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De:Lexikon:bio-0913: Unterschied zwischen den Versionen

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=Gerhard Leibholz=
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Jurist, Richter am Bundesverfassungsgericht, * 15. November 1901 Berlin, † 19. Februar 1982 Göttingen, ev., ∞ 1926 Sabine Bonhoeffer, 2 Töchter.<br/ ><br/ >
Jurist, Richter am Bundesverfassungsgericht, * 15. November 1901 Berlin, † 19. Februar 1982 Göttingen, ev., ∞ 1926 Sabine Bonhoeffer, 2 Töchter.<br/ ><br/ >
Gerhard Leibholz war der Sohn des jüdischen Generaldirektors der Sommerfelder und Fürstenwalder Tuchfabriken. Er wurde evangelisch getauft und erhielt eine christliche Erziehung. 1918-1921 studierte er in Heidelberg Philosophie und wurde mit einer Arbeit über Johann Gottlieb Fichte zum Doktor der Philosophie promoviert. Anschließend studierte er Jura in Heidelberg und Berlin, wo er 1925 bei dem Berliner Staatsrechtler Heinrich Triepel zum Doktor der Rechtswissenschaft promoviert wurde. Die beiden juristischen Staatsprüfungen legte er 1922 und 1926 ab. 1926-1929 folgten Tätigkeiten als Amts- und Landrichter am Berliner Kammergericht. Parallel dazu arbeitete er als Referent am Kaiser-Wilhelm-Institut für Öffentliches Recht und Völkerrecht und legte 1929 seine Habilitationsschrift vor. 1929 folgte Leibholz einer Berufung an die Universität Greifswald, 1931 erhielt er einen Lehrstuhl an der Universität Göttingen.
Gerhard Leibholz war der Sohn des jüdischen Generaldirektors der Sommerfelder und Fürstenwalder Tuchfabriken. Er wurde evangelisch getauft und erhielt eine christliche Erziehung. 1918-1921 studierte er in Heidelberg Philosophie und wurde mit einer Arbeit über Johann Gottlieb Fichte zum Doktor der Philosophie promoviert. Anschließend studierte er Jura in Heidelberg und Berlin, wo er 1925 bei dem Berliner Staatsrechtler Heinrich Triepel zum Doktor der Rechtswissenschaft promoviert wurde. Die beiden juristischen Staatsprüfungen legte er 1922 und 1926 ab. 1926-1929 folgten Tätigkeiten als Amts- und Landrichter am Berliner Kammergericht. Parallel dazu arbeitete er als Referent am Kaiser-Wilhelm-Institut für Öffentliches Recht und Völkerrecht und legte 1929 seine Habilitationsschrift vor. 1929 folgte Leibholz einer Berufung an die Universität Greifswald, 1931 erhielt er einen Lehrstuhl an der Universität Göttingen.

Version vom 31. Oktober 2015, 06:11 Uhr

Gerhard Leibholz 1968, Stadtarchiv Karlsruhe 8/Alben 421/49137, (1969).

Gerhard Leibholz

Jurist, Richter am Bundesverfassungsgericht, * 15. November 1901 Berlin, † 19. Februar 1982 Göttingen, ev., ∞ 1926 Sabine Bonhoeffer, 2 Töchter.

Gerhard Leibholz war der Sohn des jüdischen Generaldirektors der Sommerfelder und Fürstenwalder Tuchfabriken. Er wurde evangelisch getauft und erhielt eine christliche Erziehung. 1918-1921 studierte er in Heidelberg Philosophie und wurde mit einer Arbeit über Johann Gottlieb Fichte zum Doktor der Philosophie promoviert. Anschließend studierte er Jura in Heidelberg und Berlin, wo er 1925 bei dem Berliner Staatsrechtler Heinrich Triepel zum Doktor der Rechtswissenschaft promoviert wurde. Die beiden juristischen Staatsprüfungen legte er 1922 und 1926 ab. 1926-1929 folgten Tätigkeiten als Amts- und Landrichter am Berliner Kammergericht. Parallel dazu arbeitete er als Referent am Kaiser-Wilhelm-Institut für Öffentliches Recht und Völkerrecht und legte 1929 seine Habilitationsschrift vor. 1929 folgte Leibholz einer Berufung an die Universität Greifswald, 1931 erhielt er einen Lehrstuhl an der Universität Göttingen.

Aufgrund seiner jüdischen Abstammung wurde Leibholz 1935 zwangsemeritiert und in die Universitätsbibliothek versetzt. 1938 musste er mit seiner Familie nach England emigrieren. Nach einer mehrere Monate dauernden Internierung 1940 ermöglichte ihm eine Gastdozentur in Oxford die vorübergehende Fortsetzung seiner wissenschaftlichen Arbeit. Durch den Zwillingsbruder seiner Frau, den Theologen Dietrich Bonhoeffer, stand Leibholz in Kontakt mit der deutschen Widerstandbewegung und versuchte als Berater des anglikanischen Bischofs George Bell die Alliierten von einer Zusammenarbeit mit dem antinazistischen Teil Deutschlands zu überzeugen.

1947 kehrte Leibholz als Professor nach Göttingen zurück, wo ihm 1951 der neu eingerichtete Lehrstuhl für Politische Wissenschaften und Allgemeine Staatslehre übertragen wurde, den er bis zu seiner Emeritierung 1969 innehatte. Von September 1951 bis Dezember 1971 gehörte Leibholz dem Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts an. Er leitete dort das Referat für Parlaments-, Parteien- und Wahlrecht und prägte die Rechtsprechung in diesen Bereichen sowie zum Gleichheitssatz des Artikels 3 des Grundgesetzes entscheidend mit. Darüber hinaus gelang es ihm, den Status des Gerichts als eigenständiges Verfassungsorgan allgemein zu etablieren. Seine Rechtsprechungskommentare zum Grundgesetz und zum Bundesverfassungsgerichtsgesetz sind juristische Standardwerke. Das weite thematische Spektrum seiner Publikationen profilierten Leibholz zu einem bedeutenden Staatsrechtler und Politikwissenschaftler. 1968 erhielt er das Große Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband der Bundesrepublik Deutschland sowie 1981 die Ehrendoktorwürde der Universität Hannover.

René Gilbert 2015

Werk

Fichte und der demokratische Gedanke. Ein Beitrag zur Staatslehre, Diss. Freiburg 1921; Die Gleichheit vor dem Gesetz. Eine Studie auf rechtsvergleichender und rechtsphilosophischer Grundlage, Diss. Berlin 1925; Die Repräsentation in der Demokratie, Habil.-Schrift Berlin 1929; Die Auflösung der liberalen Demokratie in Deutschland und das autoritäre Staatsbild, München 1933; Strukturprobleme der modernen Demokratie (Vorträge und Aufsätze), 3., erweit. Aufl. Frankfurt a. M. 1974.

Literatur

Christoph Link: Leibholz, Gerhard, in: Neue Deutsche Biographie (NDB), Bd. 14, Berlin 1995, S. 117-119; Anna-Bettina Kaiser (Hrsg.): Der Parteienstaat. Zum Staatsverständnis von Gerhard Leibholz, Baden-Baden 2013 (= Staatsverständnisse Bd. 58); Christian Starck: Gerhard Leibholz (1901-1982), in: Staatsrechtler des 20. Jahrhunderts, hrsg. von Peter Häberle/Michael Kilian/Heinrich Amadeus Wolff, Berlin 2015, S. 581-591.