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De:Lexikon:bio-0498

Walther Bensemann 1896, Stadtarchiv Karlsruhe 8/SpoA 1302.

Bensemann, Walther

Fußballpionier, Journalist, * 13. Januar 1873 Berlin, † 12. November 1934 Montreux, jüd.

Bensemann stammte aus einer vermögenden jüdischen Bankiersfamilie in Berlin. Erste Kon-takte zum Fußballspiel erhielt er in der Schweiz, wo er in Montreux als Schüler einer Privat-schule bereits im Jahr 1887 einen Fußballclub gründete. Von dort kam er mit den Eltern nach Karlsruhe und ging auf das Lyceum (heute Bismarck-Gymnasium). Hier gründete er den Karlsruher Footballclub, aus dem 1891 der spätere Deutsche Meister Karlsruher Fußball-verein (KFV) hervorging. Nach dem Abitur 1893 begann er Englisch und Französisch zu stu-dieren, beteiligte sich aber zugleich in Karlsruhe und ganz Süddeutschland maßgeblich an zahlreichen weiteren Vereinsgründungen. Sein Studium litt darunter und schließlich gab er es auf. Verdienste erwarb er sich auch bei der Etablierung des deutschen Fußballs auf internatio-nalem Parkett. Auf sein Betreiben wurde erstmals ein deutsches Fußballteam nach Frankreich eingeladen. Die Mannschaft um Bensemann gewann in Paris gegen den dortigen Meister White Rovers und eine Stadtauswahl. Mit Unterstützung des Berliner Fußballverbandes und der finanziellen Absicherung durch Ivo Schricker, den späteren FIFA-Generalsekretär, ka-men auf seine Initiative auch die ersten drei, damals noch inoffiziellen Länderspiele gegen die Engländer zustande, eines davon am 28. November 1899 auf dem Engländerplatz in Karls-ruhe. Als Delegierter vertrat Bensemann unter anderem den FC Phönix Karlsruhe bei der Gründung des Deutschen Fußballbundes (DFB) am 28. Januar 1900 in Leipzig. Um einen Verbandsposten hat sich Bensemann nicht beworben, vielmehr ging er, um seinen Lebensun-terhalt zu verdienen, 1900 als Lehrer zuerst in ein Internat nach Genf und wechselte dann 1901 als Sprach- und Sportlehrer nach England, unter anderem an der Birkenhead School in Liverpool. 1914 wurde Bensemann bei einem Aufenthalt in Deutschland vom Ausbruch des Ersten Weltkrieges überrascht und konnte nicht nach England zurückkehren. Nach Tätig-keiten als Lehrer und Journalist gründete er, der schon seit den 1890er-Jahren Berichte über Fußballspiele verfasst hatte, 1920 die bis heute erscheinende Fußballfachzeitschrift „Kicker“. In ihm sah er ein Symbol der Völkerverständigung durch den Sport. 1928 rief er im Schlosshotel Karlsruhe den Club der Alten (CDA) mit verdienten Fußballpionieren aus ver-schiedenen Ländern, darunter auch Karl Geppert, Ivo Schricker und Friedrich Wilhelm No-he ins Leben. Diese Gründung entsprach Bensemanns internationalem Ansatz, er soll sie kurz vor seinem Tode als seine wichtigste Sportgründung bezeichnet haben.
1933 musste Bensemann vor den Nationalsozialisten in die Schweiz fliehen. Die Verein-nahmung des Sports durch die Nationalsozialisten und der Ausschluss jüdischer Spieler und Funktionäre war für ihn, der mit Fußball „Völkerverständigung, Internationalität und Frie-densidee“ verbunden und eine politische Vereinnahmung des Fußballs immer abgelehnt hatte, ein schwerer Schlag. Die weiteren Exzesse und Verbrechen der Nationalsozialisten erlebte Bensemann allerdings nicht mehr.

Ernst Otto Bräunche 2012

Werk

Walther Bensemann, Fritz Frommel: Deutsche Kampfspiele Berlin 1922, Stuttgart 1922; Bernd-M. Beyer (Hrsg.): „Der König aller Sports“. Walther Bensemanns Fußball-Glossen, Göttingen 2008.

Literatur

Bernd-Michael Beyer: Der Mann, der den Fußball nach Deutschland brachte: das Leben von Walther Bense-mann; ein biografischer Roman, Göttingen 2003.