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De:Lexikon:bio-0506: Unterschied zwischen den Versionen

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Hirsch arbeitete nach dem Krieg in der Firma des Vaters, der Deutschen Signalflaggenfabrik, die er 1931 nach dessen Tode zusammen mit seinem Bruder Max übernahm. Die auf den Vertrieb von Sportartikeln spezialisierte Firma meldete im Februar 1933 vermutlich als Folge der Weltwirtschaftkrise Konkurs an. Beruflich hielt Hirsch sich als Textilvertreter, dann als Hilfsbuchhalter bei den Zellstoff- und Papierfabriken Ettlingen und Maxau bis zu deren <lex id="ereig-0264">"Arisierung"</lex> im Jahr 1938 über Wasser. Wohl nicht zuletzt wegen der ungeheuren seelischen Belastung erkrankte Hirsch Ende 1938 und wurde in einer psychiatrischen Klinik in Bar-Le-Duc in Lothringen behandelt. Um seine christliche Frau Ella und zwei Kinder zu schützen, ließ er sich 1942 scheiden. Von der Deportation der Karlsruhe Juden im Oktober 1940 nach <lex id="ins-1325">Gurs</lex> in Südfrankreich blieb Hirsch dank seiner „Mischehe“ noch verschont, doch am 1. März 1943 wurde Hirsch mit elf anderen Karlsruher Juden nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Die Möglichkeit, mit einem versiegelten Postwagen in die Schweiz zu fliehen, hatte er zuvor nicht genutzt, wohl in Unterschätzung der ihm drohenden Gefahr.
Hirsch arbeitete nach dem Krieg in der Firma des Vaters, der Deutschen Signalflaggenfabrik, die er 1931 nach dessen Tode zusammen mit seinem Bruder Max übernahm. Die auf den Vertrieb von Sportartikeln spezialisierte Firma meldete im Februar 1933 vermutlich als Folge der Weltwirtschaftkrise Konkurs an. Beruflich hielt Hirsch sich als Textilvertreter, dann als Hilfsbuchhalter bei den Zellstoff- und Papierfabriken Ettlingen und Maxau bis zu deren <lex id="ereig-0264">"Arisierung"</lex> im Jahr 1938 über Wasser. Wohl nicht zuletzt wegen der ungeheuren seelischen Belastung erkrankte Hirsch Ende 1938 und wurde in einer psychiatrischen Klinik in Bar-Le-Duc in Lothringen behandelt. Um seine christliche Frau Ella und zwei Kinder zu schützen, ließ er sich 1942 scheiden. Von der Deportation der Karlsruhe Juden im Oktober 1940 nach <lex id="ins-1325">Gurs</lex> in Südfrankreich blieb Hirsch dank seiner „Mischehe“ noch verschont, doch am 1. März 1943 wurde Hirsch mit elf anderen Karlsruher Juden nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Die Möglichkeit, mit einem versiegelten Postwagen in die Schweiz zu fliehen, hatte er zuvor nicht genutzt, wohl in Unterschätzung der ihm drohenden Gefahr.


Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) stiftete 2005 den Julius-Hirsch-Preis, mit dem er an einen von nur zwei jüdischen deutschen Nationalspielern erinnert. Seit dem 15. Mai 2010 erinnert beim ehemaligen KFV-Stadion am Karlsruher Weg eine Stele an die Fußball­tra­­di­tion in Karlsruhe mit dem Gewinn der Deutschen Meister­­schaft des KFV sowie seinen jüdischen Fußball­na­tio­nal­­spie­­lern Julius Hirsch und Gottfried Fuchs aufge­­stellt. Am 14. Mai 2013 beschloss der Karlsruher Gemeinderat die Umbenennung eines Teils des Karlsruher Wegs in Julius-Hirsch-Straße.
Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) stiftete 2005 den Julius-Hirsch-Preis, mit dem er an einen von nur zwei jüdischen deutschen Nationalspielern erinnert. Seit dem 15. Mai 2010 erinnert beim ehemaligen KFV-Stadion am Karlsruher Weg eine Stele an die Fußball­tra­­di­tion in Karlsruhe mit dem Gewinn der Deutschen Meister­­schaft des KFV sowie seinen jüdischen Fußball­na­tio­nal­­spie­­lern Julius Hirsch und Gottfried Fuchs. Am 14. Mai 2013 beschloss der Karlsruher Gemeinderat die Umbenennung eines Teils des Karlsruher Wegs in Julius-Hirsch-Straße.


<div style="text-align:right;">''Ernst Otto Bräunche 2012''</div>
<div style="text-align:right;">''Ernst Otto Bräunche 2012''</div>

Version vom 15. Januar 2016, 14:45 Uhr

Das Innentrio der Altmeister-Mannschaft des KFV: Fritz Förderer, Gottfried Fuchs und Julius Hirsch (von links), 1921, Stadtarchiv Karlsruhe 8/SpoA 1300.

Julius Hirsch

Fußballspieler, * 7. April 1892 Achern/Lkr. Ortenaukreis, † 1943 Auschwitz (am 8. Mai 1945 für tot erklärt), jüd., ∞ 1920 Ella Hauser (ev.), 2 Kinder.

Julius Hirsch wurde als jüngster Sohn des jüdischen Karlsruher Tuchwarenkaufmanns Berthold Hirsch während eines Aufenthaltes seiner Mutter in der Heil- und Pflegeanstalt Illenau bei Achern geboren. Die zweijährige Kaufmannslehre schloss er nach der Mittleren Reife und dem Besuch einer Handelsschule bei der Karlsruher Lederhandlung Freud und Strauss am 1. Oktober 1908 ab, für die er bis zum 22. März 1912 arbeitete.

Noch als Schüler trat Hirsch 1902 in den Karlsruher Fußballverein (KFV) ein, 1909 spielte er in der ersten Mannschaft, an deren Deutscher Meisterschaft 1910 er maßgeblichen Anteil hatte. 1911 erfolgte die Berufung in die Nationalmannschaft. 1913 wechselte er aus beruflichen Gründen nach Fürth zur dortigen Spielvereinigung, mit der er 1914 noch einmal Deutscher Meister wurde. Der Erste Weltkrieg verhinderte weitere nationale und internationale Erfolge. So blieb es bei nur sieben Länderspielen mit vier Toren, alle beim 5:5 gegen Holland am 24. März 1912 erzielt.

Nach dem Kriegsdienst spielte Hirsch wieder kurz bei der Spielvereinigung Fürth, kehrte 1919 zum KFV zurück, wo er aber an seine Vorkriegserfolge nicht mehr anknüpfen konnte. 1923 beendete er seine aktive Laufbahn und blieb für den KFV als Trainer tätig. Als Hirsch erfuhr, dass der KFV zu den Vereinen gehörte, die am 9. April 1933 den neuen NS-Machthabern eilfertig versichert hatten, dass sie Juden ausschließen würden, kam er dem Ausschluss durch seinen Austritt zuvor. Sportlich versuchte Hirsch nun als Trainer im Ausland zu arbeiten, was ihm nur für kurze Zeit im Elsass gelang. In Karlsruhe schloss er sich dem Jüdischen Turnklub 03 an, mit dem er als Aktiver noch einmal eine Meisterschaft gewinnen konnte.

Hirsch arbeitete nach dem Krieg in der Firma des Vaters, der Deutschen Signalflaggenfabrik, die er 1931 nach dessen Tode zusammen mit seinem Bruder Max übernahm. Die auf den Vertrieb von Sportartikeln spezialisierte Firma meldete im Februar 1933 vermutlich als Folge der Weltwirtschaftkrise Konkurs an. Beruflich hielt Hirsch sich als Textilvertreter, dann als Hilfsbuchhalter bei den Zellstoff- und Papierfabriken Ettlingen und Maxau bis zu deren "Arisierung" im Jahr 1938 über Wasser. Wohl nicht zuletzt wegen der ungeheuren seelischen Belastung erkrankte Hirsch Ende 1938 und wurde in einer psychiatrischen Klinik in Bar-Le-Duc in Lothringen behandelt. Um seine christliche Frau Ella und zwei Kinder zu schützen, ließ er sich 1942 scheiden. Von der Deportation der Karlsruhe Juden im Oktober 1940 nach Gurs in Südfrankreich blieb Hirsch dank seiner „Mischehe“ noch verschont, doch am 1. März 1943 wurde Hirsch mit elf anderen Karlsruher Juden nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Die Möglichkeit, mit einem versiegelten Postwagen in die Schweiz zu fliehen, hatte er zuvor nicht genutzt, wohl in Unterschätzung der ihm drohenden Gefahr.

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) stiftete 2005 den Julius-Hirsch-Preis, mit dem er an einen von nur zwei jüdischen deutschen Nationalspielern erinnert. Seit dem 15. Mai 2010 erinnert beim ehemaligen KFV-Stadion am Karlsruher Weg eine Stele an die Fußball­tra­­di­tion in Karlsruhe mit dem Gewinn der Deutschen Meister­­schaft des KFV sowie seinen jüdischen Fußball­na­tio­nal­­spie­­lern Julius Hirsch und Gottfried Fuchs. Am 14. Mai 2013 beschloss der Karlsruher Gemeinderat die Umbenennung eines Teils des Karlsruher Wegs in Julius-Hirsch-Straße.

Ernst Otto Bräunche 2012

Literatur

Ludger Syré: Julius Hirsch, in: Badische Biographien, NF, Bd. V, hrsg. von Bernd Ottnad, Stuttgart 2005, S. 124-126; Gereon Tönnihsen: Julius Hirsch. Ein deutscher Fußballnationalspieler jüdischer Herkunft aus Karlsruhe, Karlsruhe 2008 (= Forschungen und Quellen zur Stadtgeschichte. Schriftenreihe des Stadtarchivs Karlsruhe, Bd. 10); http://www.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/stelen/kfv (Zugriff am 14.1.2016).