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De:Lexikon:bio-0191: Unterschied zwischen den Versionen

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Nach dem Besuch des humanistischen <lex id="ins-1219">Gymnasiums</lex> in Karlsruhe begann der Sohn eines Karlsruher Kaufmanns 1902 das Studium der Architektur in Berlin und Karlsruhe, ohne es zu beenden. 1906 nahm er die Familientradition auf - sein Großvater war Kirchenbaumeister und Schüler von Karl Friedrich Schinkel - und baute in Peggau/Steiermark seine erste Kirche. Die geglückte Kombination von Ökonomie und Funktionalität brachte ihm weitere Aufträge für den Bau von Kirchen. Seit 1906 lebte Bartning frei schaffend in Berlin.
Nach dem Besuch des humanistischen <lex id="ins-1219">Gymnasiums</lex> in Karlsruhe begann der Sohn eines Karlsruher Kaufmanns 1902 das Studium der Architektur in Berlin und Karlsruhe, ohne es zu beenden. 1906 nahm er die Familientradition auf - sein Großvater war Kirchenbaumeister und Schüler von Karl Friedrich Schinkel - und baute in Peggau/Steiermark seine erste Kirche. Die geglückte Kombination von Ökonomie und Funktionalität brachte ihm weitere Aufträge für den Bau von Kirchen. Seit 1906 lebte Bartning frei schaffend in Berlin.


In den politischen und sozio-ökonomischen Um- und Aufbrüchen der Jahre nach dem <lex id="ereig-0068">Ersten Weltkrieg</lex> nahm Bartning in Berlin als Gründungsmitglied des Arbeitsrates für Kunst zusammen mit unter anderen <lex id="bio-0775">Walter Gropius</lex> und Bruno Taut eine wichtige Stellung in der Neuorientierung der Kunst in Deutschland ein. Mit seinem Entwurf der Sternkirche 1922 und dem Bau der Montage-Stahlkirche in Köln 1928 setzte Bartning Maßstäbe in der Frage moderner Raumdispositionen und dem Einsatz neuer, industriegerechter und ökonomischer Materialien im Kirchenbau. Seine Erfahrungen flossen in die <lex id="ins-1245">Markuskirche</lex> (1934/35) in Karlsruhe ein. Hier befindet sich auch die 1960 eingeweihte von ihm geplante <lex id="ins-1246">Thomaskirche</lex>. Dem hohen Bedarf an neuen Kirchen nach dem <lex id="ereig-0074">Zweiten Weltkrieg</lex> antwortete Bartning als Leiter der Bauabteilung des Evangelischen Hilfswerks in Neckarsteinach mit seinem bekannten, ab 1948 umgesetzten Notkirchenprogramm. Es entstanden 47 Bauten aus vorgefertigten Holzkonstruktionen und Trümmermaterial, der erste in Pforzheim.
In den politischen und sozio-ökonomischen Um- und Aufbrüchen der Jahre nach dem <lex id="ereig-0068">Ersten Weltkrieg</lex> nahm Bartning in Berlin als Gründungsmitglied des Arbeitsrates für Kunst zusammen mit unter anderen <lex id="bio-0775">Walter Gropius</lex> und Bruno Taut eine wichtige Stellung in der Neuorientierung der Kunst in Deutschland ein. Mit seinem Entwurf der Sternkirche 1922 und dem Bau der Montage-Stahlkirche in Köln 1928 setzte Bartning Maßstäbe in der Frage moderner Raumdispositionen und dem Einsatz neuer, industriegerechter und ökonomischer Materialien im Kirchenbau. Seine Erfahrungen flossen in die <lex id="ins-1245">Markuskirche</lex> (1934/35) in Karlsruhe ein. Hier befindet sich auch die 1960 eingeweihte von ihm geplante <lex id="ins-1246">Thomaskirche</lex>. Dem hohen Bedarf an neuen Kirchen nach dem <lex id="ereig-0074">Zweiten Weltkrieg</lex> antwortete Bartning als Leiter der Bauabteilung des Evangelischen Hilfswerks in Neckarsteinach mit seinem bekannten, ab 1948 umgesetzten Notkirchenprogramm. Es entstanden 47 Bauten aus vorgefertigten Holzkonstruktionen und Trümmermaterial, der erste in Pforzheim. 1949 wurde die Friedenskirche im Stadtteil Weiherfeld als Notkirche errichtet.


Nachdem Bartning ab 1926 die Nachfolgeinstitution des Staatlichen Bauhauses in Weimar, die Staatliche Bauhochschule, vier Jahre geleitet hatte, wurde er aus politischen Gründen entlassen. Als einer der maßgeblichen Erneuerer der deutschen Architektur war Βartning konservativen Kreisen, darunter der an der Landesregierung beteiligten <lex id="ins-0324">Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP)</lex>, suspekt. Seine Modernität war konsequent und umfassend, sie schloss auch seine Wohnbauten (Einfamilienhäuser und Siedlungsbauten), Fabriken und Verwaltungsgebäude - insgesamt rund 270 Bauten - mit ein. Als Präsidiumsmitglied des wiedergegründeten Werkbundes, als Präsident des Bundes Deutscher Architekten (1950-1959) und als Vorsitzender des Planungsausschusses der INTERBAU in Berlin 1957 hatte er maßgeblichen Einfluss auf die deutsche Nachkriegsarchitektur.
Nachdem Bartning ab 1926 die Nachfolgeinstitution des Staatlichen Bauhauses in Weimar, die Staatliche Bauhochschule, vier Jahre geleitet hatte, wurde er aus politischen Gründen entlassen. Als einer der maßgeblichen Erneuerer der deutschen Architektur war Βartning konservativen Kreisen, darunter der an der Landesregierung beteiligten <lex id="ins-0324">Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP)</lex>, suspekt. Seine Modernität war konsequent und umfassend, sie schloss auch seine Wohnbauten (Einfamilienhäuser und Siedlungsbauten), Fabriken und Verwaltungsgebäude - insgesamt rund 270 Bauten - mit ein. Als Präsidiumsmitglied des wiedergegründeten Werkbundes, als Präsident des Bundes Deutscher Architekten (1950-1959) und als Vorsitzender des Planungsausschusses der INTERBAU in Berlin 1957 hatte er maßgeblichen Einfluss auf die deutsche Nachkriegsarchitektur.

Version vom 9. März 2016, 10:48 Uhr

Otto-Bartning-Archiv, TU Darmstadt.

Otto Bartning

Architekt, * 12. April 1883 Karlsruhe, † 20. Februar 1959 Darmstadt, ev., ∞ 1909 Clara Fuchs, 3 Kinder.

Nach dem Besuch des humanistischen Gymnasiums in Karlsruhe begann der Sohn eines Karlsruher Kaufmanns 1902 das Studium der Architektur in Berlin und Karlsruhe, ohne es zu beenden. 1906 nahm er die Familientradition auf - sein Großvater war Kirchenbaumeister und Schüler von Karl Friedrich Schinkel - und baute in Peggau/Steiermark seine erste Kirche. Die geglückte Kombination von Ökonomie und Funktionalität brachte ihm weitere Aufträge für den Bau von Kirchen. Seit 1906 lebte Bartning frei schaffend in Berlin.

In den politischen und sozio-ökonomischen Um- und Aufbrüchen der Jahre nach dem Ersten Weltkrieg nahm Bartning in Berlin als Gründungsmitglied des Arbeitsrates für Kunst zusammen mit unter anderen Walter Gropius und Bruno Taut eine wichtige Stellung in der Neuorientierung der Kunst in Deutschland ein. Mit seinem Entwurf der Sternkirche 1922 und dem Bau der Montage-Stahlkirche in Köln 1928 setzte Bartning Maßstäbe in der Frage moderner Raumdispositionen und dem Einsatz neuer, industriegerechter und ökonomischer Materialien im Kirchenbau. Seine Erfahrungen flossen in die Markuskirche (1934/35) in Karlsruhe ein. Hier befindet sich auch die 1960 eingeweihte von ihm geplante Thomaskirche. Dem hohen Bedarf an neuen Kirchen nach dem Zweiten Weltkrieg antwortete Bartning als Leiter der Bauabteilung des Evangelischen Hilfswerks in Neckarsteinach mit seinem bekannten, ab 1948 umgesetzten Notkirchenprogramm. Es entstanden 47 Bauten aus vorgefertigten Holzkonstruktionen und Trümmermaterial, der erste in Pforzheim. 1949 wurde die Friedenskirche im Stadtteil Weiherfeld als Notkirche errichtet.

Nachdem Bartning ab 1926 die Nachfolgeinstitution des Staatlichen Bauhauses in Weimar, die Staatliche Bauhochschule, vier Jahre geleitet hatte, wurde er aus politischen Gründen entlassen. Als einer der maßgeblichen Erneuerer der deutschen Architektur war Βartning konservativen Kreisen, darunter der an der Landesregierung beteiligten Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP), suspekt. Seine Modernität war konsequent und umfassend, sie schloss auch seine Wohnbauten (Einfamilienhäuser und Siedlungsbauten), Fabriken und Verwaltungsgebäude - insgesamt rund 270 Bauten - mit ein. Als Präsidiumsmitglied des wiedergegründeten Werkbundes, als Präsident des Bundes Deutscher Architekten (1950-1959) und als Vorsitzender des Planungsausschusses der INTERBAU in Berlin 1957 hatte er maßgeblichen Einfluss auf die deutsche Nachkriegsarchitektur.

Neben der Ehrendoktorwürde der Technischen Hochschule Aachen erhielt Bartning zahlreiche Auszeichnungen darunter das Große Bundesverdienstkreuz mit Stern 1953/58.

Arthur Mehlstäubler 2012

Quellen

Otto-Bartning-Archiv der TU Darmstadt; StadtAK Nachlass Otto Bartning.

Werk

Vom neuen Kirchbau, Berlin 1919; Oskar Beyer (Hrsg.): Otto Bartning in kurzen Worten. Aus Schriften und Reden des Architekten, Hamburg 1954.

Literatur

Jürgen Bredow/Helmut Lerch: Materialien zum Werk des Architekten Otto Bartning, Darmstadt 1983; Michael Koch/Hans Leopold Zollner: Bartning, Otto, in: Badische Biographien NF, Bd. II, hrsg. von Bernd Ottnad, Stuttgart 1987, S. 14-16.