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Ludwig Marum


Ludwig Marum um 1925, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS oIII 1284.

Ludwig Marum

Rechtsanwalt, Mitglied des Landtags, Mitglied des Reichstags (Sozialdemokratische Partei Deutschlands), Badischer Minister und Staatsrat, * 5. November 1882 Frankenthal/Pfalz, † 29. März 1934 Konzentrationslager Kislau, freireligiös (jüd. Abstammung), ∞ 1910 Johanna Benedick, 3 Kinder.

Nach dem frühen Tod des Vaters 1889, dem Erben einer Eisenhandlung, besuchte Marum in Bruchsal das Gymnasium; 1900-1904 Jura-Studium in Heidelberg und München; 1908 zweite juristische Staatsprüfung und Niederlassung als Rechtsanwalt in Karlsruhe. Sein Beitritt zur Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) 1904 folgte dem Beispiel anderer Männer jüdischer Herkunft, denen die Erfahrung gesellschaftlicher Zurücksetzung und sozialer Benachteiligung der Juden Antrieb war, sich für die Ziele der Arbeiterbewegung einzusetzen. 1910 wurde Marum Vorsitzender des Badischen Arbeitersängerbundes, 1911-1921 Mitglied des Karlsruher Bürgerausschusses, kurz nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs rückte er für den gefallenen Abgeordneten Ludwig Frank in die Badische Ständeversammlung nach und vertrat seine Fraktion in mehreren Ausschüssen, unter anderem als Vorsitzender der Justizkommission.

Mit dem Ausbruch der Novemberrevolution 1918 nahm Marum eine zentrale Rolle beim Übergang von der Monarchie zur Republik ein. Als Vertreter der Mehrheitssozialdemokratischen Partei Deutschlands (MSPD) wurde er am 10. November Justizminister in der Badischen Vorläufigen Regierung, von Januar bis März 1919 wirkte er bei der Ausarbeitung einer neuen badischen Verfassung mit und von April 1920 bis 1929 war er in der Landesregierung Staatsrat (Minister ohne Portefeuille). Im Landtag übernahm Marum 1919-1928 den Vorsitz der SPD-Fraktion. Am 20. Mai 1928 wurde Marum aufgrund des Reichswahlvorschlags seiner Partei in den Reichstag gewählt und im gleichen Jahr Vorstandsmitglied der badischen Rechtsanwaltskammer.

Marum sah seit Ende der 1920er-Jahre mit seiner Partei in der neuen völkischen Rechten den größten Feind der Demokratie und bestärkte die badische Regierung bei den Verboten gegenüber der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP). In Prozessen gegen deren Mitglieder wie als politischer Redner ließ er die Nazis seinen Spott und seine Verachtung spüren. Nach der NS-Machtübernahme erfolgte am 10. März 1933 die Verhaftung von Marum in seiner Karlsruher Wohnung - fünf Tage nach seiner Wiederwahl in den Reichstag. Damit wurde seine parlamentarische Immunität als Mitglied des Reichstags-Überwachungsausschusses missachtet. Am 16. Mai transportierten die Nazis Marum mit sechs anderen SPD-Funktionären in einer inszenierten "Schaufahrt" in das Konzentrationslager Kislau. Dort wurde er in der Nacht zum 29. März 1934 auf Anweisung des Gauleiters Robert Wagner ermordet. In einem eher seltenen Fall rascher Aufarbeitung und Sühnung eines NS-Verbrechens wurden die vier noch lebenden Tatbeteiligten 1948 zu Haftstrafen verurteilt.

An Marum erinnert in Karlsruhe seit 1946 ein Straßenname, seine Urne ruht seit 1984 in einem Ehrengrab auf dem Hauptfriedhof und seit 1988 vergibt die SPD-Karlsruhe für den Einsatz für Demokratie, Recht und Toleranz den Ludwig-Marum-Preis.

Manfred Koch 2012

Literatur

Monika Pohl: Ludwig Marum. Ein Sozialdemokrat jüdischer Herkunft und sein Aufstieg in der badischen Arbeiterbewegung 1882-1919, Karlsruhe 2003 (= Forschungen und Quellen zur Stadtgeschichte, Schriftenreihe des Stadtarchivs Karlsruhe Bd. 8); Monika Pohl: Ludwig Marum. Gegner des Natio­nal­so­zia­lis­mus. Das Verfol­gungs­schick­sal eines Sozial­de­mo­kra­ten jüdischer Herkunft, Karlsruhe 2013 (= Forschungen und Quellen zur Stadtgeschichte, Schriftenreihe des Stadtarchivs Karlsruhe Bd. 13); Ludwig Marum: Briefe aus dem KZ Kislau, ausgewählt und bearbeitet von Elisabeth Marum-Lunau und Jörg Schadt mit einem Lebensbild von Joachim Wolfgang Storck, 2. durchges. Aufl., Karlsruhe 1988; Ludwig Marum. Das letzte Jahr in Briefen, hrsg. von den Stadt­ar­chi­ven Karlsruhe und Mannheim, Karlsruhe 2016; Die Protokolle der Regierung der Republik Baden, bearbeitet von Martin Furtwängler, S. IX-LXXXIX, S. LXVI-LXVII (= Kabinettsprotokolle von Baden und Württemberg 1918 – 1933 I. Teil, Bd. 2, 1. Teilband).