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Gustav Adolf Martin

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Gustav Martin, 1929, Stadtarchiv Karlsruhe 8/Alben 12/70b.

Gustav Adolf Martin

Finanzbeamter, Stadtrat, * 18. Dezember 1883 Bulach, † 27. Mai 1969 Karlsruhe, kath., ∞ 1907 Blandina Lydia Braun (1865-1951), 2 Söhne, 1 Tochter.

Über die Schul- und Berufsausbildung von Gustav Martin, Sohn eines Landwirts, ist nichts bekannt. Während des Ersten Weltkriegs war er von 1914 bis 1918 Soldat. Vor oder nach dem Krieg trat er in die Finanzverwaltung ein und arbeitete bis zu seiner Pensionierung beim Finanzamt, zuletzt als Steuerinspektor.

In Bulach engagierte er sich von 1922 bis 1929 im Gemeinderat für die Bürgerpartei Bulach. Nach der Eingemeindung des Dorfs zum 1. April 1929 nach Karlsruhe wurde er Stadtrat in Karlsruhe. Drei weitere Bulacher Gemeindevertreter wurden Mitglieder in der Stadtverordnetenversammlung. Die Bürgerpartei war eine sehr konservative Partei, die teilweise mit der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) Koalitionen einging. Sie wurde von der Sozialdemokratischen Partei Deutschland (SPD) als Feind der Arbeiter angesehen. Martin trat am 1. September 1929 in die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) ein und blieb bis 1945 Mitglied. Im Dezember 1930 wurde er für diese Partei zum Stadtverordneten gewählt und gehörte bis 1934 dem Stadtverordnetenvorstand an.

Im Juni 1930 forderte er im Stadtrat, die Vergünstigungen für Stadträte zu streichen (zum Beispiel Freikarten für Theaterbesuche und Freifahrten für die Straßenbahn) und dafür Beschäftigungsmöglichkeiten für Arbeiter zu schaffen. Das Theater sei höchst überflüssig und die drei Viertel Million, die die Stadt dafür ausgebe, könne man besser für die Armen ausgeben.

Er war nach eigenen Angaben Mitglied der Sturmabteilung (SA) von Anfang 1932 bis zum Sommer 1933, wurde aber wegen einer lautstarken Auseinandersetzung mit dem damaligen Polizeipräsidenten und SA-Brigadeführer Richard Wagenbauer aus der SA ausgeschlossen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg erklärte Martin in seinem Entnazifizierungsverfahren, er habe seit seinem Umzug nach Weiherfeld keine Parteitätigkeit mehr ausgeübt. Die Zeugenaussagen über ihn waren sehr unterschiedlich. Ein Teil bezeichnete ihn als überzeugten, fanatischen Nazi, der auch gewalttätig gegen politisch Andersdenkende vorgegangen sei und aktiv bei Wahlfälschungen mitgewirkt habe. Andere Zeugen behaupteten das Gegenteil und betonten seinen Einsatz für die Armen in Bulach. 1948 stufte ihn die Spruchkammer als Minderbelasteten ein und verhängte eine hohe Geldstrafe. 1950 änderte die Zentrale Spruchkammer Nordbaden das Urteil und stufte ihn als Mitläufer ein

Alfred Becher 2020

Quellen

Badische Presse, Nr. 143, 26. März 1929, Nr. 255, 4. Juni 1930 StadtAK 8/Ze 7 https://digital.blb-karlsruhe.de/blbz/periodical/titleinfo/2411029 (Zugriff am 19. Januar 2021); Der Volksfreund, Nr. 87, 15. April 1929, Nr. 211, 11. September 1930 StadtAK 8/Ze 16 https://digital.blb-karlsruhe.de/6357964 (Zugriff am 19. Januar 2021) ; StadtAK 1/POA 5805; GLA 465 h Nr. 27791.