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Dyckerhoff & Widmann


Das Verwaltungsgebäude von Dyckerhoff und Widmann AG in der Hohenzollernstraße 22 kurz vor dem Abriss, 1988, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS oXIVf 136.

Dyckerhoff & Widmann

1865 gründete Wilhelm Gustav Dyckerhoff, Teilhaber der Dyckerhoff Portland-Zementwerke AG in Wiesbaden-Amöneburg, mit Heinrich Lang, Fuhrunternehmer und Baustoffhändler, und Franz Serger, Architekt, die Zementwarenfabrik Lang & Cie in Karlsruhe. 1866 wurde sein Sohn Eugen Dyckerhoff Teilhaber und technischer Betriebsleiter der Firma, die, nachdem am 15. August 1869 Eugens Schwiegervater Gottlieb Widmann, Direktor der Karlsruher Maschinenbau-Gesellschaft, in den Betrieb eingestiegen war, fortan mit Dyckerhoff & Widmann, Cementwarenfabrik firmierte.

Bereits 1870 eröffnete das Unternehmen eine erste Niederlassung in Wiesbaden-Biebrich, deren Leitung Eugen Dyckerhoff übernahm, während Gottlieb Widmann den Hauptsitz in Karlsruhe weiterführte. Neben den industriellen Erzeugnissen für die Bauindustrie (Zementrohre, -platten, -behälter etc.) bot die Firma in den frühen Betriebsjahren auch ein Sortiment an dekorativen und künstlerischen Produkten in Zementguss (Bauornamente, Klein- und Großplastiken, Brunnen etc.) an. Für die künstlerischen Entwürfe standen seit Beginn der 1870er-Jahre die Bildhauer Friedrich Moest und Hermann Volz unter Vertrag. Durch den Umzug nach Biebrich war es Eugen Dyckerhoff möglich, gemeinsam mit seinem Bruder Rudolf, der als Chemiker im väterlichen Zementwerk in Amöneburg tätig war, an der Verbesserung der Betonrezepturen zu arbeiten. Unter anderem entwickelten sie den Stampfbeton, der den Bau weit gespannter Brücken- und Gewölbekonstruktionen möglich machte.

1873 eröffnete in Nürnberg eine zweite Niederlassung, der bis 1930 über 25 weitere Niederlassungen in deutschen Städten folgten. Neben der Herstellung von Zementwaren spezialisierte sich Dyckerhoff auf die Ausführung von Zement- und Betonarbeiten. Ab 1885 realisierte das Unternehmen die ersten Stampfbetonbrücken, Kanalisations- und Wasserleitungsanlagen in Deutschland. Nach der Jahrhundertwende kamen große Wasserkraftanlagen, Eisenbeton-Brücken und Eisenbeton-Hochbauten dazu. Den Neubau der Telegraphenkaserne an der Hertzstraße 1906/07 führte Dyckerhoff im Auftrag des Militärbauamts 1906/07 aus. Auch die Fundamentierung des Empfangsgebäudes des neuen Karlsruher Hauptbahnhofs mittelst einer Trichter-Betonierung übernahm 1908 die Firma. Bereits im Vorjahr war das Unternehmen in eine Aktien-Gesellschaft umgewandelt und sein Hauptsitz nach Biebrich verlegt worden. In Karlsruhe blieb eine Niederlassung für den südwestdeutschen Raum.

Ab 1909 übernahm Dyckerhoff Großprojekte im europäischen Ausland, ab 1911 in Südamerika, ab 1924 in Asien. 1921 und 1923 entstanden Tochtergesellschaften in Holland und Spanien. Die Entwicklung innovativer Verfahrensweisen wie die Zeiss-Dywidag-Schalenbauweise ab Ende der 1920er- oder der Spannbetonbau und Freivorbau ab Ende der 1940er-Jahre sicherte dem Unternehmen die internationale Führung im Betonbau. 1972 fusionierte Dyckerhoff mit Siemens-Bauunion sowie 2001 mit Walter Bau AG zu Walter Bau AG vereinigt mit Dywidag. Die Karlsruher Niederlassung, zuletzt in der Hohenzollernstraße 22 und Griesbachstraße 10, wurde 2000/01 geschlossen. Die Walter Bau AG vereinigt mit Dywidag beantragte 2005 Insolvenz und ging weitgehend im Strabag-Konzern auf.

Katja Förster 2014

Literatur

Knut Stegmann: Das Bauunternehmen Dyckerhoff & Widmann. Zu den Anfängen des Betonbaus in Deutschland 1865-1918, [Diss. Zürich, 2010], Tübingen, Berlin 2014; Gert von Klaß: Weit spannt sich der Bogen. Die Geschichte der Bauunternehmung Dyckerhoff & Widmann KG, Darmstadt 1955; Dyckerhoff & Widmann A.-G.: Dyckerhoff & Widmann Aktien-Gesellschaft. Tiefbau-Unternehmung, Spezialgeschäft für Beton- und Eisenbetonbauten im Tief- und Hochbau, Fabriken für Zementwaren, München [um 1910].