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Badische Neueste Nachrichten (BNN)


Bundesaußenminister Hans Dietrich Genscher (FDP) auf dem Weg zur Redaktionskonferenz der BNN im Rahmen des Landtagswahlkampfs 1976, Stadtarchiv Karlsruhe 8/BA Schlesiger A31/68/4/39.

Badische Neueste Nachrichten (BNN)

Als am 1. März 1946 die erste Ausgabe der Badischen Neuesten Nachrichten nach dem Zweiten Weltkrieg erschien, bekam Karlsruhe etwas später als andere badische Städte wieder eine eigene Tageszeitung. Da die Besatzungsmächte neue Lizenzen nicht an Altverleger vergaben, wurden der Mitbegründer der Christlich-Demokratischen Partei (CDP), später Christlich Demokratische Union (CDU), Wilhelm Baur, 1946 bis 1971 Stadtrat, und Walter Schwerdtfeger, der 1947 für die SPD in den Gemeinderat (bis 1951) einzog, erste Lizenzinhaber für Karlsruhe. Zurückblickend schrieb Baur, dass nicht die farblosen, charakterleeren Generalanzeiger der Weimarer Republik und auch nicht die demokratischen Zeitungen Vorbild gewesen seien. Er sah die BNN vielmehr als „eine Verbindung von Heimatzeitung und treuhänderischem Sachwalter der Demokratie“, die den im Grundgesetz verankerten Idealen verpflichtet sei. Von Anbeginn an waren und blieben die BNN dabei eine eher konservativ ausgerichtete Tageszeitung.

Chefredakteure waren bis 1950 Wilhelm Baur und Walter Schwerdtfeger. Nach dessen Ausscheiden übernahm Wilhelm Baur ab Mitte April 1950 als alleiniger Herausgeber und Chefredakteur bis 1973. Ihm folgte bis 1994 der streitbare und polarisierende Konservative und frühere Chefredakteur der Badischen Volkszeitung Edwin Kraus. Nur sechs Jahre war danach Gottfried Capell im Amt, der von der Frankfurter Neuen Presse gekommen war. Nach dessen überraschendem Tod im Juni 2000 und einer kurzen Interimslösung übernahm der spätere Adoptivsohn von Hans W. Baur, Neffe und Nachfolger des Zeitungsgründers, Klaus Michael Willimek die Chefredaktion. 2005 wurde er nach dem Tod von Baur auch Verleger. Hans W. Baur hatte zusammen mit Brunhilde Baur, Ehefrau des 1973 verstorbenen Wilhelm Baur 1994 die Zeitung in die Wilhelm-Baur-Stiftung eingebracht.

Die BNN starteten 1946 mit zwei Ausgaben in der Woche und einer Auflage von circa 115.000 Exemplaren, die auch als Folge weiterer Zeitungsgründungen 1947 auf unter 80.000 fiel, um dann aber kontinuierlich anzusteigen. So mussten die BNN im Juli 1947 auf Anweisung der Besatzungsmacht 30.000 Abonnenten an die neu gegründete Allgemeine Zeitung (AZ) abtreten. 1955 war die Startauflage aber wieder erreicht. In der ersten Hälfte der 1950er-Jahre übernahmen die BNN etliche Lokalzeitungen im Umkreis, 1953 die Bruchsaler Post und die Brettener Nachrichten, 1954 die Rastatter Zeitung und die Murgtaler Rundschau, 1955 den Acher- und Bühler Boten und die Baden-Badener Zeitung. Die Gesamtauflage stieg auf knapp 120.000, womit die BNN die größte badische Tageszeitung waren. 1968 stieg die Auflage dann auf über 150.000 Exemplare an und erreichte in den 1970er-Jahren mit über 160.000 Exemplaren ihren Höchststand, der im folgenden Jahrzehnt noch einmal auf 172.000 im Jahr 1985 gesteigert werden konnte. Die Badischen Neuesten Nachrichten waren damit durchgehend seit 1946 die auflagenstärkste Karlsruher Tageszeitung. Als in den 1960er-Jahren im Zuge eines bundesweiten Konzentrationsprozesses die anderen nach dem Krieg neu gegründeten Zeitungen ihr Erscheinen einstellen mussten, gelangten die BNN in eine Monopolstellung, die sie bis heute innehaben.

Gedruckt wurde die Zeitung zuerst in der ehemaligen Volksfreund-Druckerei in der Waldstraße, ehe zum 1. April 1946 die Druckerei in die Lammstraße, in das vormalige Verlagshaus der Badischen Presse, ab 1934 des NS-Organs Der Führer verlegt wurde. Dadurch konnte die Zeitung auch fortan im Großformat erscheinen. Sechsmal in der Woche erschienen die BNN nach der Anschaffung einer neuen Rotation ab 23. Oktober 1950. Bis dahin hatte die alte, aus den Trümmern gerettete Rotation, die auch weiterhin in Betrieb blieb, die Zeitung gedruckt. 1978 wurde auf Fotosatz umgestellt. Nachdem die Räume in der Lammstraße zunehmend zu eng geworden worden, zogen die BNN 1986 nach Neureut, wo sich seit 1971 schon die Druckerei befand. 2019 kehrte die Lokalredaktion allerdings wieder an den Traditionsstandort in der Innenstadt zurück.

Zu besonderen Ereignissen traten und treten die BNN gemeinsam oder mit Partnern mit Veranstaltungen an die Öffentlichkeit wie zum Beispiel mit dem Landesverein Badische Heimat im Rahmen der Diskussion um die Bebauung des Ständehausareals in den Jahren 1987/88.

Neue Wege ging man 1987, als sich die BNN an dem lokalen Rundfunksender Welle Fidelitas beteiligten, der aber 2002 die Lizenz verlor und seinen Betrieb einstellen musste. Auch der technische Fortschritt machte sich bemerkbar, als 2005 die erste ePaper-Ausgabe erschien, 2013 und 2017 wurden Apps gestartet. Die Gesamtauflage der Printausgabe, die seit dem 11. März 2012 im rheinischen Format erscheint, erreichte nach 2000 nicht mehr die Höchststände der 1970er- und 1980er-Jahre und liegt heute bei rund 100.000 Abonnenten. 2020 erschienen neun Lokalausgaben mit identischem Mantelteil: Achern, Bühl (Acher- und Bühler Bote), Baden-Baden, Bretten (Brettener Nachrichten), Bruchsal (Bruchsaler Rundschau), Ettlingen, Karlsruhe-Land (Hardt), Karlsruhe-Stadt, Pforzheim (Pforzheimer Kurier), Rastatt/Gaggenau. Am 13. Mai 2021 verkündete der Verleger der BNN Michael Baur nach dem Kauf der aller Anteile an der Zeitung die "Fusion" der BNN mit dem Baden-Badener Badischen Tagblatt.

Ernst Otto Bräunche 2021

Quellen

Badische Neueste Nachrichten, StadtAK 8/Ze 15; 25 Jahre BNN 1946-1971, Beilage zu den Badischen Neuesten Nachrichten (BNN) vom 1. März 1971; 75 Jahre BNN, Sonderbeilage vom 1. März 2021, S. 4-13.

Literatur

Ernst Otto Bräunche: „Schon wieder eine neue Zeitung!“ Ein Überblick zur Entwicklung der Presselandschaft in Karlsruhe seit dem 18. Jahrhundert, in: Forschungen und Quellen. Schriftenreihe des Stadtarchivs Karlsruhe Bd. 21 (erscheint 2021); Manfred Koch: Trümmerstadt - Residenz des Rechts – Zentrum der Technologieregion. Wechselvoller Weg in die Gegenwart, in: Susanne Asche/Ernst Otto Bräunche/Manfred Koch/Heinz Schmitt/Christina Wagner: Karlsruhe - Die Stadtgeschichte, Karlsruhe 1998, S. 519-673, https://www.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/literatur/stadtarchiv/HF_sections/content/ZZmoP1XI2Dw44t/Karlsruhe%20Die%20Stadtgeschichte.pdf (Zugriff am 7. März 2021); Josef Werner: Baur, Josef Wilhelm, in: Baden-Württembergische Biographien Bd. 5, hrsg. von Fred L. Sepaintner, Stuttgart 2013, S. 11-13.