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St. Peter und Paul in

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St. Peter und Paul in Mühlburg, um 1960, Stadtarchiv Karlsruhe 8/Alben 174/190.

St. Peter und Paul in Mühlburg

Nach dem Erhalt des Stadtrechts 1670 siedelten sich in dem 1556 lutherisch gewordenen Mühlburg erstmals wieder Katholiken an, die von der Pfarrei Daxlanden seelsorgerisch betreut wurden. Als die Stadt 1867 rund 1.200 Katholiken zählte, war der Bau einer eigenen Pfarrkirche unumgänglich. Adolf Williard, seit Sommer 1869 Leiter des Erzbischöflichen Bauamts in Karlsruhe, wurde mit der Planung betraut. Dem 1873 vorgelegten Entwurf einer dreischiffigen Basilika mit Querhaus, folgte, da vom Stiftungsrat als zu aufwendig kritisiert, 1878 die schlichte Konzeption einer Saalkirche mit Rechteckchor und seitlichem Turm.

Nachdem die Gemeinde 1882 das heutige Anwesen an der Straße von Karlsruhe (heute Rheinstraße) als Bauplatz erworben hatte, arbeitete Williard 1883 noch einen dritten Entwurf aus, der wiederum eine dreischiffige Basilika mit Doppelturmfassade, halbrunder Apsis und zwei seitlichen Anbauten vorsah und bis auf wenige Abweichungen im Aufriss auch zur Ausführung gelangte. Am 29. Juni 1884, dem Fest der Kirchenpatrone Petrus und Paulus, erfolgte die Grundsteinlegung. Nach der Fertigstellung des Baues Ende 1886 wurde die Gemeinde von der Mutterpfarrei Daxlanden getrennt und am 16. Dezember 1886 zur Kuratie St. Peter und Paul in Mühlburg erhoben. An Heiligabend 1886 fand der erste Gottesdienst statt, am 9. Mai 1889 die Konsekration und am 5. März 1899 die Erhebung der Kuratie zur Stadtpfarrei.

Die aufgrund ihrer Lage an der Hauptverkehrsstraße nach Norden gerichtete Doppelturmfassade zeigt einen zweigeschossigen Mittelbau mit Dreiecksgiebel, der seitlich von viergeschossigen, leicht zurückgesetzten Türmen gefasst wird. Der Mittelbau öffnete sich im Untergeschoss über drei monumentale Rundbogenarkaden in eine Vorhalle, von der man durch drei, von Lünetten überfangenen Portalen in das Mittelschiff gelangte. Das Obergeschoss modifiziert mit den drei Rundnischen, die Christus mit Kreuz und zwei Engeln als Halbrelief zeigen, das Arkadenmotiv. Ein reich dekorierter Oculus im Giebelfeld und ein steinernes Firstkreuz schlossen die Konzeption des Mittelbaues nach oben hin ab. Die Türme bestanden in den unteren drei Geschossen bis auf kleine Rechtecköffnungen aus geschlossenem Mauerwerk. Lediglich das Glockengeschoss mit den das Palladio-Motiv zitierenden Klangöffnungen lockerte mit seiner lichten Gestaltung den blockhaft gelagerten Gesamteindruck der Basilika auf.

Im Inneren öffnete sich das breite Mittelschiff über weite Rundbogenarkaden zu den schmalen Seitenschiffen. Die drei Schiffe besaßen flache Holzdecken, während der Chor, unbestrittener Kulminationspunkt sämtlicher Kirchenbauten Williards, gewölbt war. Ein Triumphbogen leitete zu dem etwas höher gelegenen Sanktuarium über, dessen halbkreisförmige Apsis mit Fresken von Karl Brünner (zentrale Chorwand: Kreuzigung Christi; drei Lünetten: unter anderem Heilige Dreifaltigkeit) geschmückt war. Dem Chor gegenüber befand sich die Orgelempore, für die der Architekt geschickt die nach innen gezogene, ebenfalls als monumentale Drillingsarkade gestaltete Vorhalle nutzte. Die Rundbogenfenster des Mittelschiffs zeigten Grisaille-Teppiche mit farbigen Bordüren, die Oculi der Seitenschiffe gaben zehn der 14 Kreuzwegstationen wider (Entwurf: Johannes Klein); drei weitere Stationen waren in den Lünetten über den Eingängen dargestellt; die 14. Station, die Williard auf einem Seitenaltar widergeben wollte, wurde nicht umgesetzt. Die seitlichen Chorfresken wurden vor 1903 durch den Maler Josef Vittur ausgeführt. Von 1924-1929 wurde der Innenraum renoviert mit Veränderungen im Chor (Ausmalung Albert Haueisen) und vermutlich Zumauern der Seitenschifffenster.

Beim Luftangriff am 4. Dezember 1944 wurde die Basilika bis auf die Nordfassade zu großen Teilen zerstört. Unter Einbezug der Fassade erfolgte von 1954-1956 der Neubau der Kirche nach Plänen von Werner Groh. Das Mittelschiff wurde aus grauem Stahlbeton errichtet, dessen Außenwände sich skelettartig in kleinteilige Glasscheiben auflösen. Die von Lichtbändern abgeschlossenen Außenwände der Seitenschiffe und die Außenwand der Apsis sind in Analogie zur Hauptfront in rotem Sandstein verkleidet. Den Fensterzyklus in den Seitenschiffen von der Erschaffung der Welt bis zur Auferstehung Christi schuf Emil Wachter (Ausführung Karlsruher Glaswerkstätten). Ende der 1960er-Jahre wurde das Glockengeschoss mit einfachen Rundbogenöffnungen instandgesetzt. Ab 1974 abermalige Renovierung des Innenraums und Umgestaltung des Chorraums unter Leitung von Werner Groh.

Die ersten vier Glocken (Weihe 18. Oktober 1886; Westturm) wurden in der Villinger Glockengießerei Grüninger gefertigt, alle nachfolgenden in der Karlsruher Glockengießerei Gebrüder Bachert. 1917 und 1942 fielen jeweils fünf der sechs Glocken der Metallspende zum Opfer. 1957 erhielt St. Peter und Paul sein bisher letztes sechsstimmiges Geläut (künstlerische Gestaltung der Glocken Clara Kress). Über die erste Orgel, die wohl bis 1944 bespielt wurde, ist nichts bekannt. Die von der Ludwigsburger Orgelbaufirma Walcker 1947/48 für die Notkirche gefertigte Orgel konnte endlich 1961 durch die noch heute vorhandene Klais-Orgel (Bonn) ersetzt werden.

Katja Förster 2013

Literatur

Simone Engleder: Der badische Kirchenbaumeister Adolf Williard (1832-1923), [Diss. Univ. Karlsruhe, 2000], Aachen 2000, S. 104-113; Hundert Jahre Pfarrei Sankt Peter + Paul Mühlburg. 1886-1986. Gedanken und Berichte über Hundert Jahre Katholisches Gemeindeleben im Westen der Stadt Karlsruhe, hrsg. von der katholischen Pfarrgemeinde Sankt Peter und Paul Karlsruhe-Mühlburg, Karlsruhe 1986; Jürgen Krüger: Kirchen in Karlsruhe und die Synagoge, hrsg. von Günter Frank u. a., Ubstadt-Weiher 2015, S. 148-150.