Menü
Suche

Feodor Iwanowitsch (auch Iwanow, Ivanoff), genannt Kalmück

Version vom 14. November 2018, 15:02 Uhr von KarlsBot (Diskussion | Beiträge) (Setzen des DISPLAYTITLEs)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)


Feodor Iwanowitsch, um 1815, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS III 739.

Feodor Iwanowitsch (auch Iwanow, Ivanoff), genannt Kalmück

Zeichner, Maler, * um 1763 Westmongolei, † 27. Januar 1832 Karlsruhe, ledig.

1770 wurde der etwa sechsjährige Kalmücke von Kosaken in der kirgisischen Steppe aufgegriffen und auf dem Weg zum Zarenpalast in St. Petersburg nach griechisch-orthodoxem Ritus auf den Namen Feodor Iwanowitsch getauft. Kaiserin Katharina II. schenkte den Jungen 1773/74 der Landgräfin Caroline von Hessen-Darmstadt, deren Tochter Amalie ihn nach Karlsruhe mitbrachte, als sie im Juli 1774 den badischen Erbprinzen Karl Ludwig heiratete.

Während Iwanowitschs Schulaufenthalt am Schweizer Philanthropinum Schloss Marschlins 1776/77 wurde sein zeichnerisches Talent erkannt. Um den Jahreswechsel 1777/78 trat er in die von Karl Friedrich Autenrieth geleitete Karlsruher Handzeichnungsschule ein, in der er schon bald zu den besten Schülern zählte. Hier lernte er den jungen Friedrich Weinbrenner kennen, der sein Freund und Förderer wurde. Ob er dem Unterricht, der im Kopieren von Kupferstichen und im Zeichnen nach Gipsabgüssen bestand, auch noch nach 1780 folgte, ist nicht überliefert. Als 1785 der badische Hofmaler Philipp Jakob Becker die Leitung der Großherzoglichen Kunstsammlung und der nun als "Zeichenacademie" titulierten Schule übernahm, nahm Iwanowitsch den Unterricht wieder auf und wurde schon bald Beckers Lehrgehilfe.

1791-1799 lebte der Künstler in Rom, wo er rasch Anschluss an den deutschen und den Schweizer Künstlerkreis fand. Von Weinbrenner, der sich von 1792-1797 in Italien aufhielt, fertigte er zahlreiche Skizzen und Karikaturen an. 1799-1803 nahm Iwanowitsch im Auftrag von Thomas Bruce, 7th Earl of Elgin, an einer Expedition nach Athen teil. Seine Aufgabe bestand in der zeichnerischen Dokumentation des an den Tempeln auf der Akropolis noch erhaltenen Figurenschmucks, wobei er nicht selten die fehlenden Teile rekonstruierte; das Britische Museum in London besitzt ein Album mit etwa 80 dieser Zeichnungen. Nach Aufenthalten in London 1803-1805 und Paris 1805/06 kehrte Iwanowitsch 1806 nach Karlsruhe zurück, das er nur noch einmal, 1810/11, für eine Italienreise verließ. Am 31. Mai 1806 wurde er von Kurfürst Karl Friedrich zum badischen Hofmaler ernannt.

Der Unterricht bei Autenrieth und Becker prägte nachhaltig Iwanowitschs künstlerische Entwicklung; zeitlebens bevorzugte er die Zeichnung (Blei, Kreide oder Tusche) und Radierung als Ausdrucksmittel. Zu dieser Gruppe gehören das bekannte Selbstbildnis (Radierung, ohne Jahr), das Porträt von Friedrich Weinbrenner (Kupferstich, 1809), beide im Besitz der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe, sowie das Porträt von Johann Peter Hebel (um 1809, Kreide, Universitätsbibliothek Basel). Gemälde dagegen entstanden nur als Auftragsarbeiten und wurden generell in einer Grisaille-Technik ("Bacchanal", 1811/12, Tanzsaal des Badischen Hofs; "Apotheose Homers", 1813/14; sieben Szenen aus dem Neuen Testament sowie vier Evangelisten-Darstellungen, 1816-1821, Evangelische Stadtkirche) oder einer dunklen Ton-in-Ton-Malerei (Die Hochbergʼschen Kinder, 1813/14; Porträt von Friedrich Weinbrenner, ohne Jahr; Friedrich Weinbrenner und seine Familie, ohne Jahr; alle Staatliche Kunsthalle Karlsruhe). In den 1820er-Jahren zog sich Iwanowitsch aus dem öffentlichen Leben zurück und geriet nach seinem Tod schnell in Vergessenheit.

Katja Förster 2016

Literatur

Johannes Werner: Der Kalmück. Das Leben des badischen Hofmalers Feodor Iwanowitsch, Ubstadt-Weiher 2016; Margit-Elisabeth Velte: Leben und Werk des badischen Hofmalers Feodor Iwanowitsch Kalmück. 1763-1832, Diss. Univ. Karlsruhe 1972.