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Rabbiner (Rabbi, Raw, Rebbe)

Version vom 29. September 2022, 15:39 Uhr von Stadtarchiv3 (Diskussion | Beiträge)
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Rabbiner (Rabbi, Raw, Rebbe)

Als Rabbiner wird seit dem Altertum ein anerkannter jüdischer Gelehrter bezeichnet, der die Vorschriften der schriftlichen Lehre (Tora) und der mündlichen Lehre (Mischna/Talmud) auslegt. Das hebräische Wort Rabbi lässt sich mit "mein Lehrer/mein Meister" übersetzen. Nach einem Studium wird er von einem Rabbinerkollegium in sein Amt eingesetzt (Semicha). Er ist kein Priester wie zum Beispiel Pfarrer christlicher Konfession, das heißt er leitet nicht unbedingt den Gottesdienst, was eher die Aufgabe von Vorbetern oder Kantoren ist - eine Funktion, die jeder befähigte männliche Jude ausüben kann. Der Rabbiner ist vielmehr das geistige Oberhaupt der Gemeinde, Richter oder Berater in allen möglichen Fragen des Religionsgesetzes (Halacha), oft auch Religionslehrer und Prediger. Es besteht keine Hierarchie vergleichbar der im christlichen Klerus, gleichwohl wurden (und werden) bestimmte Rabbiner besonders verehrt oder hatten höhere Funktionen.

Fürsten der Neuzeit nahmen Einfluss auf die Besetzung von Rabbinerstellen und bestimmten in Baden bis 1809 die Funktion des Oberlandrabbiners, der seit circa 1720 in Karlsruhe ansässig war. Seitdem regelte das Badische Judenedikt vom 13. Januar 1809 die bürgerlichen und kirchenrechtlichen Verhältnisse grundlegend neu. Für Rabbiner ist in Artikel 30 festgehalten, "Jede Ortssynagoge hat zu ihrem kirchlichen Beamten einen Ortsrabbiner, der gehörig studiert haben, ordnungsgemäß geprüft, von der Behörde ernannt, und von der Provinzregierung bestätigt sein muss [...]".

Offizielle Rabbiner der Gemeinden und bis 1805/09 Oberlandrabbiner (das heißt abgesehen von Privatgelehrten oder Stiftsrabbinern beispielsweise der Wormserschen 1819 oder Lerichschen Stiftung 1857), waren in Karlsruhe bis zur Zerstörung des jüdischen Lebens im Nationalsozialismus:

1718-1749 Nathan Uri Kahn
1750-1769 Netanel (Nathanael) Weil
1770-1805 Tia Weil
Verweser 1805-1809 Seeligmann Reiss
Verweser 1805-1808 Nathan Weil
1809-1837 Löw Ascher
Verweser 1837-1842 Elias Willstätter
1842/47-1874 Benjamin Willstätter

Rabbiner der liberalen Gemeinde seit 1869, Israelitische Religionsgemeinschaft:

-1874 Benjamin Willstätter
1875-1893 Dr. Adolf Schwarz
1894-1919 Dr. Meier Appel
1918/19-1923 Dr. Viktor Kurrein
Verwalter 1923-1925 Dr. Julius Cohn
1925-1939 Dr. Hugo Schiff

Rabbiner der orthodoxen Gemeinde seit 1869, Israelitische Religionsgesellschaft:

(1869-1874) Nathanael Weil
1874-1876 Herz Naftali Ehrmann
1876-1883 Dr. Gedalja Gabor Goitein
1884-1923 Dr. Sinai Schiffer
1924-1938 Dr. Abraham Jechiel Michalski

Seit 1884 gab es aufgrund der Aufgabenfülle bei der liberalen Gemeinde zeitweise 2 "Stadtrabbiner":

1884-1895 Dr. Leopold Treitel (2. Januar 1845 Breslau - 4. März 1931 Laupheim)
1895-1896 Dr. David Sander (13. September 1867 Kurnik/Posen - 1939 Gießen)
1897-1903 Dr. Salomon Posner (10. März 1866 Konin - 15. Oktober 1942 Netanya)
1903 Dr. Juda Bergmann (30. August 1874 Berezhany - 22. November 1956 Jerusalem)
1904-1912 Dr. Julius Zimels (1. August 1872 Brody - 1955 Israel)
1913-1917 Dr. Hermann Löb (9. März 1884 Bruchsal - 1962 Göteborg)
1918 Dr. Viktor Kurrein
1919-1923/25 Dr. Julius Cohn
1932-1934 Dr. Hans Andorn (7. August 1903 Hattingen - 26. Februar 1945 KZ Bergen-Belsen)
1934-1936 Dr. Ulrich Steuer (16. August 1912 Breslau - 1973 Milwaukee)

Jürgen Schuhladen-Krämer 2012

Literatur

Juden in Karlsruhe, hrsg von Ernst Otto Bräunche/Manfred Koch/Heinz Schmitt, Karlsruhe 1988 (= Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs Bd. 8), Buch zum Download (PDF); Josef Werner: Hakenkreuz und Judenstern. Das Schicksal der Karlsruher Juden im Dritten Reich, 2. überarbeitete und erweiterte Auflage Karlsruhe 1990, Buch zum Download (PDF) (Zugriff jeweils am 29. September 2022).