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Wilhelm Martens

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Wilhelm Martens, um 1930, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS oIII 502.
Überreichung des Bundesverdienstkreuzes an Wilhelm Martens (rechts) durch den baden-württembergischen Justizminister Haußmann, Januar 1955, Stadtarchiv Karlsruhe 8/BA Schlesiger A3/58/1/36a.

Wilhelm Martens

Jurist, Präsident des Oberlandesgerichts Karlsruhe, * 2. Juli 1889 Konstanz, † 31. Dezember 1974 Karlsruhe, ∞ Vera Elisabeth Arnthal, 3 Töchter.

Als Sohn des Historikers und Gymnasialdirektors Wilhelm Martens (1858-1935) wuchs Martens in Konstanz auf. In Genf und Heidelberg studierte er Rechtswissenschaften, ergänzt durch historische und philosophische Studien. 1912 legte er das Erste juristische Staatsexamen ab und nahm den juristischen Vorbereitungsdienst auf. Dieser wurde durch den Kriegsausbruch unterbrochen, Martens leistete Kriegsdienst, mehrfach verwundet kehrte er als Oberleutnant der Infanterie, ausgezeichnet mit dem Eisernen Kreuz 1. Klasse, in die Heimat zurück. Anschließend nahm er den Vorbereitungsdienst wieder auf und legte 1920 das Zweite Staatsexamen ab. Im selben Jahr trat er in den badischen Justizdienst ein.

Nach Stationen bei den Justizbehörden in Freiburg, Pforzheim und Offenburg wurde Martens 1932 zum Ersten Staatsanwalt in Offenburg ernannt. Die sich abzeichnende Karriere des begabten Juristen wurde durch die NS-Machthaber jäh unterbrochen. Da er weiterhin treu zu seiner jüdischen Ehefrau hielt, wurde er 1934 zum Landgerichtsrat in Mannheim herabgestuft und 1937 als Richter an das untergeordnete Amtsgericht Mannheim versetzt. Der liberal-konservativ geprägte Martens bildete in dieser Zeit einen regimekritischen Gesprächskreis Mannheimer Richter, die bei vertraulichen Zusammenkünften die politische Lage freimütig erörterten. Von dort gab es auch Kontakt zu dem widerständigen Durlacher Kreis um Amtsgerichtsrat Gerhard Caemmerer (1905-1961). Über Jahre hinweg musste sich Martens gegen persönliche und dienstliche Anfeindungen behaupten. Gegen Kriegsende gelang es ihm, seine deportationsbedrohte Ehefrau im heimatlichen Bodenseeraum vor dem Zugriff der Gestapo zu bewahren.

Den couragierten und unbelasteten Amtsrichter Martens betraute die US-Militärregierung unmittelbar nach Kriegsende mit dem Wiederaufbau einer rechtsstaatlichen Justiz, zunächst für die Landgerichtsbezirke Mannheim, Heidelberg und Mosbach, wenig später für ganz Nordbaden als Vizepräsident des Oberlandesgerichts Stuttgart, Nebensitz Karlsruhe. In diesem Amt war er zugleich ständiger Vertreter des württemberg-badischen Justizministers für die nordbadische Region. Mit richtungsweisendem Engagement setzte er sich für den Aufbau einer, wie er es ausdrückte, sauberen Justiz ein. Dazu gehörte auch, dass er vertriebene badische Juristen im Ausland ausfindig machte und sie zu einem Wiedereintritt in die Landesjustiz bewegte. 1949 folgte die titularmäßige Ernennung zum Oberlandesgerichtspräsidenten, um einen Gleichrang mit dem südbadischen Präsidenten des seit 1946 bestehenden Oberlandesgerichts Freiburg zu schaffen. Im Juli 1953 wurde Martens bis zu seiner Zurruhesetzung Ende 1954 Präsident des wiedererrichteten Oberlandesgerichts Karlsruhe. 1954 erhielt er das Große Bundesverdienstkreuz und 1955 verlieh ihm die juristische Fakultät der Universität Heidelberg den Ehrendoktor für seine Verdienste um den Wiederaufbau der badischen Rechtspflege. Seinen Ruhestand verbrachte Martens in Karlsruhe.

Detlev Fischer 2021

Literatur

Ortwin Henssler: Dr. h. c. Wilhelm Martens, Oberlandesgerichtspräsident 1953 bis 1954, in: Festschrift 200 Jahre Badisches Oberhofgericht – Oberlandesgericht Karlsruhe, Heidelberg 2003, S. 177; Reiner Haehling von Lanzenauer: Wilhelm Martens, Baden-Württembergische Biographien Bd. 4, hrsg. von Fred L. Sepaintner, Stuttgart 2007, S. 218-220 https://www.leo-bw.de/detail/-/Detail/details/PERSON/kgl_biographien/101272039X/Martens+Wilhelm+Adolf+Erich (Zugriff am 1. März 2022); Detlev Fischer: Wilhelm Martens, in: Blick in die Geschichte, Karlsruher stadthistorische Beiträge Bd. 5, 2008 – 2013, Karlsruhe 2013, S. 237-238.