Männer wurden zu mehrmonatigen Gefängnisstrafen verurteilt und der amtierende Bürgermeister Arthur Zierau trat unter anderem aus diesem Grund zurück.

Anke Mührenberg 2012

Literatur

Susanne Asche: Die Bürgerstadt, in: Susanne Asche/Olivia Hochstrasser: Durlach. Staufergründung - Fürstenresidenz – Bürgerstadt, Karlsruhe 1996 (= Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs Bd. 17), Buch zum Download (PDF) (Zugriff am 14. Oktober 2022).