Menü
Suche

Grötzinger Malerkolonie


Schloss Augustenburg, um 1900, Pfinzgaumuseum Durlach U I 161,1.

Grötzinger Malerkolonie

Ab 1889 entstand in Grötzingen eine Künstlerkolonie, der Friedrich Kallmorgen, dessen Ehefrau Margarethe Hormuth-Kallmorgen, Gustav Kampmann, Otto Fikentscher, dessen Ehefrau Jenny Fikentscher, geb. Nottebohm, Franz Hein und Karl Biese angehörten. Durch den Landschaftsmaler Gustav Schönleber und den Tiermaler Hermann Baisch, die beide an der Großherzoglichen Kunstschule in Karlsruhe unterrichteten, hatten die genannten Künstler die Vorteile des Zeichnens und Malens en plein air entdeckt. Das in eine reizvolle Landschaft eingebettete Dorf in der Nähe von Karlsruhe bot sich als Arbeits- und Aufenthaltsort geradezu an. Während Kallmorgen sich 1888/89 ein eigenes Haus im dünn besiedelten südlichen Ortsteil errichten ließ, wohnten die übrigen Künstler im Schloss Augustenburg, das Otto Fikentscher Anfang der 1890er-Jahre gekauft hatte.

Zwischen den Künstlern bestanden enge persönliche und künstlerische Beziehungen, die sich beispielsweise in ihrem geschlossenen Austritt aus der Karlsruher Künstlergenossenschaft infolge unüberbrückbarer Spannungen im Jahre 1896 zeigten. Kallmorgen, Kampmann, Fikentscher, Hein und Biese gehörten kurz darauf, am 25. April 1896, zu den Gründungsmitgliedern des Karlsruher Künstlerbundes, der 1897 eine eigene Steindruckerei für die Mitglieder unter der Leitung von Carl Langhein, der in den 1890er-Jahren ebenfalls kurz in Grötzingen gelebt haben soll, einrichtete. Aus verschiedenen Gründen löste sich die Künstlerkolonie zwischen 1902 und 1905 auf. Lediglich Otto und Jenny Fikentscher verblieben in Grötzingen, das auch in der Folgezeit Künstler anzog.

Bis auf die zwei Künstlerehepaare Oskar Hagemann und Gertrud Stamm-Hagemann sowie Hans Winkler und Else Winkler-Dentz, die von 1912-1917 bzw. 1917-1920 in der Augustenburg in Grötzingen wohnten, ließen sich die Künstler der so genannten zweiten Generation erst nach dem Ende des Ersten Weltkriegs in dem badischen Malerdorf nieder. Den Auftakt machte Georg Scholz, der 1919 aus dem benachbarten Berghausen nach Grötzingen zog. In den 1920er-Jahren ließen sich Paul Rein und Karl Martin Graff, die in Grötzingen aufgewachsenen Künstler Gustav Hofmann, Karl Doll, Fritz Siegrist und August Rumm sowie Friedrich Bach und Hugo Bickel hier nieder, wobei Bach, Bickel, Doll und Siegrist nur für kurze Zeit in dem Ort wirkten.

Die zweite Künstlergeneration war vorwiegend um 1888/1890 geboren, hatte noch vor dem Ersten Weltkrieg ein Kunststudium an der Großherzoglich Badischen Akademie absolviert und betrieb die Pleinairmalerei nicht mehr mit der Ausschließlichkeit wie die erste Gruppe. Hagemann und Graff widmeten sich vorrangig dem Porträt, andere schufen neben Landschaftsstudien auch Blumenbilder und Stillleben. Die Künstler pflegten kaum Kontakt untereinander und arbeiteten, bis auf Scholz, in einer gefälligen naturalistischen Manier. Die gemeinsamen Aktivitäten beschränkten sich lediglich auf sechs, zwischen 1925 und 1938 in Grötzingen stattgefundene Ausstellungen, in deren Rahmen anfangs auch Arbeiten der ersten Grötzinger Künstlergruppe zu sehen waren. Bis auf Georg Scholz, der als Vertreter der Neuen Sachlichkeit mit seinem gesellschaftskritischen Kunstschaffen eine andere künstlerische Position bezog, steht eine kunsthistorische Aufarbeitung der zweiten Grötzinger Künstlergeneration noch aus.

Katja Förster 2015

Literatur

Brigitte Baumstark: Grötzingen – das "Badische Malerdorf", in: Susanne Asche: Eintausend Jahre Grötzingen. Die Geschichte eines Dorfes. Mit Beiträgen von Brigitte Baumstark und Angelika Sauer, Karlsruhe 1991, S. 314-333 (= Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs Bd. 13); Ute Grau: Schloss Augustenburg, Karlsruhe 2000, S. 31-35 (= Häuser- und Baugeschichte. Schriftenreihe des Stadtarchivs Karlsruhe Bd. 1), Buch zum Download (PDF) (Zugriff am 8. Dezember 2022); Die Grötzinger Malerkolonie. Die erste Generation 1890-1920. Karl Biese, Jenny Fikentscher, Otto Fikentscher, Franz Hein, Margarethe Hormuth-Kallmorgen, Friedrich Kallmorgen, Gustav Kampmann, hrsg. von der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe, Karlsruhe 1975.