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Julius Engelhard


Landesarchiv NRW - Abteilung Rheinland, RW 0058 Nr. 51593 Bl. 175.

Julius Engelhard

Dachdecker, Widerstandskämpfer, * 5. Juni 1899 Au am Rhein/Lkr. Rastatt, † 14. August 1944 Berlin, kath., 1930 Zeuge Jehovas, ∞ 1928, 5 Kinder.

Nach dem Besuch der Volksschule begann Engelhard 1913 eine kaufmännische Lehre, die er wegen der kriegsbedingten Schließung der Firma nicht beenden konnte. Nach über zweijährigem Sanitätsdienst beim Roten Kreuz in Rastatt erhielt er als gerade 18-Jähriger im Juni 1917 seine Einberufung zum 109. Leibgrenadierregiment in Karlsruhe, mit dem er an den verlustreichen Offensiven des deutschen Heeres im März und Mai 1918 an der Westfront teilnahm. Ausgezeichnet mit dem Verdienstkreuz des Roten Kreuzes, dem Verwundetenabzeichen und dem Eisernen Kreuz II. Klasse wurde er 1919 aus dem Heer entlassen. Es folgten Versuche, in verschiedenen Berufen Fuß zu fassen, unter anderem auch als selbständiger Gewerbetreibender, die im April 1930 mit einer vier Jahre andauernden Arbeitslosigkeit endeten. Danach fand er in Karlsruhe Arbeit auf dem Bau und dann eine Anstellung als Dachdecker.

Ende 1936 wurde Engelhard zum ersten Mal wegen der Verteilung von Flugblättern mit scharfen Angriffen gegen die Nazis wegen der Verfolgung der Zeugen Jehovas zu sechs Monaten Haft verurteilt. Seit 1939 war er dann mit der Herstellung von hektographierten Schriften der Zeugen Jehovas beauftragt, wozu er einen Vervielfältigungsapparat seines Arbeitgebers benutzte. Nachdem er sich Ende 1939 einer Verhaftung durch Flucht entziehen konnte, arbeitete er im Untergrund weiter für die Zeugen Jehovas, zunächst in Bretten und Bruchsal und ab 1940 in Essen und dann in Oberhausen-Sterkrade. Er druckte hier weiterhin Schriften der Zeugen Jehovas wie zum Beispiel 27 Nummern des „Wachtturm“ mit Auflagen jeweils zwischen 250 und 360 Stück. Die Schriften schaffte er selbst als Kurier nach Süddeutschland, wo er auch Stützpunkte der Untergrundorganisation der Zeugen Jehovas einrichtete. Am 3. April 1943 verhaftete die Gestapo Engelhard in Oberhausen-Sterkrade. Nach zahllosen Verhören, in denen er immer nur das zugab, was ihm bewiesen werden konnte, verurteilte der Volksgerichtshof in Berlin Engelhard wegen Wehrkraftzersetzung und Feindbegünstigung zum Tode. Das Urteil wurde am 14. August 1944 in Berlin vollstreckt.

Manfred Koch 2014

Literatur

Manfred Koch: Julius Engelhard. Drucker, Kurier und Organisator der Zeugen Jehovas, in: Manfred Bosch/Wolfgang Niess (Hrsg.): Der Widerstand im deutschen Südwesten gegen das NS-Regime 1933 - 1945, Stuttgart 1984, S. 94-103.