Menü
Suche

Kurt August Müller-Graf

Version vom 14. November 2018, 14:53 Uhr von KarlsBot (Diskussion | Beiträge) (Setzen des DISPLAYTITLEs)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)


Kurt Müller-Graf, 1984, Stadtarchiv Karlsruhe 8/BA Schlesiger A47/202/6/31.
Kurt Müller-Graf im Kostüm für eine Faust-Aufführung des Badischen Staatstheaters, 1963, Stadtarchiv Karlsruhe 8/BA Schlesiger A10/120/7/18A.

Kurt August Müller-Graf

Schauspieler, Regisseur, Intendant, * 9. August 1913 Karlsruhe, † 10. August 2013 Rheinstetten/Lkr. Karlsruhe, kath., ∞ 1. 1945 Eva Schneider-Tiegel, 1 Tochter, 2. 1968 Heidrun Müller.

Kurt Müller-Grafs Mutter starb wenige Wochen nach seiner Geburt. Ihre Stelle nahm die zweite Frau des Vaters, eines Schutzmanns und späteren Zollbeamten, ein. Nach dem Volksschulbesuch in Maulbronn und der Karlsruher Uhlandschule besuchte er 1924-1930 das Goethe-Gymnasium. An die Mittlere Reife schloss sich 1930-1933 auf Drängen des Vaters eine kaufmännische Lehre an. Da stand aber - beeindruckt von der Mitwirkung im Knabenchor bei einer Aufführung des Parsifal und dem Besuch einer Schüleraufführung des Wilhelm Tell im Badischen Staatstheater - der Wunsch schon fest, Schauspieler zu werden. Müller-Graf nahm bei Felix Baumbach Unterricht und wirkte schon 1930/31 bei Aufführungen der Ötigheimer Festspiele mit. Nach der Kaufmannslehre erhielt er 1934 ein Stipendium an der Karlsruher Theaterakademie. Dort unterrichteten ihn Felix Baumbach sowie Margarete Pix und er trat bei Aufführungen des Freilichttheaters am Lerchenberg in Durlach auf.

Nach der Schauspielprüfung 1935 - in diesem Jahr änderte er seinen Nachnamen durch den Zusatz des Geburtsnamens seiner Stiefmutter - begann eine lange und erfolgreiche Karriere als Schauspieler am Theater, aber auch in Film, Funk und Fernsehen. Müller-Graf spielte zuerst für ein Jahr in Karlsruhe, dann folgten Engagements unter anderem an den Städtischen Bühnen Nürnberg (1936-1939, 1954-1956), am Staatstheater München (1940-1943), am Württembergischen Staatstheater Stuttgart (1948/49), am Stadttheater Basel (1953/54), am Schauspielhaus Zürich (1959/60), am Burgtheater in Wien (1960-1962) und am Nationaltheater Mannheim (1962-1964). Die längste Zeit verbrachte er aber am Badischen Staatstheater (1935/36, 1949-1953, 1964-1978). Müller-Graf verkörperte zahllose Rollen - in Karlsruhe 1949-1953 etwa 40 - in Aufführungen von Klassikern der Theaterliteratur, in zeitgenössischen Stücken; er spielte aber gelegentlich auch in Operetten mit und stand über 100-mal als Prof. Higgins in My fair Lady auf der Bühne. Nach eigenen Angaben war Shakespeare sein Lieblingsautor und seine beliebtesten Rollen Peer Gynt, Hamlet, Faust und Christus.

Mit dem Wechsel nach München begann 1940 für Müller-Graf auch eine kurze Karriere als Filmschauspieler. Die Bavaria Filmkunst GmbH nahm ihn unter Vertrag, was ihm die dauerhafte Freistellung vom Kriegsdienst sicherte. Bis 1945 wirkte er in neun Spielfilmen mit, unter anderen in "Komödianten", "Der Hochtourist", "Das Lied der Nachtigall" und "Der Täter ist unter uns". Zu seinen Partnern und Partnerinnen zählten Margot Hielscher, Heidemarie Hatheyer, Käthe Dorsch, Paul Dahlke, Theo Lingen und O. E. Hasse. Zwei Filme ("Die Nacht der Zwölf" und "Regimentskritik") wurden erst nach dem Zweiten Weltkrieg uraufgeführt. Ein Film blieb unvollendet: In "Wo ist Herr Belling" spielte er neben dem Oscarpreisträger Emil Jannings den Sohn des Herrn Belling. Die Filme boten Unterhaltung ohne besondere nationalsozialistische Propaganda. Sein Filmpartner Jannings wurde allerdings wegen seiner Nähe zu Propagandaminister Joseph Goebbels nach 1945 von der amerikanischen Besatzungsmacht mit einem Filmverbot belegt.

Müller-Graf konzentrierte sich nach 1945 von seltenen Ausflügen zu Film, Fernsehen (insgesamt nur fünf Produktionen sind bekannt) und Hörfunk auf das Theaterspielen. Er nahm nun auch wieder die 1936 unterbrochene Mitwirkung an den Volksschauspielen in Ötigheim auf, verkörperte unter anderem in dem von Pfarrer Josef Saier verfassten Passionspiel ab 1948 oft den Christus und führte bald auch erfolgreich Regie. In Hauptrollen agierte er zudem bei den Freilichtspielen in Schwäbisch Hall, den Burgfestspielen Jagsthausen und den Luisenburg-Festspielen Wunsiedel. Im Jahr nach seiner Pensionierung am Badischen Staatstheater gründete Müller-Graf 1978 in Ettlingen die Schlossfestspiele, die er von 1979 bis 1991 als Intendant erfolgreich leitete und bei denen er Regie führte und selbst Rollen übernahm. Nach 1991 trat der für seine Sprachkultur hochgelobte Müller-Graf bei Tourneen oder bei Gastspielen in Karlsruhe und Ettlingen (unter anderen: "Grimmige Märchen", "Die phantastischen Erzählungen des Freiherrn von Münchhausen", "Love Letters") auf und veranstaltete mit dem von ihm gegründeten Carlsruher Cultur Cirkel musikalisch begleitete szenische Lesungen und Rezitationsabende.

Müller-Graf wurde 1952 zum Staatsschauspieler ernannt. Bei seiner Pensionierung 1978 erhielt er die Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg und wurde Ehrenmitglied des Ensembles, für das er viele Jahre Vorsitzender des Personalrats war. 1983 erhielt er das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse, 1991 die Verdienstmedaille der Stadt Ettlingen in Gold und er wurde Ehrenintendant der Ettlinger Schlossfestspiele. 2008 verlieh ihm die Stadt Ettlingen die Ehrenbürgerwürde. Im Jahr des 100. Geburtstag lobte die Stadt Ettlingen den jährlich zu vergebenden Kurt-Müller-Graf-Preis für besondere Leistungen bei den Festspielen aus und benannte den Kurt-Müller-Graf-Platz in der Stadt. Am Geburtstag selbst wurde der Ehrenbürger mit einem großen Empfang im Schloss geehrt. In der Nacht darauf starb Kurt Müller-Graf.

Manfred Koch 2016

Quellen

Erinnerungen, MS im Besitz der Familie; StadtAK 8/ZGS Persönlichkeiten; Robert Besta: Abgesang aus dem Leben von Theaterschauspielern (Dokumentation), http://larkmovie.top/newdocs/download-free-abgesang-aus-dem-leben-eines-theaterschauspielers-mpg.html (Zugriff am 23. August 2016); http://docplayer.org/16113776-Ein-gluecksfall-fuer-ettlingen-dr-vetter-eine-wunderschoene-zeit.html (Zugriff am 23. August 2016).

Literatur

Klaus E. R. Lindemann (Hrsg.): Kurt Müller-Graf. Ein Theaterleben, Karlsruhe 1988; Dieter Schnabel: Zuweilen muss einer da sein, der gedenkt. Blätter der Erinnerung an Komponisten, Schriftsteller und Theaterleute, München 2003, S. 143-147.