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Karl Hau

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Karl Hau, Bild aus: Reiner Haehling von Lanzenauer: Karlsruher "Sensationsprozess" 1907... (siehe Literaturangaben).

Karl Hau

Jurist, * 3. Februar 1881 Großlittgen/Lkr. Bernkastel-Wittlich, † 5. Februar 1926 Tivoli bei Rom, ∞ 1901 Lina Molitor, 1 Tochter.

Karl Hau war der Sohn eines Bankdirektors und besuchte das Friedrich-Wilhelm-Gymnasium in Trier. Nach dem Abitur studierte er Jura an den Universitäten Freiburg und Berlin. 1901 erlitt er einen Blutsturz, den er in verschiedenen Orten kurierte, zuletzt in Ajaccio auf Korsika. Dort lernte er Josefine Molitor, eine Medizinalratswitwe aus Baden-Baden, und deren Töchter Lina und Olga kennen. Mit der älteren Tochter Lina ging Hau ein Liebesverhältnis ein. Im Juni 1901 flohen beide in die Schweiz, wo sie gemeinsam Suizid begehen wollten, was jedoch scheiterte. Um einen Skandal zu verhindern, heiratete das Paar und ging anschließend nach Washington, wo Hau sein Studium abschloss. In der Folge arbeitete er als Rechtsanwalt, als assistant professor sowie als Sekretär des türkischen Generalkonsuls in Washington.

In der Folge innerfamiliären Streits reiste Hau am 6. November 1906 von London nach Baden-Baden. Dort lockte er seine Schwiegermutter aus dem Haus und erschoss sie hinterrücks, verkleidet mit Perücke und Bart auf offener Straße. Die Ermittlungen der Polizei führten rasch zu dem möglichen Täter Karl Hau, so dass dieser bei seiner Rückkehr in London verhaftet werden konnte. Im Januar 1907 erfolgte die Auslieferung an die deutsche Justiz und die Überstellung in das Karlsruher Amtsgefängnis II. Nach anfänglichem Leugnen räumte Hau ein, zur Tatzeit in Baden-Baden gewesen zu sein und mit einem fingierten Anruf Josefine Molitor aus dem Haus gelockt zu haben, den Mord habe er jedoch nicht begangen.

In dem darauffolgenden, auch international Aufsehen erregenden Prozess vor dem Schwurgericht des Landgerichts Karlsruhe im Juli 1907 wurde Hau, dessen Verteidiger Eduard Dietz war, zum Tode verurteilt. Nachdem das Reichsgericht in Leipzig die hiergegen eingelegte Revision verworfen hatte, begnadigte Großherzog Friedrich II. Hau am 1. Dezember 1907 und wandelte das Todesurteil in eine lebenslange Zuchthausstrafe um. Seine Strafe verbüßte er im Gefängnis Bruchsal. Nach mehreren erfolglosen Anträgen wurde Hau am 27. August 1924 unter der Auflage, den Strafprozess oder die Strafverbüßung keinesfalls zu Filmdarstellungen oder sensationellen Veröffentlichungen zu verwenden, vorzeitig aus der Haft entlassen.

In Freiheit schrieb Hau zwei autobiographische Werke über die von ihm weiterhin bestrittene Straftat und seine Erinnerungen an die Gefangenschaft. Beide wurden zu einem Verkaufserfolg. Darüber hinaus beteiligte sich Hau an einem kommerziellen Film über seine Geschichte. Damit hatte er gegen die amtlichen Auflagen verstoßen, weshalb die Strafaussetzung im Oktober 1925 widerrufen wurde. Hau flüchtete daraufhin nach Italien und lebte zuletzt unter falschem Namen in einem Hotel in Tivoli. Am 5. Oktober 1926 fand man bei der Villa Adriana eine bewusstlose Person, die kurze Zeit später im Krankenhaus starb. Das Ergebnis der Obduktion ergab Suizid durch Vergiften. Die Leiche konnte als Karl Hau identifiziert werden.

René Gilbert 2017

Werk

Das Todesurteil: Die Geschichte meines Prozesses, Berlin 1925; Lebenslänglich: Erlebtes und Erlittenes, Berlin 1925.

Literatur

Reiner Haehling von Lanzenauer: Karlsruher "Sensationsprozess" 1907. Das Verbrechen des Karl Hau, in: Manfred Koch (Hrsg.): Blick in die Geschichte. Karlsruher stadthistorische Beiträge 2003-2008, Karlsruhe 2009, S. 119-122; Ders.: Das Strafverfahren gegen den Rechtsanwalt Karl Hau, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 153 (2005), S. 545-568; Ders.: Angeklagt wegen Mordes: Rechtsanwalt Karl Hau, in: Jahrbuch der juristischen Zeitgeschichte 7 (2005/2006), S. 389-414.