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Rainer Maria Gerhardt

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Rainer Maria Gerhardt, 1954, Foto: Bernd Kirsch, Mannheim.

Rainer Maria Gerhardt

Übersetzer, Verleger, Dichter, * 9. Februar 1927 Karlsruhe, † 27. Juli 1954 Karlsruhe, kath., ∞ 1948 Renate Schlothauer, 2 Söhne.

Rainer Maria Gerhardt machte in Karlsruhe nach dem Besuch der Volksschule bei der Karlsruher Lebensversicherung eine Ausbildung zum Versicherungskaufmann. Als das Haus in der Stephanienstraße, in dem er bei seiner Großmutter wohnte, 1942 ausgebombt wurde, ging Gerhardt nach Wien zu seinem Onkel, dem berühmten Komponisten und Alban-Berg-Schüler Hans Erich Apostel. Sein Vater, der aus dem Elsass stammende Maler und Graphiker Julius Gerhardt, war nach zehn Jahren in der Heilanstalt Illenau/Achern 1940 gestorben, seine Mutter, aus jüdischer Familie, lebte in Berlin. In Wien schloss Gerhardt seine Ausbildung ab. Er wurde zum Reichsarbeitsdienst eingezogen, machte 1946 am Schottengymnasium in Wien sein Abitur und ging danach nach Freiburg i. Br., wo er sich als Gasthörer an der Universität einschrieb.

In Freiburg, ab 1952 auch in Karlsruhe, versuchte er mit seinen Büchern und seiner Zeitschrift "fragmente", die zuerst auf Matritzen abgezogen, später in zwei Ausgaben gedruckt wurde, den Deutschen die französische und amerikanische Lyrik-Avantgarde nahezubringen. Mit seiner Frau Renate zusammen übersetzte er unter anderem Ezra Pound, Robert Creeley, Charles Olson und Aimée Césaire. In kleinformatigen Broschüren verlegte er eigene Texte und Titel von Claus Bremer, Wolfgang Weyrauch, Claire Goll und Ezra Pound. Mit dem amerikanischen Verleger Jonathan Williams zusammen druckte er in Stuttgart und Karlsruhe-Durlach Bücher von Charles Olson und Kenneth Patchen.

Gerhardt wohnte stets in ärmlichen Verhältnissen, in einer kleinen Wohnung in Freiburg, danach auf einem Zeltplatz und im Hotel "Rotes Haus" in Karlsruhe, kurz vor seinem Tod bezog er eine Wohnung im ersten Hochhaus Karlsruhes am Entenfang in Karlsruhe. Seine Bemühungen, als Featureschreiber beim SWR oder beim Berliner Ensemble eine Stelle zu bekommen, scheiterten ebenso wie sein Versuch, nach Amerika oder Frankreich auszuwandern. Finanziell ruiniert und von der Erfolglosigkeit seiner verlegerischen und dichterischen Bemühungen überzeugt, beging er im Juli 1954 Selbstmord.

Georg Patzer 2016

Werk

der tod des hamlet, Freiburg 1950; umkreisung, Karlsruhe 1952; Herausgeber: FRAGMENTE. blätter für freunde. Ausgaben 1 – 6, Freiburg o. J.; Herausgeber: fragmente. internationale revue für moderne dichtung, Ausgaben 1 und 2, Freiburg 1951.

Literatur

Franz Josef Knape: "... zugeritten in manchen Sprachen ...". Über Werk und Wirkung des Dichters und Vermittlers Rainer Maria Gerhardt, Würzburg 1995; Uwe Pörksen: Wenn einer dafür lebt was Dichtung ist. Rainer Maria Gerhardts Fragmente, Warmbronn 2002; Georg Patzer: "... hier noch unbekannt...". Rainer Maria Gerhardt in Karlsruhe, Marbach 2011.