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De:Lexikon:bio-1482

Otto Mickley

Professor, * 7. August 1892 Bayreuth, † 1. Juni 1952 München, gottgläubig, ∞ 1919 Erna Wilhelmine Emma Dörseln, 3 Söhne.

Otto Joseph Jean Mickley, Sohn eines Obermusikmeisters verschiedener Militärkapellen, besuchte 1899-1902 die Volksschulen in Nürnberg und Hagenau/Elsass sowie 1902-1910 das Realgymnasium und die Oberrealschule Darmstadt bis zur Untersekunda. 1910 leistete er seinen Militärdienst als Einjährig-Freiwilliger beim Hessischen Leibgarde-Infanterie-Regiment Nr. 115 und absolvierte einen Lehrgang zum Feuerwerker an der Oberfeuerwerkerschule Berlin. Ab November 1913 arbeitete Mickley als Feuerwerker in Berlin und Darmstadt. Außerdem war er als Betriebsprüfer in der Geschützgießerei und der Artilleriewerkstatt Spandau tätig. Nach bestandenem Offizierslehrgang nahm Mickley 1915-1918 im Ersten Weltkrieg als Leutnant an Feldzügen in Flandern, Galizien, Russland, Serbien, Rumänien und der Türkei teil. 1920 legte er das Abitur an der Oberrealschule in Baden-Baden ab und studierte bis 1923 Staats- und Rechtswissenschaften sowie Wirtschaftswissenschaften an der Technischen Hochschule (TH) Karlsruhe, den Universitäten Heidelberg und Würzburg sowie an der Handelshochschule Mannheim. In Würzburg wurde er 1923 zum Doktor der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften und 1926 zum Doktor der Rechtswissenschaft promoviert.

1923-1925 war Mickley Kaufmann bei den Optischen Werken E. Leitz, Zweigwerk Rastatt, bei der Schlossgesellschaft Karlsruhe sowie bei der Reichsbank. Im Oktober 1925 legte er die 1. Staatsprüfung für das höhere Lehramt an badischen Handelsschulen ab und wurde als Handelsschulpraktikant angenommen. Nebenbei arbeitete er als Betriebsprüfer bei der Maschinenbaugesellschaft Karlsruhe. Im November 1927 legte er die 2. Staatsprüfung ab und 1927-1933 übertrug ihm das badische Kultusministerium die Ausbildung der erwerbslosen Kaufleute, Techniker und Ingenieure in allgemeiner und technischer Betriebswirtschaftslehre (BWL). 1931 trat Mickley in die SS und in die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) ein. In der SS stieg er bis zum Hauptsturmführer auf. In der NSDAP arbeitete er 1933 in deren neu gegründeter Kommission für Wirtschaftspolitik und wurde mit der Abhaltung von Vorlesungen in BWL an der Verwaltungsakademie Baden betraut. Im Februar 1934 wurde Mickley zum Studienrat ernannt. Er erhielt einen Lehrauftrag für BWL an der TH Karlsruhe und wurde im Juli 1935 wissenschaftlicher Hilfsarbeiter.

Als einer "unserer aktivsten nat. soz. Hochschullehrer" wurde Mickley im April 1938 von der Fakultät für Allgemeine Wissenschaften auf Betreiben des damaligen Rektors Rudolf Weigel habilitiert. Dagegen hatte sich der Ökonom Rolf Fricke ausgesprochen, da die als Ersatz für eine Habilitationsschrift vorgelegten Betriebsprüfungsgutachten bzw. Wirtschaftlichkeits- und Rentabilitätsrechnungen nicht ausreichend seien und Mickley eigentlich Betriebswissenschaftler und kein Wirtschaftswissenschaftler sei. Im August 1942 folgte die Ernennung Mickleys zum außerplanmäßigen Professor für Betriebswirtschaftslehre an der TH Karlsruhe. Zu diesem Zeitpunkt diente er bereits als Stabsoffizier im Reichsministerium für Bewaffnung und Munition in Berlin und Prag.

Als "entschiedener Aktivist des Nazi-Regimes" wurde Mickley nach Kriegsende von der französischen Militärregierung entlassen. Er siedelte nach München über und wurde 1948 im Rahmen der Entnazifizierung von der Spruchkammer Starnberg als Mitläufer eingestuft. Da der Kammer wegen Mickleys massenhafter Falschangaben in dessen Fragebogen unter anderem seine Mitgliedschaft in der SS nicht bekannt war, wurde das Urteil 1950 aufgehoben und das Verfahren durch die Zentralspruchkammer Württemberg-Baden wieder aufgenommen. Eine dort betriebene Klage als Hauptschuldiger fand wegen Mickleys Tod keinen Abschluss.

René Gilbert 2016

Quellen

GLA 233/25896, 456 E/8059, 465f/1925; KIT-Archiv 21011/286, 21001/1250, 21001/1294, 28002/316.

Werk

Beiträge zum Aufbau industrieller Untersuchungen, Theorien hervortretender wirtschaftlicher Erscheinungen und alternative Konstruktion der Lösung des Arbeitsverteilungsproblems, Diss. Würzburg 1923; Das Firmenrecht im Vergleich zu den generellen und speziellen Schutzgesetzen über den Kaufmann bei dessen Rechtsschutz für den Fall seiner Nichteintragung in das Handelsregister, Diss. Würzburg 1926.

Literatur

Peter Mantel: Betriebswirtschaftslehre und Nationalsozialismus: Eine institutionen- und personengeschichtliche Studie, Wiesbaden 2009, S. 290-297.