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De:Lexikon:bio-1490

Wladimir Zabotin, 1923, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS oIV 456 (Ausschnitt).

Wladimir Lukianowitsch von Zabotin

Maler, * 19. Juli 1884 Buschinka-Niemerowskaja/Ukraine, † 23. November 1967 Karlsruhe, ∞ 1. 1928 Adelheid (Heide) Rosin († 1948), 2. 1965 Emma Bertha Wahl, geb. Müller, 1 Sohn, 2 Töchter.

Nach dem Abitur studierte Wladimir Lukianowitsch von Zabotin, Sohn adliger Gutsbesitzer, an der Hochschule Kiew Bauingenieurwesen und besuchte nebenbei die dortige Staatliche Kunstschule. Als die Lehranstalten infolge revolutionärer Unruhen 1905 geschlossen wurden, verließ Zabotin Russland und kam nach Aufenthalten in Brüssel, Paris und Rom im März 1906 nach Karlsruhe. Hier begann er sogleich ein Architekturstudium an der Technischen Hochschule (heute Karlsruher Institut für Technologie, KIT), welches er im Winter 1908/09 zugunsten der Malerei endgültig aufgab. Seit 1907 besuchte er bereits den Abendakt an der Großherzoglich Badischen Akademie der bildenden Künste, an der er zum Herbst 1908 offiziell das Studium aufnahm. Seine Lehrer waren Ernst Schurth, Friedrich Fehr, Caspar Ritter und zuletzt Wilhelm Trübner, der mit seinem 'impressionistischen' Pinselduktus und der reduzierten Farbpalette Zabotins Entwicklung entscheidend prägte.

Zu Beginn des Ersten Weltkriegs im Sommer 1914 wurde Zabotin aufgrund seiner russischen Nationalität in einem Lager in Donaueschingen interniert. Durch das Engagement Trübners kehrte er nach sechswöchiger Haft nach Karlsruhe zurück und war von nun an freischaffend tätig. Akt und Porträt, die bereits während der Akademiezeit im Vordergrund standen, dominierten auch weiterhin sein Kunstschaffen, wobei Figurenbilder und Landschaften gelegentlich hinzutraten. Neben diesen klassischen Sujets setzte etwa von 1917-1921 eine Phase des Experimentierens ein, in der erste gegenstandlose Arbeiten entstanden. Auch die Gründung der Gruppe "Rih" 1919 durch Zabotin und seine sechs ehemaligen Studienfreunde Walter Becker, Egon Itta, Oskar Fischer, Rudolf Schlichter, Georg Scholz und Eugen Segewitz, der allerdings nur eine kurzer Dauer beschieden war, gehörte dieser Periode an wie auch die beiden mit dem Bildhauer Karl Wahl 1920 gemeinsam entwickelten Wettbewerbsentwürfe für ein Gefallenen- und ein Fliegeropferdenkmal auf dem Karlsruher Hauptfriedhof, welche die Sinnlosigkeit und Brutalität des Kriegs schonungslos aufzeigten.

In den 1920er-Jahren avancierte Zabotin durch zahlreiche Ausstellungsbeteiligungen und Museumsankäufe zu einem führenden Porträtisten in Südwestdeutschland. Beim Wettbewerb "Selbstbildnisse badischer Künstler" erhielt er 1930 gemeinsam mit Wilhelm Martin, Willi Müller-Hufschmid und Ernst Würtenberger den Badischen Staatspreis. Seit 1933 wurde Zabotin durch das NS-Regime öffentlich diffamiert und mit Ausstellungs- und Verkaufsverbot belegt. Bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs musste er, der nach langer Staatenlosigkeit seit 1938 einen polnischen Pass besaß, über die Schweiz nach Italien fliehen, wo seit 1935 seine als Jüdin verfolgte Frau mit dem Sohn lebte. Mit dem Kriegseintritt Italiens wurde die Familie zunächst getrennt und dann zusammen bis zur Befreiung durch die Alliierten 1943 in verschiedenen Lagern interniert. Im Sommer 1944 konnten sie in die USA emigrieren, erhielten 1946 die amerikanische Staatsbürgerschaft und ließen sich in New York nieder.

Existenziell und künstlerisch zutiefst verunsichert, fühlte er sich für eine von Oskar Gehrig 1947 inoffiziell angetragene Professur an der Karlsruher Kunstakademie überfordert. Nach siebenjähriger Pause begann er 1947 wieder Landschaften, Porträts und abstrakte Kompositionen zu malen. Da er in den USA nicht heimisch wurde, kehrte er 1956 nach Karlsruhe zurück. In der Amalienstraße 36 richtete er sich ein bescheidenes Atelier ein, in dem er bis zu seinem Tode gegenständlich und abstrakt arbeitete.

Katja Förster 2016

Literatur

Annette Ludwig: Wladimir von Zabotin. 1884-1967, hrsg. vom Bezirksverband Bildender Künstler Karlsruhe, Karlsruhe 1994.