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Tabakfabrik Griesbach


Tabakfabrik Griesbach, Lyceumstraße 5 (heute Hebelstraße 7), Lithografie von Johann Peter Wagner, um 1850, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS oXIVf 20.

Tabakfabrik Griesbach

Die Anfänge der Tabakfabrik Griesbach reichen bis ins Jahr 1767 zurück. Damals errichteten die beiden Fabrikanten Franz Lorenz Chappuy aus Bruchsal und Jacob Erz aus Straßburg in Durlach eine Tabakfabrik sowie ein Zweiggeschäft zum Verkauf von Rauch- und Schnupftabak in und außerhalb der Markgrafschaft Baden-Durlach. 1778 wurde Nikolaus Reuter Teilhaber und Geschäftsführer des Unternehmens, das er 1782 nach Karlsruhe verlegte. Mit dem Standortwechsel konnte Johann Christian Griesbach als Kompagnon gewonnen werden. Dessen Sohn Wilhelm Christian Griesbach übernahm 1794 den väterlichen Geschäftsanteil, nachdem er zuvor in der Fabrik eine kaufmännische Ausbildung absolviert hatte; ab 1802 war er alleiniger Fabrikbesitzer.

1799 wurde der Betrieb, der ab 1792 von der steigenden Nachfrage an Schnupf- und insbesondere Rauchtabak profitierte, in das südöstliche Eckhaus am Marktplatz (Lyceumstraße 5, heute Hebelstraße 7) verlegt. 1811 zählte er circa 50 Arbeiter und galt neben der Bijouterie-Fabrik Oelenheinz und der Chaisen-Fabrik Heinrich Reiß (später Schmieder & Mayer) als größtes Unternehmen der Stadt. Die Fabrik stellte alle möglichen Sorten von Tabak her, größtenteils preiswerte Ware aus dem heimischen Tabakanbau. Etwa die Hälfte der Produktion wurde in die Schweiz exportiert. Anfang der 1840er-Jahre verarbeiteten über 100 Arbeiter jährlich circa 1.500 Zentner amerikanischen und circa 3.000 Zentner deutschen Tabak im Gesamtwert von über 100.000 Gulden. Hauptabsatzgebiete waren weiterhin das Großherzogtum Baden und Umgebung sowie die Schweiz.

Die wachsende Nachfrage veranlasste Griesbach, 1814 an der Alb bei Ettlingen eine Tabakmühle zu errichten, die 1818 mit einer Ölmühle verbunden wurde. Aus Alters- und Gesundheitsgründen gab er in den 1830er-Jahren die Geschäftsführung an seinen 1803 geborenen Sohn Christian ab, der nach Griesbachs Tod 1838, in Übereinkunft mit den Erben, das Unternehmen mit dem mehrjährigen Gesellschafter C. G. Schuler an seiner Seite fortführte. Die Firma, die ab 1838 mit "Christian Griesbach" firmierte, konnte Produktion und Umsatz weiter steigern. 1865 waren circa 120 Arbeiter beschäftigt, die jährlich circa 9.500 Zentner Rauch- und Schnupftabak sowie fünf Millionen Zigarren herstellten. Nach 1860 erhielt die Fabrik allerdings zunehmend Konkurrenz zum einen durch die 1857 in Karlsruhe gegründete Zigarrenfabrik Rudolf Heilbronner, in der circa 90 Arbeiter sechs Millionen Zigarren aus Pfälzer und amerikanischem Tabak anfertigten, zum anderen durch die steigende Zahl an primitiven Fabriken, die unmittelbar bei den Tabakanbaugebieten Badens entstanden und mittelst geringer Kapitalausstattung sowie Frauen- und Kinderarbeit Billigware produzierten.

Mit dem Tod von Christian Griesbach 1874 und dem seines 24-jährigen Neffen Julius im selben Jahr, der als gelernter Kaufmann und Tabakfabrikant wohl das Unternehmen übernommen hätte, ging der Familienbetrieb zu Ende. Das Adressbuch nennt zwar noch den einen oder anderen in der Firma tätigen Fabrikanten (Ludwig Wilser, Friedrich Haag, Christian Friedrich Bittmann) sowie 1884 William Ludewig als Miteigentümer der Fabrik, aber nach dem Tod von Christian Griesbachs Ehefrau 1887 verkauften die Erben im Jahr darauf das Anwesen Hebelstraße 7 an die Stadt. Diese ließ das Fabrikgebäude 1895 für den von Josef Durm geplanten Neubau des Großherzoglich Badischen Bezirksamts (heute Polizeirevier Karlsruhe-Marktplatz) abreißen.

Katja Förster 2015

Quellen

StadtAK 5/Durlach A 1283, 7/Nl Griesbach 842; GLA 236/7123.

Literatur

Christina Müller: Karlsruhe im 18. Jahrhundert. Zur Genese und sozialen Schichtung einer residenzstädtischen Bevölkerung, Karlsruhe 1992, S. 136 f., 2. Auflage Karlsruhe 2018; S. 169 f. (= Forschungen und Quellen zur Stadtgeschichte, Schriftenreihe des Stadtarchivs Karlsruhe Bd. 1); Wolfgang von Hippel: IHK Karlsruhe. Eine Chronik der letzten 200 Jahre, Ubstadt-Weiher/Heidelberg/Basel 2013, S. 26-35.