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Gertrud Hammann

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Foto aus: Barbara Guttmann: "Zwischen Trümmern und Träumen". Karlsruherinnen in Politik und Gesellschaft in der Nachkriegszeit, Karlsruhe 1997, S. 44.

Gertrud Hammann

Erzieherin, Sozialarbeiterin, * 28. Februar 1910 Karlsruhe, † 12. Juni 1990 Karlsruhe, ev., ledig.

Gertrud Hamann war das uneheliche Kind einer Protestantin und eines Juden. Ihr Vater, Besitzer einer Heizungs- und Installationsfirma in Mannheim, entstammte einer jüdisch orthodoxen Familie. Da dies eine Heirat der Eltern ausschloss, kam sie im Alter von 13 Monaten in eine Pflegefamilie nach Heidelberg. Als der Versuch einer Rückkehr zu ihrer leiblichen Mutter 1924 scheiterte, ging Hammann mit 14 Jahren als Haustochter in ein evangelisches Pfarrhaus. 1929 kam sie nach Mannheim an das Mutterhaus für evangelische Kinderschwestern und Gemeindepflege, wo sie 1931 das Examen zur Kindergärtnerin ablegte. Im November 1932 erhielt Hammann die Leitung des Gemeindekindergartens in Neumühl bei Kehl.

Den sozialen Versprechen der Nationalsozialisten stimmte Hammann anfangs zwar zu, fand aber bald zu einer ablehnenden Haltung. Ihre Tätigkeit im Kindergarten konnte sie bis zu einer Denunziation im Sommer 1937, die ihre jüdische Herkunft offenbarte, fortsetzen. Unter Protest eines großen Teils der Neumühler Einwohnerschaft musste sie ihre Arbeit sofort beenden und den Kindergarten schließen. Es folgte eine Bürotätigkeit im Mannheimer Schwesternhaus und eine durch Maßnahmen der örtlichen Gestapo abgebrochene Krankenschwesterausbildung beim Hessischen Diakonieverein in Darmstadt.

Durch Vermittlung von Gemeindemitgliedern in Neumühl gelangte Hammann im Sommer 1938 zu einer elsässischen Familie in Montpellier als Haushaltshilfe und Sprachlehrerin. Im Oktober 1938 begann sie am dortigen Konservatorium ein Gesangsstudium. Nach der Besetzung Frankreichs im Mai 1940 wurde Hammann zunächst ins Lager Lodére gebracht, von wo aus sie einige Wochen später ins Lager Gurs deportiert wurde. Dort kümmerte sie sich um an Ruhr erkrankte Kinder. Der Leiter des Konservatoriums in Montpellier erreichte, dass Hammann im Dezember 1940 das Lager Gurs verlassen und ihr Studium wieder aufnehmen konnte. Am Konservatorium erwarb sie mehrere Zertifikate und studierte an der Universität Montpellier Erziehungswissenschaften.

1947 kehrte Hammann nach Deutschland zurück, wo ihr französisches Diplom als Sprachlehrerin nicht anerkannt wurde. Im Frühjahr 1948 legte Hammann an der Evangelischen Sozialen Frauenschule Freiburg das Staatsexamen ab und arbeitete anschließend als Fürsorgerin des Hilfswerks der evangelischen Landeskirche Baden in Offenburg, wo sie Flüchtlinge und Vertriebene betreute. Die Stelle als Landesfürsorgerin beim Evangelischen Oberkirchenrat in Baden führte Hammann 1949 nach Karlsruhe. Hier wirkte sie an der Wiederbelebung der evangelischen Jugendverbandsarbeit mit. 1955 übernahm sie die Geschäftsführung des Frauenwerks der evangelischen Landeskirche in Baden.

Bis zu ihrer Pensionierung 1971 prägte sie bis heute wirkende Strukturen und Arbeitsweisen der evangelischen Frauenarbeit in Baden. Zur Mitwirkung von Frauen in Kirche und Gesellschaft veranstaltete sie Schulungen für Kirchenälteste und staatsbürgerliche Seminare. Diesen Aufgaben blieb sie auch nach ihrer Pensionierung verbunden und bot zudem kunstgeschichtliche Freizeiten in Frankreich an.

René Gilbert 2015

Quellen

StadtAK 7/Nl Hammann; Gertrud Hammann (1910-1990), Erinnerungs- und Lesebuch, Karlsruhe 2010.

Literatur

Barbara Guttmann: "Zwischen Trümmern und Träumen". Karlsruherinnen in Politik und Gesellschaft in der Nachkriegszeit, Karlsruhe 1997, S. 44-56 http://www.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/frauengeschichte/truemmern (Zugriff am 22. Dezember 2015); Evangelische Frauenarbeit Baden (Hrsg.): "Das Wichtigste sind doch die Menschen ...", o. O. 1990.