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Großherzogliche Landesgewerbehalle


Landesgewerbeamt, ca. 1930/33, Stadtarchiv Karlsruhe 8/BA Schmeiser 10294.

Großherzogliche Landesgewerbehalle

Nach der Einführung der Gewerbefreiheit im Großherzogtum Baden 1862 wurde der Ruf nach einer zentralen Anstalt für die Förderung von Gewerbe und Handel zunehmend lauter. Am 7. März 1864 beschloss der Badische Landtag die Errichtung einer Landesgewerbehalle, die den Gewerbetreibenden unentgeltlichen Zugang zu einer alle Gewerbe- und Handelszweige umfassenden Bibliothek und zu drei Sammlungen – Zeichenwerke und Fotografien; Modelle und weniger bekannte Rohstoffe; moderne Werkzeuge, Maschinen und Fabrikate – bieten sollte. Auch sollte eine ständige Ausstellung mit den neuesten gewerblichen Erzeugnissen der inländischen Industrie eingerichtet werden.

Am 23. Mai 1865 wurde im ehemaligen, 1804/05 nach Plänen von Friedrich Weinbrenner erbauten Wohnhaus des Obersts Georg von Beck in der Karl-Friedrich-Straße 17 die Landesgewerbehalle eröffnet. Zum Leiter der Einrichtung, die dem Handelsministerium unterstand, wurde der an der Heidelberger Universität lehrende Physiker Heinrich Meidinger berufen, der bis zu seiner Zurruhesetzung 1904 unermüdlich für die Förderung des badischen Gewerbes eintrat. 1867 gründete Meidinger die Badische Gewerbezeitung, Monatsblatt der Großh. Landesgewerbehalle, in der er selbst viele wissenschaftliche Beiträge veröffentlichte.

Auf Anregung des Juristen und Verwaltungsbeamten Gustav von Stösser wurden seit 1884 in Kooperation mit der Polytechnischen Schule auch regelmäßig Fachkurse und Lehrgänge angeboten. Die im selben Jahr von der Stadt gestifteten 6.000 Goldmark wurden zur Einrichtung eines Exportmusterlagers verwendet. Auch die Bibliothek profitierte neben den staatlichen Mitteln von Schenkungen aus dem In- und Ausland. 1896 zählte sie 15.000 Bände und 150 Mappenwerke mit 4.500 aufgezogenen Karten. Als die seit 1878 in der Landesgewerbehalle untergebrachte Kunstgewerbeschule 1889 in den von Josef Durm geplanten Neubau in der Westendstraße (heute Reinhold-Frank-Straße) 81 zog, wurden die freigewordenen Räume zur Einrichtung staatlich geförderter Lehrlingswerkstätten genutzt. Ab 1901 gab es auch eine Patentschriftenstelle.

Das Jahr 1905 führte zu einer einschneidenden Zäsur in der Geschichte der Landesgewerbehalle: Zum 1. Januar wurde ihr langjähriger Leiter Meidinger durch Walter Bucerius abgelöst und die landesherrliche Verordnung vom 28. April 1905 „Die Förderung des Gewerbes und das gewerbliche Unterrichtswesen betreffend“ führte zu ihrer Umwandlung in das Badische Landesgewerbeamt. Streng genommen gab es fortan nur noch das badische Landesgewerbeamt, das in die Abteilung 1, Förderung des Gewerbes, und in die Abteilung 2, Leitung und Beaufsichtigung des gewerblichen, technischen und kaufmännischen Unterrichts, unterteilt war.

In der Presse wurde zwar weiterhin von der Landesgewerbehalle gesprochen, womit aber nur noch der große Ausstellungssaal im Landesgewerbeamt gemeint war. Bei einem Bombenangriff am 3. September 1942 wurde das Landesgewerbeamt in der Karl-Friedrich-Straße 17 zerstört. Nach behelfsmäßigen Unterkünften in der Kreuzstraße 1, im Schlossbezirk 7 und abermals in der Kreuzstraße 1 konnte das am 22. September 1952 gegründete Landesgewerbeamt Baden-Württemberg, Außenstelle bzw. Direktion Karlsruhe, 1965 einen am ehemaligen Standort errichteten Neubau beziehen.

Katja Förster 2020

Quellen

Karlsruher Adressbücher 1865-1965, https://www.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/bestaende/adressbuecher.de (Zugriff am 5. Dezember 2020).

Literatur

Werner Goldschmit: 100 Jahre Landesgewerbehalle / Landesgewerbeamt in Karlsruhe, in: Adressbuch der Stadt Karlsruhe (Karlsruher Wirtschaftsspiegel) 1966; Johannes Körting: Geschichte der Gewerbeförderung in Baden 1865-1965, hrsg. vom Landesgewerbeamt Baden-Württemberg aus Anlass des 100. Jahrestages der Gründung der Landesgewerbehalle/Landesgewerbeamt in Karlsruhe, Karlsruhe 1965; Clemens Kieser: „Universität des Handwerks“. Das ehemalige Landesgewerbeamt in Karlsruhe, in: Denkmalpflege in Baden-Württemberg. Nachrichtenblatt der Landesdenkmalpflege, 43. Jg., Heft 1, 2004, S. 52-56.