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Verein Karlsruher Presse (Journalisten- und Schriftstellerverein)


Verein Karlsruher Presse (Journalisten- und Schriftstellerverein)

Am 16. Dezember 1892 gründeten im Saal der Museumsgesellschaft Journalisten und Schriftsteller dem Vorbild anderer Städte folgend einen Karlsruher Schriftsteller- und Journalistenverein zur Förderung ihrer Standesinteressen. In Berlin war 1862 der erste deutsche Verein dieser Art entstanden. Zu den Karlsruher Gründungsmitgliedern gehörten der Dichter Heinrich Vierordt (1. Vorsitzender) und Julius Katz (2. Vorsitzender), der Chefredakteur der nationalliberalen Badischen Correspondenz, später der Karlsruher Zeitung, der Schriftsteller Johann von Wildenrath (Schriftführer), der Direktor der Kunstgewerbeschule Hermann Götz (Kassier) sowie als Beisitzer Hoftheater-Direktor Otto Hancke, der Chefredakteur der Karlsruher Zeitung Wilhelm Harder, der Chefredakteur des Badischen Landesboten Hermann Lippe und Alexander von Sybel, Bruder von Heinrich von Sybel, mehrere Jahre Chefredakteur der Badischen Landeszeitung. Auch weitere Chefredakteure waren unter den Gründungsmitgliedern, so Jodokus Fiege (Badischer Beobachter) und Adam Röder (Badische Landpost), aber auch der Journalist und Schriftsteller Leopold von Pezold und der einflussreiche Ingenieur und Journalist Otto Ammon, der als Begründer der deutschen Sozialanthropologie gilt, an die später NS-Rasseforscher anknüpften.

In den folgenden Jahren wurde der Verein rasch fester Bestandteil des Karlsruher Gesellschaftslebens, er veranstaltete regelmäßig unter anderem Bälle und Gesellschafts- und Familienabende, an denen auch Oberbürgermeister Karl Schnetzler und andere städtische Honoratioren teilnahmen. Jahrelang amtierte Julius Katz, der hohes Ansehen genoss, als Vorstand des Vereins.

Am 9. März 1910 entstand aber ein neuer Verein Karlsruher Presse, weil der Schriftsteller- und Journalistenverein schon seit längerem nicht mehr existierte. Er hatte sich als stark an den Honoratioren orientierter Verein überholt und wurde nun ersetzt von einem reinen Berufsverein ohne Schriftsteller zur „Wahrung und Förderung der Berufs- und Standesinteressen sowie zur Pflege des kollegialen Verkehrs“. Zum 1. Vorsitzenden wurde Dr. Ludwig Munzinger, Chefredakteur der Badischen Landeszeitung, gewählt. Dem nach wie vor von bürgerlichen Journalisten dominierten Verein gehörten nun aber auch Redakteure des sozialdemokratischen Volksfreunds an, was diesen veranlasste, im August 1913 diese Mitgliedschaften mit der Notwendigkeit einer Standesvertretung zu begründen. Positiv hob man hervor, dass ein bürgerlicher Journalist wie der Chefredakteur der Karlsruher Zeitung Kurt Amend in der Lage war, den nach Freiburg zur Volkswacht wechselnden späteren Landtagsabgeordneten Anton Weißmann würdig zu verabschieden.

Wie schon im Vorgängerverein blieben aber Auseinandersetzungen nicht aus, vor allem die Redakteure des Badischen Beobachters gerieten mit nationalliberalen Kollegen öfters aneinander. Als Ludwig Munzinger kurz nach seiner Wahl mit dem Ende seiner Tätigkeit für die Landeszeitung als Vorsitzender zurücktrat und mit ihm der 2. Vorsitzende Dr. Johannes Rathje, der nach Nürnberg zog, wurde 1911 der Chefredakteur des Volksfreunds Wilhelm Kolb 2. Vorsitzender. Erster Vorsitzender wurde der Chefredakteur der Badischen Presse Albert Herzog. Durch Zuwahl wurde Otto Ernst Sutter, der Karlsruher Vertreter der „Frankfurter Zeitung", in den Vorstand berufen. Der Verein, in dem der langjährige Vorsitzende Albert Herzog auch nach außen eine führende Rolle einnahm, überstand den Ersten Weltkrieg gut. Zu Querelen kam es aber gleich zu Beginn der Weimarer Republik, als die Redakteure des Karlsruher Tagblatts aus Protest gegen die Mitgliedschaft von Knud Ahlhorn, des kurzzeitigen Chefredakteurs des neuen Blattes der USPD Sozialistische Republik, austraten.

Als der langjährige Vorsitzende Herzog 1920 nach Wuppertal zog, wurde der Chefredakteur der Landeszeitung und Generalsekretär der DDP Karl Dees bis 1927 sein Nachfolger. Im März 1927 übernahm der Redakteur der Badischen Presse Karl Binder den Vorsitz. Unter diesen beiden Vorsitzenden wurden die vom Verein organisierten jährlichen Pressebälle zum gesellschaftlichen Ereignis, dessen Kosten 1928 gar die Kritik des sozialdemokratischen Volksfreunds hervorrief, der diese nicht mit der Notlage weiter Bevölkerungskreise vereinbar hielt. Im Adressbuch 1933/34 ist der Verein mit dem Vorsitzenden Karl Binder letztmals nachzuweisen.

In der Nachkriegszeit entstand am 16. Februar 1949 erneut ein Karlsruher Presseclub, dessen erster Vorsitzender Wilhelm Baur, Verleger der Badischen Neuesten Nachrichten (BNN) war. Ziel war die Vereinigung der in Karlsruhe wohnenden Journalisten „auf geselliger Grundlage“. Vortragsveranstaltungen mit renommierten Vortragenden, Bühnen- und Pressebälle gehörten fortan zum Jahresprogramm. Der Presseballavancierte zu einem gesellschaftlichen Ereignis, bei dem sich "Menschen mit Rang und Namen" sehen lassen musten. Die Einnahmen wurden gespendet. 70 Jahre nach seiner Gründung hatte sich der Verein, dem ursprünglich nur hauptberufliche Redakteurinnen und Redakteure angehörten, geöffnet für weitere im Medienbereich Tätige wie Pressesprecherinnen und Pressesprecher. Die Vorsitzende Irmgard Duttenhofer kündigte an, dass künftig auch Blogger, Youtuber und Influencer, sofern sie hauptberuflich arbeiteten, beitreten könnten. Der seit 2016 eingeleitete Wandlungsprozess vom in der Öffentlichkeit als reiner Wohltätigkeitsverein wahrgenommene Presseclub zurück zu einem Branchenverband sollte fortgesetzt werden. Zu den Neuerungen gehörten nun Frühstücksgespräche statt der abendlichen Treffen, ein Schülerzeitungswettbewerb und Fortbildungsangebote. 2021 wurde erstmals ein Journalistenpreis an den langjährigen Lokalredakteur Rupert Hustede vergeben.

Ernst Otto Bräunche 2021

Quellen

Chronik 1910, S. 108, https://www.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/literatur/chronik/HF_sections/content/ZZmmykr28mGp7v/10_Dq1_Karl_Chronik_1910.pdf (Zugriff am 5. Januar 2021); Albert Herzog: Zwischen den Zeilen. Erinnerungen aus einem deutschen Journalistenleben, in: Badische Presse vom 27. Juli 1936, StadtAK 8/Ze 7, https://digital.blb-karlsruhe.de/blbz/periodical/pageview/2174045?query=Journalistenverein (Zugriff am 5. Januar 2021); Badische Neueste Nachrichten (BNN) vom 17. Februar 1949, https://digital.blb-karlsruhe.de/blbz/periodical/pageview/4710700?query=Presseclub (Zugriff am 3. Februar 2021); Albert Herzog: Ihr glücklichen Augen. Ein Karlsruher Journalist erzählt aus seinem Leben, Karlsruhe 2008; Zeitzeugen berichten. Leonhard Müller im Gespräch mit Josef Werner, in: Blick in die Geschichte. Karlsruher stadthistorische Beiträge, Redaktion Manfred Koch und Leonard Müller, Bd. 3, Karlsruhe 2004, S. 263-26, S. 265, https://www.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/literatur/stadtarchiv/HF_sections/content/ZZmmCkfzTfr4ZR/Blick%20in%20die%20Geschichte%201998-2003.pdf (Zugriff am 3. Februar 2021); Website des Presseclubs https://presseclub-karlsruhe.com/category/allgemein/ (Zugriff am 3. Februar 2021).

Literatur

Ernst Otto Bräunche: „Schon wieder eine neue Zeitung!“ Ein Überblick zur Entwicklung der Presselandschaft in Karlsruhe seit dem 18. Jahrhundert, in: Forschungen und Quellen. Schriftenreihe des Stadtarchivs Karlsruhe Bd. 21 (erscheint 2022).