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St. Bernhard


St. Bernhard, Südostansicht, um 1902, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS XIVc 12.

St. Bernhard

Das Anwachsen der katholischen Kirchengemeinde kurz nach 1850 auf über 9.000 Mitglieder führte zu ersten Überlegungen hinsichtlich eines zweiten Kirchengebäudes neben St. Stephan. Die Entwürfe von Heinrich Hübsch 1853 und Adolf Weinbrenner 1885 wurden zwar nicht aufgegriffen, aber das Weinbrenner-Projekt war bereits am Durlacher Tor, dem künftigen Standort von St. Bernhard, vorgesehen. Zunächst sollte jedoch noch Unserer Lieben Frau (1890/91; Weihe 1892) in der Südstadt als zweites katholisches Gotteshaus entstehen, bevor 1893 mit den Bauarbeiten von St. Bernhard in der Oststadt begonnen werden konnte.

Nach der Genehmigung des Kirchenneubaus durch das Erzbischöfliche Ordinariat im Januar 1888 wurde zunächst Adolf Williard mit der Planung beauftragt, der dann krankheitsbedingt von Franz Jakob Schmitt abgelöst wurde, der schließlich, da seine Planung die notwendige Monumentalität missen ließ, im November 1892 durch den Erzbischöflichen Baudirektor Maximilian Meckel ersetzt wurde. Am 15. Mai 1893 erfolgte der erste Spatenstich auf dem 5.232 Quadratmeter großen Gelände am Durlacher Tor, das Großherzog Friedrich I. der Gemeinde bereits 1888 unentgeltlich überlassen hatte.

Am 29. Juni 1896 fand die Grundsteinlegung und am 29. Juni 1901 die Schlusssteinlegung statt. Wegen der Erkrankung des Erzbischofs erfolgte am 20. Oktober 1901 lediglich die Benediktion und erst am 26. Oktober 1902 die Konsekration. Meckel positionierte den zwei Meter über Straßenniveau liegenden, im frühgotischen Stil entworfenen Sakralbau in der verlängerten Achse der Kaiserstraße, damit die rund 90 Meter hohe Einturmfassade nach Westen weit sichtbar war. An die gewaltige Turmanlage schließt nach Osten eine dreischiffige gewölbte Basilika an, die von einem einschiffigen Querhaus durchdrungen wird, dessen Arme analog zum Chor apsidial enden. Dem Chor mit Chorumgang ist im Osten in achsialer Verlängerung des Turmes eine ebenfalls apsidial ausgebildete Sakristei vorgelagert. Der aus verschiedenfarbigen Sandsteinquadern errichtete Bau weist an Turm, Querhaus und Chor den aufwendigsten Bauschmuck auf.

Im westlichen dritten Turmgeschoss ist die von einem Baldachin bekrönte kupferne Standfigur von Markgraf Bernhard von Baden, dem Kirchenpatron, zu erkennen. Die nach einem Modell des Bildhauers Fridolin Dietsche angefertigte Figur war ein Geschenk von Großherzog Friedrich I. Als ausgewiesener Spezialist für mittelalterlichen Kirchenbau und Handwerkskunst entwarf Meckel zum größten Teil auch die Innenausstattung, die schrittweise über seinen Tod hinaus vervollständigt wurde. Dazu gehörten der Hoch- bzw. Kreuzaltar (Ausführung 1905-1909: Bildhauerfirma Gebrüder Mezger, Überlingen, Kunstmaler Robert Nachbauer, Stuttgart), der Franziskus-Altar, Marien- bzw. Muttergottes-Altar, Herz-Jesu-Altar, Bernhard-Altar und Josef-Altar (Ausführung 1905-1936: Bildhauer Joseph Dettinger, Freiburg), die Kanzel, das Taufbecken, die Ausmalung des Chores etc. Die Chorfenster zeigten farbige Glasmalereien zum Thema schmerzhafter Rosenkranz.

Zerstörungen durch den Zweiten Weltkrieg (Kirchendach, Chorgewölbe, Fenster, Orgel, Gestühl und Beschädigungen am Turm) wurden bis 1972 behoben. Die sechs, 1942 zur Verhüttung abtransportierten Glocken kehrten 1947 nach Karlsruhe zurück, so dass seit Weihnachten 1948 die ursprünglichen sieben Glocken wieder läuten (aus Klanggründen war eine Glocke umgegossen und das Geläut um eine achte Glocke ergänzt worden). Die 1944 zerstörte Orgel der Durlacher Firma Heinrich Voit & Söhne wurde 1949 durch eine Not-Orgel der Durlacher Orgelbaufirma Carl Hess ersetzt, die auch in Kooperation mit anderen Firmen die seit 1959 genutzte Orgel erbaute.

Katja Förster 2013

Literatur

100 Jahre Pfarrkirche und Pfarrgemeinde St. Bernhard in Karlsruhe 1901-2001/2002, hrsg. von der katholischen Pfarrgemeinde St. Bernhard, Karlsruhe 2001; Werner Wolf-Holzäpfel: Der Architekt Max Meckel (1847–1910). Studien zur Architektur und zum Kirchenbau des Historismus in Deutschland, Lindenberg 2000; Jürgen Krüger: Kirchen in Karlsruhe und die Synagoge, hrsg. von Günter Frank u. a., Ubstadt-Weiher 2015, S. 96-100.