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De:Lexikon:bio-0316

Clara Faisst um 1924, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS oIII 1128.

Clara Mathilde Faisst

Pianistin, Komponistin, Dichterin, * 22. Juni 1872 Karlsruhe, † 22. November 1948 Karlsruhe, ev.

Faisst, die von 1878-1881 die Vorschule und von 1881-1888 die Höhere Mädchenschule in Karlsruhe besuchte, erhielt bereits in dieser Zeit ihre erste musikalische Ausbildung. Von 1879-1881 erhielt sie Unterricht in Harmonielehre vom ehemaligen Konzertmeister des Badischen Hoftheaters und damaligen Leiters der Musikbildungsanstalt Carl Will und von 1885-1890 in Klavier vom Begründer des Badischen Konservatoriums Heinrich Ordenstein. Bei den regelmäßigen Vorspielen des Konservatoriums fiel die angehende Pianistin durch ihr außergewöhnliches Talent auf. Für 1889 sind ihre ersten Kompositionen von Liedern dokumentiert.

1890 ging Faisst auf Vermittlung des damaligen badischen Hofkapellmeisters Felix Mottl nach Berlin, um nach vorbereitenden Studien bei einem Klavierpädagogen Studentin an der Königlichen Hochschule für Musik in den Fächern Klavier, Musiktheorie, Kontrapunkt und Kompositionslehre zu werden. Dort entstanden ihre ersten Gedichte, in denen sie persönliche Erlebnisse und Begegnungen, später auch politische Ereignisse, verarbeitete. Charakteristisch für Faissts Dichtungen wurde die musikalische Auffassung der Sprache, ihre Durchdringung von Rhythmus und Melodie.

Nach Studienabschluss 1896 unternahm sie eine längere Konzertreise mit eigenen und fremden Kompositionen durch Deutschland und die Schweiz, bevor sie sich um 1900 endgültig in Karlsruhe niederließ. Hier zog sie sich als Pianistin zunehmend ins Private zurück und trat in der Regel nur noch vor einem kleinen Kreis von Zuhörern in der eigenen Wohnung auf. Den Lebensunterhalt verdiente sie sich vor allem als private Musik- und Klavierpädagogin. Bis 1918 erschien ein Teil ihrer Kompositionen in renommierten Musikverlagen, danach nur noch im Selbstverlag. Gelegentlich nahm sie in der Tagespresse zu Musik- und Kunstereignissen Stellung. Ihrem Bekanntenkreis gehörten unter anderem die Maler Hans Thoma, Hans Adolf Bühler und Albert Schweitzer an.

Faisst komponierte vor allem Lieder für Singstimme und Klavier nach religiösen Dichtungen, Bibeltexten oder zeitgenössischer Lyrik. Daneben haben sich auch einige Instrumentalkompositionen für Klavier bzw. für Klavier und Violine oder Violoncello erhalten. Nach ihrem Tod geriet die Musikerin in Vergessenheit.

Katja Förster 2012

Quelle

Teilnachlass in der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe.

Literatur

Martina Rebmann: Auf den Spuren der Karlsruher Komponistin und Dichterin Clara Faisst (1872-1948). Komponieren kann man allenfalls lernen – dichten in Tönen – nie!, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, Bd. 154 (= NF 115), 2006, S. 517-555.