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De:Lexikon:ereig-0037: Unterschied zwischen den Versionen

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Bereits im <lex id="ereig-0068">Ersten Weltkrieg</lex> war Karlsruhe als frontnahe Stadt Luftangriffen ausgesetzt. Der erste fand zwei Tage vor dem 200. Jahrestag der <lex id="ereig-0230">Stadtgründung</lex> am 15. Juni 1915 statt. Bei dem Angriff waren 30 Todesopfer und 58 Verletzte zu beklagen. Karlsruhe war zum einem als Sitz zahlreicher Militärdienststellen und ‑einrichtungen ein bevorzugtes Ziel der feindlichen Luftangriffe. Zum anderen galten die Angriffe der <lex id="ins-0090">Deutschen Waffen- und Munitionsfabrik (DWM)</lex> ebenso wie dem <lex id="ereig-0286">Eisenbahnknotenpunkt</lex> an der Strecke Mannheim-Straßburg. Als die Stadt am 22. Juni 1916 zum zweiten Mal angegriffen wurde, waren die Luftabwehrmaßnahmen und das Alarmsystem verbessert worden, sie konnten aber nicht verhindern, dass 120 Menschen, darunter 71 Kinder, ums Leben kamen und 169 verletzt wurden. Bei dem Angriff, der dem <lex id="ins-1335">Hauptbahnhof</lex> galt, richteten sich die Piloten offensichtlich nach einem alten Stadtplan, auf dem nur der <lex id="top-0069">alte Bahnhof</lex> an der Kriegsstraße eingezeichnet war. Die Bomben trafen die Menschen, die aus dem gegenüber der heutigen <lex id="ins-1111">Oberpostdirektion</lex> unweit des alten Hauptbahnhofs aufgestellten Zelt des Zirkus Hagenbeck flüchteten. Unter den Opfern waren zahlreiche Kinder, die die Nachmittagsvorstellung besuchten. Insgesamt fanden im Ersten Weltkrieg in Karlsruhe 168 Menschen bei Luftangriffen den Tod, 344 wurden zum Teil schwer verletzt.
Bereits im <lex id="ereig-0068">Ersten Weltkrieg</lex> war Karlsruhe als frontnahe Stadt Luftangriffen ausgesetzt. Der erste fand zwei Tage vor dem 200. Jahrestag der <lex id="ereig-0230">Stadtgründung</lex> am 15. Juni 1915 statt. Bei dem Angriff waren 30 Todesopfer und 58 Verletzte zu beklagen. Karlsruhe war zum einem als Sitz zahlreicher Militärdienststellen und ‑einrichtungen ein bevorzugtes Ziel der feindlichen Luftangriffe. Zum anderen galten die Angriffe der <lex id="ins-0090">Deutschen Waffen- und Munitionsfabrik (DWM)</lex> ebenso wie dem <lex id="ereig-0286">Eisenbahnknotenpunkt</lex> an der Strecke Mannheim-Straßburg. Als die Stadt am 22. Juni 1916 zum zweiten Mal angegriffen wurde, waren die Luftabwehrmaßnahmen und das Alarmsystem verbessert worden, sie konnten aber nicht verhindern, dass 120 Menschen, darunter 71 Kinder, ums Leben kamen und 169 verletzt wurden. Bei dem Angriff, der dem <lex id="ins-1335">Hauptbahnhof</lex> galt, richteten sich die Piloten offensichtlich nach einem alten Stadtplan, auf dem nur der eingezeichnet war. Die Bomben trafen die Menschen, die aus dem gegenüber der heutigen <lex id="ins-1111">Oberpostdirektion</lex> unweit des alten Hauptbahnhofs aufgestellten Zelt des Zirkus Hagenbeck flüchteten. Unter den Opfern waren zahlreiche Kinder, die die Nachmittagsvorstellung besuchten. Bisherige Vermutungen, dass die Piloten mit veralteten Karten flogen, auf denen nur der <lex id="top-0069">alte Bahnhof</lex> verzeichnet war, konnten durch neuere Forschungen in französischen Archiven nicht bestätigt werden. Sicher ist aber, dass der Angriff ein Vergeltungsangriff für einen deutschen Angriff auf Bar-le-Duc am Himmelfahrtstag, dem 1. Juni 1916, war. Insgesamt fanden im Ersten Weltkrieg in Karlsruhe 168 Menschen bei Luftangriffen den Tod, 344 wurden zum Teil schwer verletzt.
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Die leidvollen Erfahrungen im Ersten wurden im <lex id="ereig-0074">Zweiten Weltkrieg</lex> weit übertroffen. Die ersten Toten waren in der Nacht vom 5. auf den 6. August 1941 zu beklagen, als 23 Menschen direkt, elf an den Folgen ihrer bei dem Angriff erlittenen Verletzungen starben. Der erste folgenschwere Großangriff folgte in der Nacht vom 2. auf den 3. September 1942. Das <lex id="top-1857">Markgräfliche Palais</lex>, die <lex id="ins-0837">Landes­sammlung für Natur­kunde</lex>, fast die gesamte <lex id="top-2274">Westendstraße</lex>, ­die <lex id="ins-1251">Christuskirche</lex>, Teile von <lex id="top-1955">Mühlburg</lex> und viele Betriebe im <lex id="ins-1511">Rheinhafen</lex> waren betroffen. Im Jahr 1943 blieb Karlsruhe trotz zahlreicher Luftalarme weitge­hend von Luft­angriffen verschont. Dafür sollten aber die alliier­ten Luftangriffe die Stadt im Jahr 1944 mit voller Wucht treffen. Der von 600 Bombern durchgeführte Angriff am 25. April, der eigentlich der Kern­stadt galt, wurde durch einen aufkom­menden Gewit­tersturm vor allem nach den Vororten <lex id="top-2321">Rintheim</lex> und <lex id="top-1002">Grötzingen</lex> abge­drängt, wo ins­gesamt 118 Men­schen zu Tode ka­men. Fünf schwe­re Tages­angriffe forderten bis Anfang Septem­ber weitere 925 Todesopfer. Die Angriffe mit den schwersten Folgen standen aber noch bevor. Am 27. September trafen fast eine halbe Million Brand­bomben die Stadt und verwandelten sie in ein Flammenmeer. Nur den breiten Straßen der Ba­rockstadt, den vielen geräumigen Plätzen und den allenthalben klaf­fen­den Lücken vorangegangener Zerstörungen war es zu verdanken, dass kein Feu­ersturm entstand. Am 4. Dezember griffen fast 900 englische Bomber die bereits schwer getroffene Stadt erneut an und richteten beim größten Angriff mit Sprengbomben weitere Zerstörungen an. Bei 135 belegten Angriffen auf Karlsruhe hatten bei Kriegsende mehr als 4.000 Bomber mindestens 12.000 Spreng- und Brandbomben abgeworfen. 1.745 Tote und 3.508 Verletzte hatte es gegeben. Von den 17.134 Wohnhäusern waren nur 3.414 unbeschädigt geblieben.
Die leidvollen Erfahrungen im Ersten wurden im <lex id="ereig-0074">Zweiten Weltkrieg</lex> weit übertroffen. Die ersten Toten waren in der Nacht vom 5. auf den 6. August 1941 zu beklagen, als 23 Menschen direkt, elf an den Folgen ihrer bei dem Angriff erlittenen Verletzungen starben. Der erste folgenschwere Großangriff folgte in der Nacht vom 2. auf den 3. September 1942. Das <lex id="top-1857">Markgräfliche Palais</lex>, die <lex id="ins-0837">Landes­sammlung für Natur­kunde</lex>, fast die gesamte <lex id="top-2274">Westendstraße</lex>, ­die <lex id="ins-1251">Christuskirche</lex>, Teile von <lex id="top-1955">Mühlburg</lex> und viele Betriebe im <lex id="ins-1511">Rheinhafen</lex> waren betroffen. Im Jahr 1943 blieb Karlsruhe trotz zahlreicher Luftalarme weitge­hend von Luft­angriffen verschont. Dafür sollten aber die alliier­ten Luftangriffe die Stadt im Jahr 1944 mit voller Wucht treffen. Der von 600 Bombern durchgeführte Angriff am 25. April, der eigentlich der Kern­stadt galt, wurde durch einen aufkom­menden Gewit­tersturm vor allem nach den Vororten <lex id="top-2321">Rintheim</lex> und <lex id="top-1002">Grötzingen</lex> abge­drängt, wo ins­gesamt 118 Men­schen zu Tode ka­men. Fünf schwe­re Tages­angriffe forderten bis Anfang Septem­ber weitere 925 Todesopfer. Die Angriffe mit den schwersten Folgen standen aber noch bevor. Am 27. September trafen fast eine halbe Million Brand­bomben die Stadt und verwandelten sie in ein Flammenmeer. Nur den breiten Straßen der Ba­rockstadt, den vielen geräumigen Plätzen und den allenthalben klaf­fen­den Lücken vorangegangener Zerstörungen war es zu verdanken, dass kein Feu­ersturm entstand. Am 4. Dezember griffen fast 900 englische Bomber die bereits schwer getroffene Stadt erneut an und richteten beim größten Angriff mit Sprengbomben weitere Zerstörungen an. Bei 135 belegten Angriffen auf Karlsruhe hatten bei Kriegsende mehr als 4.000 Bomber mindestens 12.000 Spreng- und Brandbomben abgeworfen. 1.745 Tote und 3.508 Verletzte hatte es gegeben. Von den 17.134 Wohnhäusern waren nur 3.414 unbeschädigt geblieben.

Version vom 17. November 2015, 15:41 Uhr

Amerikanisches Luftbild, Bereich Hauptbahnhof mit Bahnanlagen, unten Südstadt und Südweststadt mit Stadtgarten, 21. März 1945, Stadtarchiv Karlsruhe 8/Alben 370/28.

Luftkrieg

Bereits im Ersten Weltkrieg war Karlsruhe als frontnahe Stadt Luftangriffen ausgesetzt. Der erste fand zwei Tage vor dem 200. Jahrestag der Stadtgründung am 15. Juni 1915 statt. Bei dem Angriff waren 30 Todesopfer und 58 Verletzte zu beklagen. Karlsruhe war zum einem als Sitz zahlreicher Militärdienststellen und ‑einrichtungen ein bevorzugtes Ziel der feindlichen Luftangriffe. Zum anderen galten die Angriffe der Deutschen Waffen- und Munitionsfabrik (DWM) ebenso wie dem Eisenbahnknotenpunkt an der Strecke Mannheim-Straßburg. Als die Stadt am 22. Juni 1916 zum zweiten Mal angegriffen wurde, waren die Luftabwehrmaßnahmen und das Alarmsystem verbessert worden, sie konnten aber nicht verhindern, dass 120 Menschen, darunter 71 Kinder, ums Leben kamen und 169 verletzt wurden. Bei dem Angriff, der dem Hauptbahnhof galt, richteten sich die Piloten offensichtlich nach einem alten Stadtplan, auf dem nur der eingezeichnet war. Die Bomben trafen die Menschen, die aus dem gegenüber der heutigen Oberpostdirektion unweit des alten Hauptbahnhofs aufgestellten Zelt des Zirkus Hagenbeck flüchteten. Unter den Opfern waren zahlreiche Kinder, die die Nachmittagsvorstellung besuchten. Bisherige Vermutungen, dass die Piloten mit veralteten Karten flogen, auf denen nur der alte Bahnhof verzeichnet war, konnten durch neuere Forschungen in französischen Archiven nicht bestätigt werden. Sicher ist aber, dass der Angriff ein Vergeltungsangriff für einen deutschen Angriff auf Bar-le-Duc am Himmelfahrtstag, dem 1. Juni 1916, war. Insgesamt fanden im Ersten Weltkrieg in Karlsruhe 168 Menschen bei Luftangriffen den Tod, 344 wurden zum Teil schwer verletzt.

Die leidvollen Erfahrungen im Ersten wurden im Zweiten Weltkrieg weit übertroffen. Die ersten Toten waren in der Nacht vom 5. auf den 6. August 1941 zu beklagen, als 23 Menschen direkt, elf an den Folgen ihrer bei dem Angriff erlittenen Verletzungen starben. Der erste folgenschwere Großangriff folgte in der Nacht vom 2. auf den 3. September 1942. Das Markgräfliche Palais, die Landes­sammlung für Natur­kunde, fast die gesamte Westendstraße, ­die Christuskirche, Teile von Mühlburg und viele Betriebe im Rheinhafen waren betroffen. Im Jahr 1943 blieb Karlsruhe trotz zahlreicher Luftalarme weitge­hend von Luft­angriffen verschont. Dafür sollten aber die alliier­ten Luftangriffe die Stadt im Jahr 1944 mit voller Wucht treffen. Der von 600 Bombern durchgeführte Angriff am 25. April, der eigentlich der Kern­stadt galt, wurde durch einen aufkom­menden Gewit­tersturm vor allem nach den Vororten Rintheim und Grötzingen abge­drängt, wo ins­gesamt 118 Men­schen zu Tode ka­men. Fünf schwe­re Tages­angriffe forderten bis Anfang Septem­ber weitere 925 Todesopfer. Die Angriffe mit den schwersten Folgen standen aber noch bevor. Am 27. September trafen fast eine halbe Million Brand­bomben die Stadt und verwandelten sie in ein Flammenmeer. Nur den breiten Straßen der Ba­rockstadt, den vielen geräumigen Plätzen und den allenthalben klaf­fen­den Lücken vorangegangener Zerstörungen war es zu verdanken, dass kein Feu­ersturm entstand. Am 4. Dezember griffen fast 900 englische Bomber die bereits schwer getroffene Stadt erneut an und richteten beim größten Angriff mit Sprengbomben weitere Zerstörungen an. Bei 135 belegten Angriffen auf Karlsruhe hatten bei Kriegsende mehr als 4.000 Bomber mindestens 12.000 Spreng- und Brandbomben abgeworfen. 1.745 Tote und 3.508 Verletzte hatte es gegeben. Von den 17.134 Wohnhäusern waren nur 3.414 unbeschädigt geblieben.

Ernst Otto Bräunche 2012

Literatur

Ernst Otto Bräunche: Der Krieg daheim. Zur Einführung, in: Ernst Otto Bräunche/Volker Steck (Hrsg.): Der Krieg daheim. Karlsruhe 1914-1918, Karlsruhe 2014, S. 10-40 (= Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs Bd. 33), S. 358-502; Michael Martin: Luftangriffe auf Karlsruhe im Ersten Weltkrieg, in: Ebenda, S. 170-198; Erich Lacker: Zielort Karlsruhe. Die Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg, 2. Aufl., Ubstadt-Weiher 2005 (= Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs Bd. 18).