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De:Lexikon:ereig-0176: Unterschied zwischen den Versionen

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==Literatur==
==Literatur==
Peter Pretsch: Geöffnetes Narrenturney. Geschichte der Karlsruher Fastnacht im Spiegel gesellschaftlicher und politischer Entwicklungen, Karlsruhe 1995 (= Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs Bd. 16); ders.: Die Durlacher Fastnacht, in: Altes Neues, Beiträge zur Geschichte Durlachs und des Pfinzgaus, hrsg. v. Freundeskreis Pfinzgaumuseum Durlach e. V., Karlsruhe 1997, S. 85-109; ders.: Der Narrenbrunnen, in: Blick in die Geschichte. Karlsruher stadthistorische Beiträge, Bd. 2, Karlsruhe 1998, S. 323-325, https://www.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/literatur/stadtarchiv/HF_sections/content/ZZmmClFyyGegjB/Blick%20in%20die%20Geschichte%201993-1998.pdf (Zugriff am 20. November 2021); Jürgen Stoll: Die Daxlander Fastnacht in Vergangenheit und Gegenwart 1697-1997, Karlsruhe 1997; Manfred Fellhauer: Die Daxlander "Schlampenkapelle", in: Blick in die Geschichte Nr. 84 vom 18. September 2009, https://www.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/blick_geschichte/blick84/aufsatz2.de (Zugriff am 21. November 2021);Mitgliedsvereine des Festausschusses Karlsruher Fastnacht siehe: https://ka.stadtwiki.net/Festausschuss_Karlsruher_Fastnacht (Zugriff am 18. November 2021).
Peter Pretsch: Geöffnetes Narrenturney. Geschichte der Karlsruher Fastnacht im Spiegel gesellschaftlicher und politischer Entwicklungen, Karlsruhe 1995 (= Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs Bd. 16); ders.: Die Durlacher Fastnacht, in: Altes Neues, Beiträge zur Geschichte Durlachs und des Pfinzgaus, hrsg. v. Freundeskreis Pfinzgaumuseum Durlach e. V., Karlsruhe 1997, S. 85-109; ders.: Der Narrenbrunnen, in: Blick in die Geschichte. Karlsruher stadthistorische Beiträge, Bd. 2, Karlsruhe 1998, S. 323-325, https://www.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/literatur/stadtarchiv/HF_sections/content/ZZmmClFyyGegjB/Blick%20in%20die%20Geschichte%201993-1998.pdf (Zugriff am 20. November 2021); Jürgen Stoll: Die Daxlander Fastnacht in Vergangenheit und Gegenwart 1697-1997, Karlsruhe 1997; Manfred Fellhauer: Die Daxlander "Schlampenkapelle", in: Blick in die Geschichte Nr. 84 vom 18. September 2009, https://www.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/blick_geschichte/blick84/aufsatz2.de (Zugriff am 21. November 2021); Mitgliedsvereine des Festausschusses Karlsruher Fastnacht siehe: https://ka.stadtwiki.net/Festausschuss_Karlsruher_Fastnacht (Zugriff am 18. November 2021).

Version vom 27. Mai 2022, 14:10 Uhr


Zopfmiliz auf dem Marktplatz, Lithographie um 1843, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS XI 1633.
Großer Rat der Großen Karnevalsgesellschaft im Narrenschiff beim Umzug 1909, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS XI 1154.
Einzug der Tulpengarde zur NATO-Prunksitzung des FKF in der Schwarzwaldhalle, die 1965 erstmals im ZDF übertragen wurde, Stadtarchiv Karlsruhe 8/BA Schlesiger A12a/10/2/li.
Einweihung des Narrenbrunnens mit dem Künstler Markus Lüpertz neben Gardemädchen und Narren am 11. November 1997, Stadtarchiv Karlsruhe 8/Bildstelle I 7421/29.

Fastnacht

Maskenfeste wurden bereits im 18. Jahrhundert im Karlsruher Schloss und in provisorischen Theatergebäuden veranstaltet. Diese waren aber zumeist nur der Hofgesellschaft und höheren Ständen vorbehalten. Ein Beweggrund für die ersten Vereinsgründungen war sicherlich die Bestrebung, sich von der gesellschaftlichen Bevormundung durch den Adel zu befreien. Fastnachtsveranstaltungen wurden so schon im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts zu einem Schwerpunkt der Aktivitäten in den jeweiligen Vereinslokalen. Der erste Karlsruher Fastnachtsumzug kam dabei 1841 ganz spontan zustande. Ein Maskenball der Gesellschaft Eintracht mit einstudierten Gruppen- und Rollenspielen nach damals beliebten Theaterstücken war so erfolgreich gewesen, dass der Wunsch laut wurde, diese Fastnachtsfiguren am folgenden Tag auf der Straße der ganzen Bevölkerung vorzustellen.

Der 1843 von Künstlern und Literaten gegründete Narrenverein von Pfannenstielhausen wollte diesen erfolgreichen Anfang fortsetzen und dabei den Karnevalshochburgen Köln und Mainz unter anderem mit einem Narrenrat und einer männlichen Garde, der Zopfmiliz, nacheifern. Er verband das rheinische Vorbild in seinen Umzügen und Veranstaltungen aber auch mit Elementen der alemannischen Fastnacht. Schließlich stammten zwei der Initiatoren der Karlsruher Fastnacht, der Maler Lucian Reich und der Schriftsteller Berthold Auerbach, aus dem Schwarzwald.

In Narrenzeitungen wurden zudem die Spießbürger attackiert und karikiert und mitunter auch die Monarchie angegriffen und die Republik als erstrebenswerte Staatsform gepriesen. Mit der Niederschlagung der badischen Revolution 1848/49 wurden daher auch die Aktivitäten des Narrenvereins eingestellt. Erst zehn Jahre später wagten sich humoristische Vereinigungen der Gesangvereine Liederkranz und Liederhalle und die Studenten des Polytechnikums mit Fastnachtsumzügen wieder auf die Straße.

Im Kaiserreich wurden Fastnachtsveranstaltungen dann sogar von der Stadtverwaltung gefördert, die aufwendige Maskenbälle in der 1877 eröffneten Festhalle organisierte und attraktive Sachpreise für die besten Kostüme aussetzte. Die 1902 gegründete Große Karnevalsgesellschaft Karlsruhe verstand sich als Dachorganisation für alle Fastnachtsaktivitäten und konnte so vor dem Ersten Weltkrieg mindestens 40 Vereine zur Teilnahme an ihren prächtigen Umzügen gewinnen. Außerdem trug die Popularität des ersten Karnevalspräsidenten Fritz Römhildt, der als Verfasser humorvoller Mundartgedichte unter seinem Pseudonym Romeo überall bekannt war, dazu bei, dass die GroKaGe innerhalb weniger Jahre auf über 3.000 Mitglieder anstieg.

Wie schon im Ersten Weltkrieg waren Fastnachtsveranstaltungen in den ersten Jahren der Weimarer Republik wegen der schlechten Wirtschaftslage und aus moralischen Gründen verboten. Zwischen der Aufhebung des Fastnachtsverbots 1925 und der Weltwirtschaftskrise 1929 blieben den Karnevalsvereinen nur wenig Entfaltungsmöglichkeiten. Damals kamen aber schon Ballettaufführungen Karlsruher Tanzschulen in der Art des beliebten Revuetheaters wie etwa die der ehemaligen Ballerina des Landestheaters Olga Mertens-Leger zu den Sitzungen in Mode und Frauen spielten seitdem auch als Büttenrednerinnen eine aktivere Rolle im Karneval.

In der Zeit des Nationalsozialismus wurde die Fastnacht von 1934 bis 1939 von den Machthabern "als völkisches Brauchtum" gefördert, aber zunehmend unter anderem in den Umzügen, die zuletzt antisemitische Motivwagen mit sich führten, als Propagandainstrument missbraucht. Durch die starke Beteiligung des Indianervereins der Südstadt und von Narrengruppen der anderen Stadtteile mit altem Fastnachtsbrauchtum, wie den Schlampen aus Daxlanden oder den Augusten und Schlumpeln aus Durlach, kamen dennoch auch echte Karlsruher Traditionen zum Vorschein. Die Durlacher Karnevalsvereine protestierten 1938 in ihrem Umzug sogar gegen die Zwangseingemeindung ihrer Stadt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg gaben die Veranstaltungen, die von 1958 bis 1966 im Vorprogramm der Kinos, dem Karlsruher Monatsspiegel, gezeigt wurden, in den Wirtschaftswunderjahren dem wachsenden Wohlstand durch ihren repräsentativen Charakter Ausdruck. Die ersten Tanzgarden entstanden, als erste 1955 die Tulpengarde der KG Badenia und der Gardetanz entwickelte sich später zum Leistungssport in den meisten Vereinen, manche beteiligten sich sogar erfolgreich an deutschen und badisch-pfälzischen Meisterschaftsturnieren.

Die vielfältigen Aktivitäten der seit 1952 im Festausschuss Karlsruher Fastnacht ursprünglich sieben organisierten Karnevalsvereine haben im Lauf der Jahrzehnte einen imposanten Umfang angenommen, der sich nicht zuletzt auch im Umzug dokumentierte. Hier konnten zahlreiche Gastgruppen aus der Region und dem Dreiländereck zur Teilnahme gewonnen werden, so dass sie zu einem durch regionale TV-Sender übertragenen, abwechslungsreichen Bild beitrugen. Ausdruck der gewachsenen gesellschaftlichen Bedeutung der Karlsruher Fastnacht war 1997 die Einweihung des Narrenbrunnens auf dem Kronenplatz unter Beteiligung von mittlerweile zwei Dutzend Karnevalsvereinen. Hier wird nun regelmäßig am 11.11. die Fastnacht ins Leben gerufen und an Aschermittwoch beerdigt.

In den letzten Jahren hat ein Konzentrationsprozess im Vereinswesen eingesetzt und die Aktivitäten mussten gebündelt oder reduziert werden, eine Entwicklung, die durch die 2020 ausgebrochene Coronapandemie noch deutlich verschärft wurde.

Peter Pretsch 2021

Literatur

Peter Pretsch: Geöffnetes Narrenturney. Geschichte der Karlsruher Fastnacht im Spiegel gesellschaftlicher und politischer Entwicklungen, Karlsruhe 1995 (= Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs Bd. 16); ders.: Die Durlacher Fastnacht, in: Altes Neues, Beiträge zur Geschichte Durlachs und des Pfinzgaus, hrsg. v. Freundeskreis Pfinzgaumuseum Durlach e. V., Karlsruhe 1997, S. 85-109; ders.: Der Narrenbrunnen, in: Blick in die Geschichte. Karlsruher stadthistorische Beiträge, Bd. 2, Karlsruhe 1998, S. 323-325, https://www.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/literatur/stadtarchiv/HF_sections/content/ZZmmClFyyGegjB/Blick%20in%20die%20Geschichte%201993-1998.pdf (Zugriff am 20. November 2021); Jürgen Stoll: Die Daxlander Fastnacht in Vergangenheit und Gegenwart 1697-1997, Karlsruhe 1997; Manfred Fellhauer: Die Daxlander "Schlampenkapelle", in: Blick in die Geschichte Nr. 84 vom 18. September 2009, https://www.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/blick_geschichte/blick84/aufsatz2.de (Zugriff am 21. November 2021); Mitgliedsvereine des Festausschusses Karlsruher Fastnacht siehe: https://ka.stadtwiki.net/Festausschuss_Karlsruher_Fastnacht (Zugriff am 18. November 2021).