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Stadtverwaltung im 18. Jahrhundert bis zur Einrichtung der Polizeideputation 1787


Rekonstruktion der Marktplatz-Situation um 1730, Foto einer Zeichnung des Architekten und Denkmalpflegers Arthur Valdenaire, um 1935, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS XIIIb 50.

Stadtverwaltung und Stadtrat im 18. Jahrhundert

Die Anfänge der Stadtverwaltung Karlsruhe im 18. Jahrhundert waren durchaus bescheiden. Der bereits im März des Jahres 1718 von 55 Bürgern gewählte und von Markgraf Karl Wilhelm bestätigte Bürgermeister Johannes Sembach sowie sechs im September gewählte Stadträte tagten erstmals am 24. November des Jahres 1718. Sie übernahmen Verwaltungsaufgaben wie die Führung der Stadtrechnung, für die bis 1722 im Nebenamt der Oberamtsaktuar Friedrich Christian Lichtenberger zuständig war. Obwohl mit Lichtenberger ein Verwaltungsfachmann gefunden war, wurde die schlechte Rechnungsführung in den Anfangsjahren wiederholt von den markgräflichen Behörden gerügt. Sembach wurde im März 1720 gar eine Strafe von 20 Reichstalern angedroht, wenn sich die Rechnungsführung nicht bessere.

Zudem war der Stadtrat für die niedere Gerichtsbarkeit zuständig, wozu die Schlichtung bürgerlicher Streitfälle und die Ahndung geringfügiger Vergehen bis zu einer Strafe von zehn Gulden gehörten. Darunter fielen kleinere Eigentumsdelikte wie Gartendiebstahl oder Verstöße gegen die Vorschriften bei Brot- und Fleischverkauf. Damit verbunden war die Besetzung verschiedener Ämter durch Ratsmitglieder. Nachzuweisen sind folgende Ämter: Almosenpfleger, Baumeister, Billettenschreiber, Brotwieger, Eicher, Feuerbeschauer, Fleischschätzer, Gassenmeister, Kaufhausinspektor, Kirchenrüger, Marktmeister, Quartiermeister, Stadtwachtmeister, Umgelder, Waisenrichter und Weinsiegler.

Da in der Regel für ein Amt jeweils zwei Stellen besetzt wurden, übernahmen die Ratsmitglieder häufig mehrere Ämter. Als der Ratsverwandte Johann Michael Stargard 1754 starb, mussten zum Beispiel ein Almosenpfleger, ein Feuerbeschauer und ein Brotwieger neu gewählt werden.

Außerdem durfte der Stadtrat die Besetzung der niederen städtischen Dienste regeln, der Bettelvögte, Feldschützen, Nachtwächter, Organisten, Orgeltreter, Stadtknechte, Stadtmessner, Stadttamboure, Totengräber und der Viehhirten. Die Vorschläge des Rats wurden stets vom Oberamt bestätigt. Wenn diese Dienste nicht ordentlich versehen wurden, schritt der Rat ein.

Außerdem musste der Rat für Waisen die Pfleger bestellen und die Gassenmeister, die im Brandfalle die Löscharbeiten in ihren jeweiligen Bezirken leiteten. Darüber hinaus teilte er die Bedienungsmannschaften der Feuerspritzen ein, für deren Beschaffung der Rat zu sorgen hatte.

Ein Schwerpunkt der Ratstätigkeit war auch die Genehmigung und Beglaubigung von Vertragsabschlüssen. Hausverkäufe und Obligationen wurden nach der Genehmigung durch den Rat im Kontraktenprotokoll eingetragen. Dies war der eigentliche rechtskräftige Akt, zu dem die Beteiligten zur Unterschrift anwesend sein mussten. An Einnahmen bekam die Stadt ein Viertel des Ohmgeldes für Bier und Wein, ein Viertel der Strafgelder, fünf Kreuzer für jeden verkauften Zentner Salz, das Standgeld von den Märkten und die Hälfte der Schutzgelder für Hintersassen und Juden. Für besondere Ausgaben wurden Umlagen erhoben, so etwa zur Anlage des städtischen Friedhofes hinter der späteren Konkordienkirche, heute Marktplatz, im Jahr 1718.

Die Ratssitzungen fanden in der Anfangszeit in den Wirtshausräumen des Gasthauses Waldhorn statt, das Bürgermeister Johannes Sembach gehörte. Bis zur Fertigstellung eines eigenen Rathauses im Jahr 1728 mietete man auch einen Raum im Hause des Stadtschreibers Friedrich Christian Lichtenberger im Vorderen Zirkel 1 für 18 Gulden jährlich an. Der Zuständigkeitsbereich des Stadtrats wurde 1787 durch die Einrichtung der Polizeideputation wesentlich eingeschränkt. Die neue Landesbehörde war nun für das Armenwesen, die Lebensmittelkontrolle, die Aufsicht über Gewichte und Maße, Bettler und Fremde und über die Wirtshäuser zuständig.

Ernst Otto Bräunche 2018

Quellen

StadtAK 2/R1-137 (Stadtrechnungen); StadtAK 3/B 1-11 (Stadtratsprotokolle); 3/B 105a-130 (Kontrakt- und Gewährprotokolle).

Literatur

Ernst Otto Bräunche: Die Karlsruher Ratsprotokolle des 18. Jahrhunderts, Karlsruhe 1995, S. 1-22 (= Forschungen und Quellen zur Stadtgeschichte. Schriftenreihe des Stadtarchivs Karlsruhe Bd. 2); Robert Goldschmit: Die Stadt Karlsruhe, ihre Geschichte und ihre Verwaltung. Festschrift zur Erinnerung an das 200jährige Bestehen der Stadt. Unter Mitwirkung von Heinrich Ordenstein und Karl Widmer, Karlsruhe 1915, S. 152-156 https://digital.blb-karlsruhe.de/blbihd/content/titleinfo/2926622 (Zugriff am 27. Dezember 2020); Christina Müller: Karlsruhe im 18. Jahrhundert. Zur Genese und sozialen Schichtung einer residenzstädtischen Bevölkerung, Karlsruhe 2018, 2. Aufl. (= Forschungen und Quellen zur Stadtgeschichte. Schriftenreihe des Stadtarchivs Karlsruhe Bd. 1).