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Rudolf Ernst Ferdinand Richter


Rudolf Ernst Ferdinand Richter

Elektrotechniker, * 15. Juni 1877 Fürstenwalde/Lkr. Oder-Spree, † 6. November 1957 Karlsruhe, ev., ∞ 1943 Pauline Friederika Braun, verw. Eberlin (1885-1965), 1 Sohn.

Rudolf Richter, Sohn eines Dekorationsmalers und Zeichenlehrers, arbeitete nach der Mittelschule von 1892 bis 1897 zunächst als Praktikant bei der Berliner Telegraphenbaufirma Mix & Genest. Anschließend legte er die Fachausbildung für Elektrotechnik an der Berliner Fachschule für Elektrotechnik ab, ehe er 1898 bis 1901 ein Studium der Elektrotechnik an der Technischen Hochschule (TH) Berlin-Charlottenburg und an der Humboldt-Universität absolvierte. Seine erste Anstellung fand Richter im Konstruktionsbüro von Siemens & Halske in Wien. 1903 wechselte er zu den Siemens-Schuckert-Werken in Berlin, die aus der Fusion von Siemens & Halske und der Elektrizitäts-AG hervorgegangen waren. Dort leitete er zuletzt das Berechnungsbüro für Asynchronmaschinen. Mit der Entwicklung eines neuartigen Einphasenreihenschluss-Motors gelang Richter in dieser Zeit seine erste bahnbrechende Erfindung. 1908 erhielt er eine Stelle bei der neu gegründeten Maffei-Schwartzkopf-Werke AG in Berlin, wo er die Abteilung für Bahnmotoren aufbaute. In dieser Position erfand er den läufergespeisten Drehstromnebenschluss-Motor mit Drehzahlstellung durch Bürstenverschiebung, der über ein halbes Jahrhundert in hoher Stückzahl gebaut wurde.

Richters Erfindungen und Publikationen in Fachzeitschriften machten ihn in Fachkreisen deutschlandweit bekannt. Engelbert Arnold, damaliger Ordinarius an der TH Karlsruhe, bot Richter 1911 eine außerordentliche Professur an seinem Lehrstuhl an. Bevor er diese Stelle antreten konnte, starb Arnold, sodass Richter am 1. Oktober 1912 dessen Nachfolger in Karlsruhe und gleichzeitig Direktor des elektrotechnischen Instituts der Hochschule wurde. Neben seiner Lehrtätigkeit verfasste er das mehrbändige Standardwerk Elektrische Maschinen.

Nach seiner Emeritierung im März 1947 hielt Richter weiter Vorlesungen und arbeitete als Industrieberater. Nach einem 1952 erlittenen Schlaganfall, der sein linkes Bein und seinen linken Arm lähmte, zog sich Richter aus der Öffentlichkeit zurück. Für seine wissenschaftliche Arbeit und wegweisenden Erfindungen erhielt Richter die Ehrendoktorwürden der TH Darmstadt und der TH Stuttgart (1924), das Ehrenbürgerrecht der TH Karlsruhe, die Ehrenmitgliedschaft des Verbands Deutscher Elektrotechniker (1952) sowie das Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland (1952).

René Gilbert 2015

Quellen

GLA 466-22 Nr. 3391; KIT-Archiv 28002/392.

Werk

Ankerwicklungen für Gleich- und Wechselstrommaschinen. Ein Lehrbuch, 1920; Elektrische Maschinen, Band 1: Allgemeine Berechnungselemente. Die Gleichstrommaschinen, 1924; Elektrische Maschinen, Band 2: Synchronmaschinen und Einankerumformer, 1930; Band 3, Elektrische Maschinen, Band 3, Die Transformatoren, 1932;, Band 4: Die Induktionsmaschinen; Kurzes Lehrbuch der elektrischen Maschinen: Wirkungsweise, Berechnung, Messung, 1949; Elektrische Maschinen, Band 5: Stromwendermaschinen für ein- und mehrphasigen Wechselstrom. Regelsätze, 1950.

Literatur

Friedrich Stier: Der Lehrstuhl für Starkstromtechnik und elektrische Maschinen sowie das Elektrotechnische Institut, in: Friedrich Raab (Red.): Die technische Hochschule Fridericiana Karlsruhe – Festschrift zur 125-Jahrfeier, Karlsruhe 1950, S. 253-256, hier S. 253 f.; Friedrich Stier: Rudolf Richter, in: Elektrotechnische Zeitschrift 73 (1952), S. 389 f.; Kurt Jäger/Friedrich Heilbronner (Hrsg.): Lexikon der Elektrotechniker, 2., überarb. und ergänzte Aufl., Berlin/Offenbach 2010, S. 358.