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Nutzbrunnen der städtischen Wasserversorgung

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Brunnen an der Ecke Hirsch- und Amalienstraße, um 1900, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS oXIVb 32.

Nutzbrunnen der städtischen Wasserversorgung

Von 1871 bis 1950er-Jahre in den Straßen der Stadt.

Durch die Inbetriebnahme des ersten städtischen Wasserwerks im Rüppurrer Wald am 17. März 1871, mit dessen Errichtung die Installation eines leistungsfähigen Rohrnetzes im gesamten Stadtgebiet einhergegangen war, wurde die Aufstellung einer größeren Zahl von öffentlichen Nutzbrunnen möglich. Diese so genannten "Hahnenbrunnen" – bis zu Beginn der 1880er-Jahre zählte man circa 60 Stück – standen meist an Straßenecken oder in der Mitte von Straßenabschnitten, wo sie vor allem die umliegenden Anwohner, die noch über keine Hausanschlüsse verfügten, unentgeltlich mit Trinkwasser versorgten.

Der von dem Architekten Franz Gerstner zu diesem Zweck entworfene Nutzbrunnen im charakteristischen Neorenaissancestil der Gründerzeit wurde in der Eisen- und Metallgießerei Seneca serienmäßig produziert. Der Brunnen bestand – bis auf Sockel und Fundament – aus einem gusseisernen pfeilerartigen Brunnenstock, an dessen Stirnseite ein ovales Becken mit zwei waagrechten Eisenstangen zum Abstellen von Behältern vorgelagert war. In dem ornamental verzierten Kassettenfeld oberhalb des Beckens war das Ausflussrohr angebracht, aus dem Wasser floss, sobald man den Hebel an der rechten Seite nach unten drückte. Ließ man diesen wieder los, schloss sich nach kurzer Zeit das Ventil und stoppte die Wasserzufuhr. Im Gegensatz zu den bisherigen Laufbrunnen konnte dadurch der Wasserverbrauch erstmals geregelt werden.

Die rasch ansteigende Zahl von privaten Hausanschlüssen an das öffentliche Trinkwassernetz im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts machte die Brunnen wider Erwarten schnell überflüssig. Die ersten Nutzbrunnen fielen bereits in den 1880er-Jahren Straßenbauarbeiten zum Opfer. Die letzten Exemplare wurden in den 1950er-Jahren aus dem Stadtbild verbannt.

Katja Förster 2012

Literatur

Gerhard Kabierske: Nutzbrunnen der städtischen Wasserversorgung, in: Gerlinde Brandenburger, Manfred Großkinsky, Gerhard Kabierske, Ursula Merkel, Beatrice Vierneisel: Denkmäler, Brunnen und Freiplastiken in Karlsruhe 1715-1945, 2. Aufl. Karlsruhe 1989, S. 287-291 (= Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs Bd. 7), Teil 1 (PDF) und Teil 2 (PDF) zum Download (Zugriff am 2. August 2022); Matthias Maier und Markus Grüber: Von der Einzelwasserversorgung zur netzgebundenen zentralen Trinkwasserversorgung in Karlsruhe – ein entscheidender Schritt zu einer sicheren Trinkwasserhygiene, in: Katja Förster, Markus Gruber, Matthias Maier: Märkte und ihre Brunnen, Karlsruhe 2011, S. 84-87 (= Häuser- und Baugeschichte. Schriftenreihe des Stadtarchivs Karlsruhe Bd. 11).