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Johann (Iwan Michailowitsch) Kuprianoff

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Johann Kuprianoff, Foto aus: Rudolf Plank: Zum 60. Geburtstag von Professor Dr.-Ing. Johann Kuprianoff, in: Kältetechnik 16 (1964), S. 332.

Johann (Iwan Michailowitsch) Kuprianoff

Kälte- und Lebensmitteltechniker, * 7. Dezember 1904 St. Petersburg, † 31. Januar 1971 Karlsruhe, orthodox, ∞ 1. 1938 Annemarie Vietzke o|o 1948, 2. 1949 Maria (Ria) Antonia Elisabeth Kotting, geb. Müller, 1 Sohn, 1 Tochter aus erster Ehe, 1 Sohn aus zweiter Ehe.

Johann Kuprianoff, Sohn einer angesehenen russischen Kaufmannsfamilie, erhielt eine Erziehung und Ausbildung an Privatschulen. 1922 legte er die Reifeprüfung an der deutschen St. Annenschule in St. Petersburg (damals Petrograd) mit Auszeichnung ab und studierte anschließend bis 1924 am Polytechnischen Institut der Stadt Schiffs- und Schiffsmaschinenbau. Wegen seiner nicht-proletarischen Herkunft musste Kuprianoff im Herbst 1924 die Hochschule verlassen. Um das Studium zu beenden, floh Kuprianoff noch im selben Jahr über Finnland nach Deutschland. Kontakt zu seiner Familie durfte er nie mehr aufnehmen.

Sein durch Arbeit in der Fabrik finanziertes Studium des Maschinen- und Apparatebaus sowie der Kältetechnik bei dem ebenfalls aus Russland stammenden Rudolf Plank setzte er 1925 an der Technischen Hochschule (TH) Karlsruhe fort und schloss es 1928 mit der Diplom-Prüfung ab. Bereits 1926 war Kuprianoff Assistent am Kältetechnischen Institut Planks, mit dem ihn nicht nur dasselbe Arbeitsgebiet und mehrere gemeinsame Publikationen, sondern auch eine lebenslange Freundschaft verband. 1931 wurde er bei Plank mit einer Arbeit über Trockeneis promoviert. Im selben Jahr folgte eine gemeinsame Studienreise in die USA.

Die aussichtsreiche wissenschaftliche Laufbahn wurde Kuprianoff nach der Machtübernahme der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) mit der Entlassung wegen seiner Staatenlosigkeit zunichte gemacht. Kuprianoff erhielt von Robert Bosch, der dem Nationalsozialismus distanziert begegnete, im Herbst 1934 eine Stelle als Entwicklungsingenieur in dessen Stuttgarter Unternehmen. 1937 folgte seine Beförderung zum Oberingenieur und Vorstand der Entwicklungs- und Versuchsabteilung für Kühlschränke bei Bosch.

Da Kuprianoff bei Bosch die Möglichkeit freier Forschungsarbeit vermisste, kehrte er 1946 auf Betreiben Planks wieder an die TH Karlsruhe zurück. Unter seiner Mitwirkung und seit 1948 Leitung wurde die Forschungsanstalt für Lebensmittelfrischhaltung wieder aufgebaut und das Aufgabengebiet um Methoden der Haltbarmachung von Lebensmitteln (Pasteurisieren, Trocknen, Bestrahlen) erweitert. Die Zahl der Mitarbeiter stieg von zehn auf 160. 1948 wurde Kuprianoff zum Honorarprofessor an der TH Karlsruhe ernannt. Der damit verbundene Lehrauftrag für Lebensmitteltechnik ermöglichte ihm die Etablierung der in Deutschland neuen Studienrichtung Lebensmitteltechnik. 1961 wurde er der erste Inhaber des Lehrstuhls für Technologie der Lebensmittelverarbeitung an der TH Karlsruhe. Von 1966 bis zu seinem Tod amtierte er zudem als Direktor des gleichnamigen Universitätsinstituts. Neben der Lehre und seinen eigenen Forschungen wirkte Kuprianoff als Mitherausgeber mehrerer Zeitschriften und Mitglied in auch internationalen wissenschaftlichen Gremien.

Für seine Arbeit erhielt Kuprianoff mehrere Auszeichnungen im In- und Ausland, darunter die Carl-von-Linde-Medaille des Deutschen Kältetechnischen Vereins (1956), die Ernennung zum Kommandeur Ordre du Mérite pour la Recherche et l’Invention (1960) sowie die Medaille Fédération Nationale de Syndicats des Industries de l’Alimentation des Verbands der französischen Lebensmittelindustrie (1961), die Aufnahme in die Heidelberger Akademie der Wissenschaften (1962), das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland und die Ehrendoktorwürde der TH Stuttgart (beide 1970).

René Gilbert 2015

Quellen

KIT-Archiv 21011/877, 28002/267, 28102 (Sammlung Johann Kuprianoff).

Werk

Die thermischen Eigenschaften der Kohlensäure im gasförmigen, flüssigen und festen Zustand (= Beihefte zur Zeitschrift für die gesamte Kälte-Industrie, 1929, Reihe 1, Heft 1); Über die Herstellung von fester Kohlensäure, Diss. Karlsruhe 1931; Haushaltskältemaschinen und kleingewerbliche Kühlanlagen, 1934; Die Kleinkältemaschine (mit Rudolf Plank), 1948; Forschung und Lehre auf dem Gebiet der Lebensmitteltechnik, in: Verein Deutscher Ingenieure 92 (1950), S. 977-980; Entstehungsgeschichte und Aufgaben der Bundesforschungsanstalt auf dem Gebiet der Lebensmittelfrischhaltung, in: Forschungsanstalten des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Bonn 1952, S. 143-146; Technische Probleme beim Gefrieren von Fischen, in: Kältetechnik 7 (1955), S. 215-223; Der Einfluss der Temperatur und Lagerdauer auf die Gefrierveränderungen von Lebensmitteln, in: Kältetechnik 8 (1956), S. 102-107.

Literatur

Rudolf Plank: Zum 60. Geburtstag von Professor Dr.-Ing. Johann Kuprianoff, in: Kältetechnik 16 (1964), S. 331-333; Johannes Friedrich Diehl: Johann Kuprianoff 1904–1971, in: Zeitschrift für Ernährungswissenschaft 10 (1971), S. 277-279; Klaus Schäfer: Nachruf Johann Kuprianoff, in: Jahrbuch der Heidelberger Akademie der Wissenschaften für das Jahr 1972, Heidelberg 1973, S. 53-55; Alexander Kipnis: Kuprianoff, Johann, in: Baden-Württembergische Biographien Bd. V, hrsg. von Fred L. Sepaintner, Stuttgart 2013, S. 232-234.