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Joachim Julius Friedrich Heinrich Teichmüller


Joachim Teichmüller, um 1920, KIT-Archiv Karlsruhe 10001, 2509.

Joachim Julius Friedrich Heinrich Teichmüller

Elektrotechniker, Lichttechniker, * 4. März 1866 Bernburg/Saale/Salzlandkreis, † 26. Juni 1938 Marburg, ev., ∞ 1898 Auguste Gaulé, 1 Sohn, 4 Töchter.

Als Sohn eines Apothekers im damaligen Herzogtum Anhalt besuchte Joachim Teichmüller das herzogliche Gymnasium Bernburg, das er 1884 auf Anraten seines Vaters ohne Abitur verließ, um sich eigenständig praktische Kenntnisse im damals erst im Entstehen begriffenen Beruf des Elektrotechnikers in der elektrotechnischen Fabrik Uppenborn und Gackenholz in Hannover anzueignen. 1884-1890 studierte Teichmüller Elektrotechnik an den Technischen Hochschulen (TH) Hannover, Berlin-Charlottenburg und Darmstadt. Nach Ablegung der Diplomprüfung trat er eine Stelle in der Firma Gebrüder Naglo in Berlin an, wo er bereits während des Studiums elektrotechnische Werkstattpraxis erworben hatte. Seine Tätigkeit bestand dort in der Projektierung von Zentralstationen und in der Konstruktion von elektrotechnischen Apparaten. 1893 wurde Teichmüller Leiter des elektrotechnischen Laboratoriums der Firma Felten & Guillaume in Mühlheim/Ruhr.

Seine akademische Laufbahn begann Teichmüller im März 1895, als er erster Assistent am elektrotechnischen Institut der Technischen Hochschule (TH) Karlsruhe wurde. Nach der Promotion in Freiburg 1897 folgte ein Jahr später die Habilitation im Fach Elektrotechnik in Karlsruhe. 1899 wurde Teichmüller außerordentlicher Professor. Seine Ernennung zum ordentlichen Professor der Elektrotechnik und der Lichttechnik erfolgte 1919 im Zuge der Errichtung des Lehrstuhls für Lichttechnik. Rufe an die Staatliche Gewerbeschule in Hamburg und an das Technikum im schweizerischen Winterthur hatte Teichmüller zuvor abgelehnt.

Seine wissenschaftlichen Veröffentlichungen in Fachzeitschriften und die guten Kontakte zur Industrie nutzte Teichmüller, um die Behörden von der Notwendigkeit der Gründung eines Lichttechnischen Instituts zu überzeugen. Die dafür erforderlichen Mittel musste Teichmüller bei der Industrie einwerben. Mit dieser Finanzierung konnte im Juni 1922 das erste Lichttechnische Institut der Welt mit Teichmüller als Gründungsdirektor seine Arbeit an der TH Karlsruhe aufnehmen. In der Folgezeit erhielt das Institut Gelder von der 1921 gegründeten Hochschulgemeinschaft der Lichttechnik und wurde durch die im selben Jahr von Teichmüller mit ins Leben gerufene Lichttechnische Gesellschaft einem weiteren Wissenschaftskreis bekannt gemacht.

In seiner Arbeit widmete sich Teichmüller vor allem der Lichtanwendung und erkannte dabei als Erster die Bedeutung ihrer Verbindung zur Physiologie und zur Psychologie. Des Weiteren beschäftigte er sich mit der Verbindung von Architektur und Lichttechnik, für die er 1926 den Begriff Lichtarchitektur in die Wissenschaft einführte. Mit Josef Ondracek entwickelte er das Teichmüller-Ondraceksche-Verfahren zur Berechnung der Großflächenbeleuchtung. Außerdem beteiligte er sich 1929 bei der Weltausstellung in Barcelona am Aufbau der lichttechnischen Abteilung. Teichmüller, der ein großer Hundeliebhaber war, hielt mehrere Patente und wurde im Mai 1934 in den Ruhestand versetzt. Anschließend verlegte er seinen Wohnsitz nach Marburg.

René Gilbert 2015

Quelle

Archiv des KIT 27049 (Nachlass Joachim Teichmüller).

Werk

Die elektrischen Leitungen. Ein Lehrbuch für Studierende. I. Teil: Wirkungsweise und Berechnung der elektrischen Gleichstromleitungen, Stuttgart 1899; II. Teil: Die Erwärmung der elektrischen Leitungen, Stuttgart 1905; Sammlung von Aufgaben zur Übung im Entwerfen und Berechnen elektrischer Leitungen, 2. Aufl., Leipzig 1902; Lehrgang der Schaltungsschemata elektrischer Starkstromanlagen, I. Bd.: Schaltungsschemata für Gleichstromanlagen München/Berlin 1909, II. Bd.: Schaltungsschemata für Wechselstromanlagen München/Berlin 1911; Moderne Lichttechnik in Wissenschaft und Praxis dargestellt an den Darbietungen der Lichttechnischen Ausstellung auf der Gesolei in Düsseldorf, Berlin 1928.

Literatur

Nicolaas Adolf Halbertsma: Prof. Dr. J. Teichmüller 1866-1936, in: Elektrotechnik, 28.02.1936, XIV, Nr. 5, S. 52; N. N.: Joachim T. 70 Jahre, in: Das Licht, Heft 4 vom 10.04.1936, o. S.; Adolf Thomälen: J. Teichmüller †, in: Elektrotechnische Zeitschrift, 59. Jahrgang, Heft 33, S. 891 f.; Hanns-Peter Popp: Joachim Teichmüller. Lichttechnik, in: Fridericiana – Zeitschrift der Universität Karlsruhe (TH), 1996 (52), S. 30 f.; Kurt Jäger/Friedrich Heilbronner: Lexikon der Elektrotechniker, 2. überarb. und ergänzte Aufl., Berlin/Offenbach 2010, S. 428.