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Marktfrau

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Marktfrau hinter der Kleinen Kirche (nach 1928), Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS oXIVb 308.

Marktfrau

Die Marktfrau stand hinter der Kleinen Kirche, zunächst auf dem Bürgersteig am südöstlichen Platzende. Als nach 1970 die Gehwege beseitigt und die gesamte Fläche hinter der Kleinen Kirche neu gepflastert wurde, versetzte man die Marktfrau nach Nordwesten, etwa in die Längsachse des Platzes. Sie verlor dadurch ihre exponierte Stellung und fällt heute zwischen den Bäumen und dem geselligen Treiben kaum mehr auf.

Nach der Verlegung des Wochenmarkts vom Marktplatz vor das ehemalige Bahnhofsgebäude in der Kriegsstraße zum 1. Juni 1926 sowie der 1927 erfolgten Inbetriebnahme einer von Stadtbaudirektor Friedrich Beichel entworfenen unterirdischen Toilettenanlage auf dem Marktplatz konnte endlich das vor allem von Marktfrauen aufgesuchte, sehr heruntergekommene Aborthäuschen hinter der Kleinen Kirche abgerissen werden. Um dem Platz hinter der Kirche einen architektonischen Akzent zu verleihen, unterbreitete Beichel Anfang November 1927 der Stadtverwaltung den Vorschlag, an der südöstlichen Platzecke eine Säule als dreifachen Blickfang und Wegweiser für die Kreuz- und westliche Zähringerstraße aufzustellen. Als Erinnerung an das einstige Marktgeschehen auf dem nahe gelegenen Marktplatz wollte er die Bildsäule mit der Figur einer typischen Marktfrau bekrönen. Die Konzeption stieß in der Stadtratssitzung vom 3. November 1927 allerdings mehrheitlich auf Ablehnung, da man das Standbild einer einfachen Marktfrau in Nachbarschaft zu einem Gotteshaus als unpassend empfand. Die endgültige Entscheidung wurde vertagt, weil Beichel wie beim ehemals umstrittenen Indianerbrunnen unumstößlich an seiner Idee festhielt. Knapp fünf Monate später, am 22. März 1928, stimmte die Mehrheit der Stadträte dann doch für die Ausführung der Marktfrau, mit welcher der Bildhauer Hermann Föry Ende April betraut wurde. Die mit 3.000 Mark angesetzten Bildhauerarbeiten für die Anfertigung eines Modells und dessen Übertragung in grauen Kirchheimer Muschelkalk wurden aus Mitteln des städtischen Sonderfonds für notleidende Künstler bestritten. Von der ursprünglich auf der Säulenrückseite vorgesehenen Gedenkinschrift an Wilhelm Jeremias Müller, den Erbauer der Kleinen Kirche, wurde während der Anfertigung des Denkmals Abstand genommen und stattdessen im November 1928 eine Gedenktafel direkt an der Kirchenfassade angebracht.

Das am 12. November 1928 aufgestellte Monument zeigt auf einer auf quadratischer Basis angebrachten schmucklosen Säule eine äußerst voluminöse Marktfrau in typischer Tracht (langes, glockenförmig fallendes Kleid mit Schürze, Haube und umgehängter Geldtasche). Die kegelförmige Figurenkomposition reicht am oberen Säulenabschluss über den voluminösen Schaft hinaus, was den Eindruck von Leibesfülle und Behäbigkeit unterstreicht. Während der Körper der Frau zur Kreuzstraße gewandt war, war ihr Kopf und Blick zur Zähringerstraße hin gerichtet.

Katja Förster 2015

Literatur

Beatrice Vierneisel: „Marktfrau“ hinter der Kleinen Kirche, in: Gerlinde Brandenburger/Manfred Großkinsky/Gerhard Kabierske/Ursula Merkel/Beatrice Vierneisel: Denkmäler, Brunnen und Freiplastiken in Karlsruhe 1715-1945, 2. Aufl. Karlsruhe 1989, S. 610-612 (= Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs Bd. 7).