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Heinrich Vierordt

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Heinrich Vierordt, um 1910, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS oIII 1745.

Heinrich Vierordt

Schriftsteller, Heimatdichter, * 1. Oktober 1855 Karlsruhe, † 17. Juni 1945 Triberg/Schwarzwald-Baar-Kreis, ∞ 1895 Anna Helbing, 1 Tochter.

Als ältester von vier Söhnen eines badischen Offiziers wurde Heinrich Vierordt in Karlsruhe im Haus Waldstraße 48 geboren. Sowohl sein Vater als auch sein Großvater, der Bankier und Stifter des Vierordtbades, hießen Heinrich Vierordt. Nach dem Besuch der Volksschule in Karlsruhe wechselte Vierordt nach der Versetzung seines Vaters auf die höhere Schule in Konstanz. Die Familie kehrte jedoch schon bald nach Karlsruhe in das eigene Haus in der Ritterstraße 24 zurück. Vierordts schulische Leistungen waren schlecht, er musste mehrmals Klassen wiederholen und legte 1877 das Abitur ab. Als Belohnung durfte er eine Reise durch England und Schottland unternehmen. Seinen einjährigen Militärdienst absolvierte Vierordt beim Badischen Leibgrenadierregiment Nr. 109.

Das 1878 begonnene Studium der Germanistik in Heidelberg, Leipzig und Berlin schloss Vierordt 1882 mit der Promotion ab. Das Erbe seines Großvaters erlaubte ihm danach Reisen durch Skandinavien, Frankreich, Italien und Griechenland sowie ein Dasein als Schriftsteller. Er durchwanderte europäische Landschaften ebenso wie die seiner Heimat Deutschland und Baden, die er in zahlreichen Gedichten pries. So "Ans Land Baden" (1890), das nach 1933 von Franz Philipp vertont wurde und über 1945 hinaus neben dem Badnerlied eine besondere Identifikationsfunktion bekam. Mit seinen idyllisierenden, heimattümelnden, ort- und zeitlosen Mythen, sehnsuchtsvollen vormodernen Reimen, scheinbar ohne Gegenwartsbezug, entsprach Vierordt dem konservativen wilhelminischen Zeitgeist seines überwiegend bürgerlichen Publikums. Auch nach den Zeitenumbrüchen 1918 und 1945 fand seine Dichtung positiven Widerhall, nicht zuletzt aus dem Bestreben, Heimat und Sagen als zeitlos, frei von politischen Konflikten zu verklären. Vierordt pflegte Kontakte mit mehreren Künstlern und Dichtern wie Heinrich Hansjakob, Victor von Scheffel oder Anton von Werner. Zu seinem 50. Geburtstag wurde ihm von Großherzog Friedrich I. der Titel eines Hofrats verliehen.

Vierordt identifizierte sich von Beginn an mit dem nationalsozialistischen Deutschland. Lobgedichte wie 1938 auf Adolf Hitler "Du bist mehr als König und Kaiser", wurden nach 1945 von seinen Verehrern mit altersbedingtem Nachlassen seiner geistigen Kräfte entschuldigt. Tatsächlich zeigt sich bei Vierordt über eine längere Schaffenszeit ein Nationalismus gepaart mit Vernichtungsfantasien, die mit der NS-Ideologie kompatibel waren. 1933 hielt er nach der badischen Bücherverbrennung in der so genannten zweiten kulturellen Kampfwoche die Eröffnungsrede mit einer Lobpreisung Hitlers. Landesweit und international Aufsehen erregt hatte bereits 1914 sein zum brutalen Morden der Kriegsgegner Deutschlands aufrufendes Gedicht "Deutschland jetzt hasse mit eisigem Blut". Das Badische Rote Kreuz wollte die Verse nicht auf einer Karte für Spenden zugunsten Verwundeter verwenden, um sich nicht zu desavouieren.

Durch die Inflation in den frühen 1920er-Jahren verlor Vierordt sein Vermögen und lebte in der Folge zurückgezogen in der Karlsruher Westendstraße 44 (heute Reinhold-Frank-Straße). 1942 wurde seine Wohnung durch einen Bombenangriff zerstört. Er fand Zuflucht im Hotel Post in Hornberg, bis dieses bei Bombenangriffen am 8./9. Februar 1945 zerstört und er dabei verletzt wurde. Obdachlos gelangte er nach Triberg, wo sich sein Gesundheitszustand rasch verschlechterte. Heinrich Vierordt starb im Krankenhaus Triberg und wurde auf dem dortigen Bergfriedhof beigesetzt.

An seinem Geburtshaus in der Waldstraße 48 wurde anlässlich seines 80. Geburtstages 1935 eine Gedenktafel angebracht und 1974 wurde die Vierordtstraße in Palmbach, wo er häufig bei Bekannten zu Gast war, nach ihm benannt. Die 1925 zusammen mit dem Kriegerdenkmal durch die Gemeinde Palmbach in der Ortsmitte aufgestellte Vierordt-Bank mit der Inschrift "Was knochig kernhaft erdenstark - das sprießt aus deutschen Bauernmark" befindet sich inzwischen zusammen mit dem Gefallenenmal auf dem Palmbacher Friedhof.

René Gilbert/Jürgen Schuhladen-Krämer 2017

Werk

Akanthusblätter - Dichtungen aus Italien und Griechenland, Heidelberg 1888; Vaterlandsgesänge, Heidelberg 1890; Badisches Heimatbüchlein, Heidelberg 1925; Das Buch meines Lebens, Stuttgart 1925 (Autobiographie); Aus dem Schattenspiel meines Lebens (Das Buch meines Lebens II. Folge), Heidelberg 1935.

Literatur

Gustav Faber: Heinrich Vierordt, in: Badische Biographien NF, Bd. II, hrsg. von Bernd Ottnad, Stuttgart 1987, S. 288-290; Reiner Haehling von Lanzenauer: Der vergessene Dichter Heinrich Vierordt, in: Die Ortenau, Heft 74 (1994), S. 507–514; Albert Herzog: Ihr glücklichen Augen – Ein Karlsruher Journalist erzählt aus seinem Leben, Karlsruhe 2008, S. 135-138; Johannes Werner: Ein schreckliches Gedicht. Wie Heinrich Vierordt in die Weltliteratur geriet, in: Badische Heimat, Heft 97 (2017), S. 76-79.