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De:Lexikon:ins-0330

Ankündigung von Wahlveranstaltungen der SPD in verschiedenen Karlsruher Stadtteilen, 28. Dezember 1918, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS X 1300.
Plakat zu einer Veranstaltung der SPD am 11. März 1947, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS X 3195.

SPD Karlsruhe

Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) Karlsruhe wurde 1876 gegründet. In diesem Jahr hatten sich der 1863 gegründete Allgemeine Deutsche Arbeiterverein (ADAV) und die 1869 gegründete Sozialdemokratische Arbeiterpartei Deutschlands (SDAP) zur Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands (SAPD) vereinigt. Eine Karlsruher Ortsgruppe des ADAV hatte bereits seit 1869 bestanden. Nach Inkrafttreten des Sozialistengesetzes 1878 konnte die Parteiarbeit auch in Karlsruhe nur noch illegal in Ersatzorganisationen, sogenannten Pfeifenklubs, fortgeführt werden, Parteimitglieder wurden verfolgt. Nach der Aufhebung des Sozialistengesetzes 1890 gewann die Partei, die sich nun SPD nannte, in Karlsruhe erstmals drei Sitze im Bürgerausschuss der Stadt, deren Zahl trotz des undemokratischen Dreiklassenwahlrechts stetig größer wurde. 1908 stellte die SPD mit Wilhelm Kolb und Eugen Geck die ersten von 22 Karlsruher Stadträten. Im 1911 gewählten 96-köpfigen Bürgerausschuss waren 30 Sozialdemokraten vertreten. Sie setzten sich für den Ausbau des Karlsruher Rheinhafens, die Durchsetzung der Sonntagsruhe und für den Verbleib der Straßenbahn in städtischem Besitz ein. Im Wahlkreis Karlsruhe konnte die SPD durch den Offenburger Adolf Geck und den Karlsruher August Schaier 1897 erstmals zwei Mandate für die Badische Ständeversammlung gewinnen. Seit dem 1. April gab die SPD auch eine eigene Parteizeitung in Karlsruhe heraus, als der Volksfreund aus Offenurg in den Besitz der Landespartei überging und die Redaktion hierher verlegt wurde.

Während der revolutionären Umbruchphase 1918/19 nahmen Mitglieder der Karlsruher SPD eine führende Rolle ein bei der Grundlegung der demokratischen Republik: Ludwig Marum, Adam Remmele und Leopold Rückert wurden Minister, Eduard Dietz verfasste den Entwurf der neuen badischen Verfassung. Mehrere Karlsruher SPD-Mitglieder zogen in das Landesparlament ein, darunter Leo Kullmann, Richard Horter, Oskar Trinks und Kunigunde Fischer. In Karlsruhe wurde die SPD 1922 stärkste Fraktion und blieb es bis 1930. 1919-1933 amtierte Heinrich Sauer als erster sozialdemokratischer Bürgermeister und im Stadtrat saßen nun mit Kunigunde Fischer und Lisa Müller auch sozialdemokratische Frauen.

Nach der Machtübernahme der NSDAP begannen ab März 1933 in Karlsruhe die Verfolgung und Verhaftung von SPD-Mitgliedern. In einer öffentlichen Schaufahrt am 16. Mai 1933 wurden sieben führende Sozialdemokraten durch die Karlsruher Innenstadt in das Konzentrationslager Kislau transportiert. Das offizielle Verbot der SPD erfolgte am 23. Juni 1933. Den schon vor 1933 geführten Kampf gegen die Nazis (Eiserne Front) setzten eine Reihe Sozialdemokraten im aktiven Widerstand danach fort. Dazu gehörten unter anderen Friedrich Weick, Hermann Walter, Karl Konz und Hellmuth Stutz. Öffentliche Kritik artikulierten die SPD-Mitglieder Pfarrer Hanns Löw und Jugendpfarrer Heinz Kappes. Zehn Sozialdemokraten fanden durch Verfolgung den Tod, über 50 wurden im KZ, Zuchthaus oder Gefängnis inhaftiert.

Schon bald nach Kriegsende wurden Sozialdemokraten wieder aktiv und nahmen beim Wiederaufbau unter anderem im Bezirksverwaltungsamt unter Leitung von August Furrer sen. wichtige Aufgaben wahr. Die offizielle Wiedergründung der SPD erfolgte am 21. September 1945 in der Gaststätte Zum weißen Berg mit Friedrich Töpper als erstem Vorsitzenden. In der Folgezeit war die SPD die dominierende politische Kraft in der Stadt. 1945-1970 stellte sie mit Hermann Veit (1945/46), Friedrich Töpper (1947-1952) und Günther Klotz (1952-1970) die Oberbürgermeister, 1947-1975 gehörte die Mehrheit - 1959-1968 die absolute Mehrheit - der Karlsruher Stadträtinnen und Stadträte der SPD an. Bis heute blieb die SPD im Stadtrat die zweitstärkste Partei, stellte regelmäßig Bürgermeister und seit 2013 erneut den Oberbürgermeister. Auf Landes- und Bundesebene blieb die SPD bei den Wahlergebnissen in der Regel hinter der CDU zurück, erstmals gewann sie 1969 das Direktmandat für den Bundestag. Gleichwohl gelangten Mitglieder der Karlsruher SPD in den Landtag, den Bundestag und das Europaparlament, so bis zu den 1990er Jahren zum Beispiel Hermann Veit, Alex Möller, Fritz und Peter Corterier, Hanne Landgraf, Gerlinde Hämmerle und Heinke Salisch.

Die Karlsruher Parteiorganisation wurde ab 1960 erstmals hauptamtlich von Harald Foltin geleitet. Bis 1988 befand sich das Parteibüro in der Waldstraße und seitdem residiert es unter der Anschrift Am Künstlerhaus 30. Der SPD-Kreisverband Karlsruhe-Stadt ist heute in 20 Ortsvereinen organisiert und es bestehen sieben Arbeitsgemeinschaften, seit 1998 vergibt die Partei den Ludwig-Marum-Preis.

Manfred Koch 2016

Quellen

StadtAK 8/ZGS 29 Parteien, 8/StS 29 (Parteinachlass Peter Paepcke); Nachlass Frithjof Kessel (unverzeichnet).

Literatur

Josef Eisele: 70 Jahre Dienst am Volke. Sozialdemokratische Partei Deutschlands, Ortsverein Karlsruhe, Karlsruhe 1959; Jutta Stehling (Red.): 100 Jahre SPD Karlsruhe. Dokumentation, Karlsruhe 1977; Monika Pohl/Manfred Koch: 125 Jahre SPD Karlsruhe, in: Manfred Koch (Hrsg.): Im Mittelpunkt der Mensch. Parlamentsreden Karlsruher SPD-Abgeordneter, Karlsruhe 2001, S. 16-44; Susanne Asche/Ernst Otto Bräunche/Manfred Koch/Heinz Schmitt/Christina Wagner: Karlsruhe – Die Stadtgeschichte, Karlsruhe 1998, passim.