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Otto Johannes Kienscherf

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Otto Johannes Kienscherf, 1949, Stadtarchiv Karlsruhe 8/BA Schmeiser 8629.

Otto Johannes Kienscherf

Schauspieler, Regisseur, Dramaturg, * 7. April 1868 Magdeburg, † 11. Januar 1957 Hannover, ev., ∞ 1899 Margarete Helene Leibe, 1 Sohn, 2 Töchter.

Otto Johannes Kienscherf verbrachte sein erstes Lebensjahrzehnt im pommerschen Stettin, wo sein Vater Erster Waldhornist im Stettiner Stadtorchester war. Nach Schulbesuchen an den Höheren Knabenschulen Stettin (1874-1878) und Berlin (1878-1880) und der Französischen Schule Stettin (1880-1885) absolvierte Kienscherf auf väterlichen Wunsch von 1885-1888 eine Ausbildung zum Handlungsgehilfen in einem Stettiner Herrenbekleidungsgeschäft. Nach kurzer Tätigkeit als Angestellter in einem Berliner Konfektionshaus begann Kienscherf seiner wahren Leidenschaft nachzugehen und ließ sich an der Hochschule für dramatische Kunst in Berlin bei dem bedeutenden Mimen Josef Kainz zum Schauspieler ausbilden.

Bis Mitte der 1890er-Jahre folgten Engagements an einer Wanderbühne in Sachsen und an den Theatern in Krefeld, Wesel, Burg, Solingen, Lodz (Łódź), Essen, Gera und Bremerhaven. Von 1890-1894 gab Kienscherf zudem in den Sommerspielzeiten in Magdeburg den Bonvivant und Ersten Helden. 1895 erhielt Kienscherf seine erste feste Stelle am Stadttheater Leipzig (bis 1898). Auf den aufstrebenden Darsteller wurden auch die deutschen Theater in Milwaukee und Chicago aufmerksam, die ihn für die Spielzeit 1898/99 engagierten. Während dieser Zeit hatte er Gastspiele in New York und St. Louis.

Zurück in Deutschland, verpflichtete das Residenztheater in Wiesbaden Kienscherf bis 1905. Nach weiteren drei Jahren als Oberregisseur des Schauspiels am Kölner Stadttheater wechselte Kienscherf 1908 an das Großherzoglich Badische Hoftheater, wo er zu einer der wichtigsten Theaterpersönlichkeiten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde. Zunächst als Oberspielleiter und Schauspieler, ab 1919 als Chefdramaturg und Schauspieler trug Kienscherf maßgeblich zur Hochphase des Karlsruher Theaterlebens der Weimarer Zeit bei. Er profitierte dabei von dem festen und gut eingespielten Ensemble, dem seinerzeit so bekannte Namen wie Alwine Müller, Marie Genter, Hugo Höcker oder Paul Müller angehörten. Kienscherf, der der NSDAP nicht angehörte, blieb dem Theater auch nach seiner Pensionierung 1932 mit Zeitverträgen bis 1944 verbunden.

Bereits 1924 mit dem Titel Staatsschauspieler geehrt, wurde Kienscherf 1948 anlässlich seines 80. Geburtstags zum Ehrenmitglied des Badischen Staatstheaters ernannt. In der Nachkriegszeit trat er in unregelmäßigen Abständen weiter auf, zuletzt im Mai 1951 als Landmann Itel Reding in Schillers Wilhelm Tell.

Neben seiner Tätigkeit für das Theater betätigte sich Kienscherf auch als Schriftsteller, dessen Werke in Karlsruher Tageszeitungen abgedruckt wurden. Zudem war er an der Ausbildung des Schauspielnachwuchses beteiligt und als Obmann der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger tätig, für die er sich für eine Verbesserung der sozialen Absicherung seiner Kollegen sowie für eine Erhöhung der Tarifverträge einsetzte. Sein diesbezügliches Engagement wurde von der Genossenschaft mit der Verleihung der goldenen Ehrennadel honoriert.

Kienscherf starb 1957 in Hannover, wohin er aus familiären Gründen zwei Jahre zuvor umgesiedelt war. Beigesetzt wurde er, seinem Wunsch gemäß, in Karlsruhe.

René Gilbert 2015

Quellen

GLA 57a/2134, 466/10264, 466-22/13111.

Werk

Der Schauspieler und die Gesellschaft, in: Südwestdeutsche Rundschau – Halbmonatsschrift für deutsche Art und Kunst, Frankfurt a. M. 1 (1901), S. 129-132; Scham wider Kunst, in: Almanach des Badischen Landestheaters Karlsruhe 1926/27, hrsg. im Auftrag der Generaldirektion des Badischen Landestheaters von Werner Hugo Kaufmann, München 1926/27, S. 116-124; Vom künstlerischen Problem des Schauspielers, in: Das Badische Landestheater Karlsruhe. Almanach für das Jahr 1929, hrsg. vom Verlag Theaterkunst – Otto Glenk, München 1929, S. 45-58; Schaubühne und Publikum, in: Badisches Landestheater Karlsruhe. Almanach 1930, hrsg. von Otto Kienscherf und Walther Landgrebe, Karlsruhe 1930, S. 34-38; Hans im Glück, Weihnachtsmärchenspiel, 1938.

Literatur

Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger (Hrsg.): Deutsches Bühnen-Jahrbuch 1958, Hamburg 1958, S. 81; Wilhelm Kosch (Begr.): Artikel Kienscherf, Otto, in: Deutsches Theater-Lexikon, Bd. 2, Klagenfurt 1960, S. 989 f.; Franz Josef Wehinger: Oberspielleiter, Staatsschauspieler Otto Kienscherf (1868-1957). Eine Dokumentation, Karlsruhe 1968; Hansmartin Schwarzmaier: Von Richard Wagner zu Richard Strauss, in: Karlsruher Theatergeschichte. Vom Hoftheater zum Staatstheater, hrsg. vom Badischen Staatstheater Karlsruhe und Generallandesarchiv Karlsruhe, Karlsruhe 1982, S. 78-93, hier S. 81; Hansmartin Schwarzmaier: Vom Hoftheater zum Landestheater, in: ebenda, S. 94-108, hier S. 107 f.; Horst Ferdinand: Kienscherf, Otto, in: Badische Biographien NF Bd. II, hrsg. von Bernd Ottnad, Stuttgart 1990, S. 265-267.