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Wilhelm Heinrich Klumpp

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Wilhelm Heinrich Klumpp

Kanzleibeamter, Matrose, * 21. September 1871 Karlsruhe, † 27. Juni 1940 Parcoul (Dordogne), ev., ∞ 1899 Frieda Ehreiser, 1 Kind.

Heinrich Klumpp war Sohn eines Goldarbeiters und besuchte die Volksschule, bevor er 1886 eine Lehre als Sekretär in der Kanzlei des Karlsruher Rechtsanwalts Max Ludwig Boeckh begann, der gleichzeitig die Geschäfte des Kreisausschusses Karlsruhe leitete. 1891-1894 leistete Klumpp seinen Wehrdienst als Matrose bei der Kaiserlichen Marine und kehrte anschließend nach Karlsruhe zurück, um seine Tätigkeit bei Boeckh fortzusetzen, wobei er zunehmend mehr Aufgaben für den Kreisausschuss übernahm und dort 1903 zum Kanzleibeamten befördert wurde.

Nach einigen privaten Vergehen fälschte Klumpp, der laut eigener Aussage an Depressionen litt und auch nach Einschätzung Boeckhs psychische Probleme hatte, 1911 in den Geschäftsbüchern des Kreisausschusses einen Bilanzposten und steckte 400 Reichsmark in die eigene Tasche, die er zur Begleichung von Spielschulden verwenden wollte. Boeckh bemerkte die Unterschlagung, schützte Klumpp allerdings, indem er den Vorfall nicht anzeigte, da Klumpp auf seine Aufforderung hin den Betrag zurückzahlte und um seine Entlassung bat.

1912 eröffnete Klumpp in der Amalienstraße 55 ein Büro für Inkasso, Rechts- und Verwaltungssachen. Nach dem Tod Boeckhs im März 1913 und dem anschließenden Personalwechsel im Kreisausschuss wurde Klumpps Unterschlagung schließlich doch noch entdeckt. Er wurde angezeigt und kam im Februar 1914 wegen Unterschlagung, Urkundenfälschung und versuchter Erpressung in Untersuchungshaft. Da er in dem folgenden Strafprozess nicht beweisen konnte, dass er die unterschlagene Summe zurückgezahlt hatte, wurde Klumpp zu einer Haftstrafe von einem Jahr verurteilt, die er im Landesgefängnis Freiburg verbüßte. Nach seiner Entlassung am 9. April 1915 wurde Klumpp zur Marine eingezogen und diente beim Marinekorps Flandern, wofür er 1918 das Eiserne Kreuz II. Klasse erhielt.

Am 11. November 1918 versuchte Klumpp mit einer Gruppe Soldaten in das Karlsruher Schloss einzudringen, um den Großherzog zu sprechen, was ihnen jedoch verwehrt wurde. Daraufhin gab die Gruppe mehrere Schüsse auf die Schlossfassade ab, was die Flucht der großherzoglichen Familie durch den Hinterausgang zu den im Fasanengarten bereitgestellten Fahrzeugen zur Folge hatte. Klumpps Aktion trug somit bei zur Abdankung des badischen Großherzogs Friedrich II. Am folgenden Tag wurde Klumpp in seiner Wohnung von der Polizei wegen des Verdachts auf Landfriedensbruch festgenommen. Dank einer Amnestie des Rats der Volksbeauftragten und eines Erlasses der Vorläufigen Badischen Volksregierung wurde er am 21. Dezember 1918 ohne Einleitung eines Strafverfahrens aus dem Amtsgefängnis entlassen.

Klumpp fasste anschließend beruflich wieder Fuß. Er trat aus der Nationalliberalen Partei aus und in die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) ein. 1919/20 war er bei der Karlsruher Bereitschaftspolizei als Sekretär angestellt und danach in gleicher Funktion bei der Badischen Versicherungsanstalt für Gemeinde- und Körperschaftsbeamte. 1925 wurde Klumpp zum Inspektor, 1930 zum Rechnungsrat und planmäßigen Beamten befördert. Zudem arbeitete er als Hausverwalter (Stephanienstraße 17) und leitete nebenamtlich die Geschäftsstelle der Vereinigung der Kriegsbeschädigten, Kriegsteilnehmer und Kriegshinterbliebenen e.V.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten floh Klumpp 1933 ins Elsass, wo er zunächst in Mülhausen unterkam und Arbeit fand. Nach dem deutschen Überfall auf Frankreich 1940 setzte sich Klumpp vor der vorrückenden Wehrmacht ab, lebte zuletzt im Dordogne-Ort Parcoul, wo er vor dem drohenden Zugriff durch die SS Suizid durch Erhängen auf dem Kirchplatz beging.

2013 wurde für Klumpp vor dem Haus Stephanienstraße 17 ein Stolperstein verlegt.

René Gilbert 2016

Quellen

GLA 243/911-913, 243/920-925; StadtAK 8/StS 13/1675; www/stolpersteine-karlsruhe,de/klumpp-heinrich/ (Günter Wimmer).

Literatur

Wilhelm Engelbert Oeftering: Der Umsturz 1918 in Baden, Konstanz 1920, S. 168-200 (= Die gelb-roten Bücher Bd. 5); Gerhard Kaller: Die Abdankung des Großherzogs Friedrich II. von Baden im November 1918, in: Ekkhart 1969, S. 71-82; Gerhard Kaller: Zur Revolution von 1918 in Baden, Klumpp-Putsch und Verfassungsfrage, in: Neue Forschungen zu Grundproblemen der badischen Geschichte im 19. und 20. Jahrhundert, hrsg. von Alfons Schäfer, Karlsruhe 1973, S. 175-194 (= Oberrheinische Studien Bd. 2).