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Revolution 1848/49


Freischaren auf dem Karlsruher Marktplatz, 19. Juli 1849, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS V 273.
Der Vorsitzende des Landesausschusses der Volksvereine Lorenz Brentano auf dem Balkon des Karlsruher Rathauses, 14. Mai 1849, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS V 344.
Einzug des Großherzogs Leopold von Baden in Karlsruhe durch die Kaiserstraße beim Marktplatz, 18. August 1849, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS V 289.

Revolution 1848/49

Karlsruhe war ein zentraler Ort, aber kein Motor der Revolution von 1848/49. Ausgelöst wurde diese durch die Februarrevolution in Frankreich, die dort zur Ausrufung der Republik geführt hatte. Obwohl keine revolutionäre Stimmung unter der Bürgerschaft herrschte, stand die Stadt schon am 1. März 1848 im Mittelpunkt des Interesses, als sich zahlreiche badische Gemeinden mit einem Petitionssturm an den Landtag wandten, um die Forderungen nach Einheit und Freiheit zu unterstützen. Angesichts der Menschenansammlung vor dem Ständehaus und weiterer befürchteter Unruhen wurde eine Bürgerwehr aufgestellt, die für Ruhe und Ordnung sorgen sollte.

Zur Volksversammlung nach Offenburg am 19. März fuhren zwar 200 Delegierte, deren Mehrheit stand aber den weitreichenden revolutionären Zielen Friedrich Heckers ablehnend gegenüber. Heckers Anhänger hatten in Karlsruhe ihr Hauptquartier beim sogenannten Affenmüller, vermutlich der Bierbrauer Peter Müller, in der Zähringerstraße 68.

Neben der Bürgerwehr entstanden auch in Karlsruhe Vereine unterschiedlicher Couleur. Ein unter anderem auf Initiative des Republikaners Karl Blind gegründeter erster Karlsruher Arbeiterverein, in dem sich vor allem Arbeiter der Maschinenfabrik Keßler & Martiensen trafen, wurde schon am 29. Februar 1848 wieder verboten. Längeren Bestand hatte der am 12. April gegründete und in seiner Mehrheit konstitutionell monarchisch gesinnte Vaterländische Verein, der 300-400 Mitglieder hatte. Drei Tage später wurde der Demokratische Verein gegründet, dessen Mitgliederzahl aber nicht über 100 hinausging. Daneben war am 30. April auch der Frauenverein zur Unterstützung deutschen Gewerbefleißes gegründet worden, der dafür eintrat, dass nur noch deutsche Waren gekauft wurden - eine Reaktion auf den Ruf nach der deutschen Einheit und Nation. Ein Jahr später existierte ein Deutscher Frauenverein, der unter anderem für die Revolutionäre Kleidungsstücke und Fahnen anfertigte.

In Karlsruhe riefen die Meldungen über den Hecker-Putsch im April 1848 zwar große Unruhe hervor, zu nennenswerten Unterstützungsaktionen kam es aber nicht. Dasselbe gilt auch für den Struwe-Putsch im September. Auch hier schlug der Funken nicht auf Karlsruhe über.

Die nach dem Rücktritt des Oberbürgermeister Carl Ludwig Daler erforderliche Neuwahl am 4. Juli 1848 hatte gezeigt, dass die Demokraten innerhalb des Bürgerausschusses zwar über eine feste Anhängerschaft aber keine Mehrheit verfügten. Im zweiten Wahlgang gewählt wurde der gemäßigte Gemeinderat Jakob Malsch. In dem im November neu gewählten Bürgerausschuss hatte diese Richtung ebenfalls die Mehrheit, wie es auch die im Dezember erforderlichen Gemeinderatswahlen belegten. Gewählt wurde erstmals mit Obergerichtsadvokat Veit Ettlinger ein Jude. Ende 1848 schien in Karlsruhe die politische Entwicklung nun wieder in ruhigere Bahnen zu gelangen.

Dass dies nur eine trügerische Ruhe war, sollte sich bald herausstellen. Voll Genugtuung reagierten die Karlsruher auf die Verabschiedung der Grundrechte, auch die Wahl Friedrich Wilhelms IV. von Preußen zum Deutschen Kaiser stieß auf breite Zustimmung. Ebenso begrüßte man die Annahme der Reichsverfassung und die Bestätigung der Wahl des Preußen durch Baden am 14. April.

Nach der Ablehnung der Kaiserwürde durch Friedrich Wilhelm IV. von Preußen kam wieder Bewegung in die Karlsruher Bürgerschaft. Am 7. Mai verabschiedete die Karlsruher Bürgerwehr eine allerdings nach wie vor eher monarchisch-konstitutionell geprägte Erklärung, die Großherzog Leopold zur unverzüglichen Annahme der Reichsverfassung aufforderte. Durch die Radikalisierung der Offenburger Volksversammlung am 12. und 13. Mai und durch die nun auch in Karlsruhe ausbrechende Militärmeuterei entglitt den Bürgern aber die Kontrolle über die weitere Entwicklung in ihrer Stadt. Unterstützung fanden die meuternden Soldaten bei den wenigen Karlsruher Demokraten. Noch in der Nacht auf den 14. Mai kam es vor dem Zeughaus zu einer direkten Konfrontation zwischen Bürgerwehr und Aufständischen. Großherzog Leopold und seine Regierung flohen, so dass Oberbürgermeister Malsch dem in Rastatt tagenden revolutionären Landesauschuss mitteilen musste, dass ihm die Stadt nicht entgegentreten werde, wenn deren Sicherheit garantiert werde. Der Landesausschuss der Volksvereine tagte nun unter Vorsitz von Lorenz Brentano im Karlsruher Rathaus.

Inzwischen hatte sich in Karlsruhe auch ein Sicherheitsausschuss gebildet, dem die Mitglieder des Deutschen Vereins angehörten, der am 21. Januar 1849 als Fortsetzung des im Vorjahr verbotenen demokratischen Vereins gegründet worden war. Zu den weniger als 100 Mitgliedern gehörten die Advokaten Johann Konrad Dürr und Karl Theodor Ziegler sowie der Kaufmann Franz Josef Lanzano. Es entstand auch ein zweiter Arbeiterverein, der am 19. Februar seine erste Generalversammlung im Promenadehaus abhielt und an der versuchten Erstürmung des Zeughauses am 13. Mai beteiligt war.

Die nach wie vor großherzogtreue Bürgerwehr schien den neuen Machthabern so bedrohlich, dass man sie entwaffnen wollte, wogegen sich die nunmehrige Hauptstadt der Republik Baden aber erfolgreich zur Wehr setzte. So konnte die Bürgerwehr auch am 6. Juni Stellung vor dem Schloss beziehen, als dieses von revolutionären Truppen besetzt werden sollte.

Als nach der siegreichen Schlacht bei Durlach am 25. Juni preußische Truppen in die von den Revolutionären verlassene Stadt einzogen, wurden sogleich der Deutsche Verein, der Arbeiterverein und auch der Allgemeine Turnverein verboten. Karlsruhe war damit fürs erste preußische Garnisonsstadt, die den einziehenden Truppen einen begeisterten Empfang bereitete. Mit den Preußen zog die lang vermisste Ordnung wieder ein, die Karlsruher Bürgerwehr durfte nach einer Reorganisation Ende Juli als einzige neben Sipplingen im Großherzogtum weiterbestehen. Am 18. August kehrte Großherzog Leopold in seine Haupt- und Residenzstadt zurück, freudig begrüßt von der Bürgerschaft. Die Karlsruher Revolutionäre waren verhaftet oder ins Ausland geflohen.

Ernst Otto Bräunche 2015

Quelle

Rainer Gutjahr (Hrsg.): Eduard Koelle. Drei Tage der Karlsruher Bürgerwehr 1849, Karlsruhe 1999 (= Forschungen und Quellen zur Stadtgeschichte. Schriftenreihe des Stadtarchivs Karlsruhe Bd. 5).

Literatur

Susanne Asche: Residenzstadt - Bürgerstadt - Großstadt. Auf dem Weg von der Residenz zum Industrie- und Verwaltungszentrum 1806-1914, in: Susanne Asche/Ernst Otto Bräunche/Manfred Koch/Heinz Schmitt/Christina Wagner: Karlsruhe - Die Stadtgeschichte, Karlsruhe 1998, S. 191-353, S. 230-274, Buch zum Download (PDF) (Zugriff am 27. Juli 2022); Ernst Otto Bräunche: Karlsruhe im Vormärz und in der Revolution 1848/49, in: Karlsruher Beiträge Bd. 6, Karlsruhe 1991, S. 107 – 125; Jürgen Schuhladen-Krämer: Politische Vereine in Karlsruhe während der Revolution 1848/49, in: Manfred Koch/Leonhard Müller (Hrsg.): Blick in die Geschichte. Karlsruher stadthistorische Beiträge 1993-1998, Karlsruhe 1998, S. 66-77, Buch zum Download (PDF) (Zugriff am 27. Juli 2022); Ute Grau: Karlsruhe, in: Revolution im Südwesten. Stätten der Demokratiebewegung 1848/49 in Baden-Württemberg, hrsg. von der Arbeitsgemeinschaft hauptamtlicher Archivare im Städtetag Baden-Württemberg, S. 287-307, Karlsruhe 1997.