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Synagoge in der Kronenstraße


Ansicht der Synagoge von Friedrich Weinbrenner von der Langen Straße (heute Kaiserstraße) aus, nach 1810, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS oXIVc 136.
Synagoge von Josef Durm, Kronenstraße 17, 1876, Stadtarchiv Karlsruhe 8/Alben 108/16.

Synagoge in der Kronenstraße

Ehemals Kronenstraße 17.

Bereits vor 1725 wurde in der Kronenstraße in einem Wohnhaus eine Synagoge errichtet. Diese bestand aus einem Vorder- und einem Rückgebäude, dem eigentlichen Kultraum, welcher nach Osten, in Gebetsrichtung auf Jerusalem, ausgerichtet war. Das Vorderhaus glich vermutlich den eingeschossigen Mansarddachhäusern der Umgebung. Als gegen Ende des 18. Jahrhunderts die "Judenschule", wie israelitische Bet-, Lehr- und Versammlungshäuser genannt wurden, baufällig und viel zu klein geworden war, wurde Anfang 1798 Friedrich Weinbrenner mit dem Entwurf einer neuen Synagoge am gleichen Standort Kronenstraße/Ecke Lange Straße beauftragt.

Weinbrenner übernahm die zweiteilige axiale Konzeption des Vorgängerbaues, gestaltete aber die Fassade des Vorderhauses mit dem Durchgang zum Bethaus im morgenländischen Stil: In Anlehnung an altägyptische Tempel gestaltete er das Eingangstor als Pylon, dessen turmartige Bauten ein monumentales Spitzbogenportal mit darüber liegender Spitzbogengalerie flankierten. Rechts und links davon schlossen gleich Seitenflügeln die beiden Nebengebäude an, welche die erforderlichen Gemeinderäume und Dienstwohnungen aufnahmen. Sie waren wie der zwischen Vorder- und Rückgebäude vermittelnde Innenhof und die eigentliche Synagoge im klassizistischen Stil ausgeführt, der das Karlsruher Stadtbild bis Weinbrenners Tod 1826 entscheidend prägen sollte

Bis circa 1810 zog sich die Errichtung des Baukomplexes hin: Am 10. Juni 1798 erfolgte die Grundsteinlegung, seit 1800 fand im Rückgebäude, das am 18. Juli 1806 eingeweiht wurde, Gottesdienst statt; zwischen 1806 und 1810 kamen die Nebengebäude zur Ausführung. In der Nacht auf den 30. Mai 1871 fiel die Anlage, die nach dem Austritt der Orthodoxie 1869 der Israelitischen Religionsgemeinschaft gehörte, bis auf das südliche, an der Ecke Kronen- und Lange Straße gelegene Dienstwohngebäude einem Brand zum Opfer.

Im März 1872 beauftragte diese, der die große Mehrheit der Karlsruher Juden angehörte, Josef Durm mit dem Bau der neuen Synagoge. Da das erhaltene Eckhaus weiter genutzt werden sollte, wurde die Weinbrennerʼsche Konzeption einer von Seitengebäuden flankierten Synagoge auch für Durm verbindlich. Er setzte allerdings die Synagoge rund elf Meter von der Straßenflucht zurück, wodurch ein geräumiger Vorhof entstand. Anders als Weinbrenner verband Durm Stilelemente der Romanik und Renaissance mit maurisch-byzantinischen Formen, um auf die "morgenländische" Herkunft des jüdischen Volkes hinzuweisen. Die Reformierung des Kultes (Gottesdienst in deutscher Sprache, Gemeindegesang, instrumentale Begleitung), die 1869 zur Abspaltung einer orthodoxen Minderheit geführt hatte, bewirkte entscheidende Änderungen am bisherigen Raumprogramm. Hatte im Weinbrennerbau die Bima bzw. der Almemor, von der bzw. von dem aus die Thorarollen verlesen wurden, im Zentrum des Kultraums gestanden, war sie bzw. er nun in den um wenige Stufen erhöhten Chor versetzt worden. Ein Mittelgang führte direkt auf den in der Apsis stehenden Thoraschrein (Aron Hakodesch) zu. Außerdem war am südlichen Chorbogen eine Kanzel für Predigten angebracht. Von den ehemals drei Emporen, die den Frauen zur Teilnahme am Gottesdienst zur Verfügung standen, war die schmale über dem Eingang im Westen nun als Orgelempore ausgebildet.

Nach zweijähriger Bauzeit (1872-1874) fand am 12. Mai 1875 in Anwesenheit von Großherzog Friedrich I. und Großherzogin Luise die feierliche Einweihung der reformierten Synagoge statt. Der massive Sandsteinbau, an den heute eine Gedenktafel in einer kleinen gärtnerischen Anlage erinnert, fiel dem Novemberpogrom 1938 zum Opfer. Zwar hatte die Brandstiftung an der Synagoge durch Angehörige der SA und der SS in der Reichspogromnacht keine sehr starken Schäden zur Folge, doch ordneten die Nationalsozialisten danach den Abriss des Gebäudes auf Kosten der jüdischen Gemeinde an.

Katja Förster 2015

Literatur

Gerhard Everke: Synagogen in Karlsruhe. Von Friedrich Weinbrenner zu Josef Durm und Gustav Ziegler, in: Juden in Karlsruhe. Beiträge zu ihrer Geschichte bis zur nationalsozialistischen Machtergreifung, hrsg. von Heinz Schmitt, Ernst Otto Bräunche und Manfred Koch, Karlsruhe 1988, S. 221-246 (= Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs Bd. 8), Buch zum Download (PDF) (Zugriff am 30. September 2022); Ulrike Grammbitter: Josef Durm 1837-1919. Eine Einführung in das architektonische Werk, München 1984, S. 378-383.